Haushaltsrede der Forchheimer FW-Fraktion

Rede anlässlich der Verabschiedung des Haushalts 2022 der Stadt Forchheim

– es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Vertreter der Verwaltung
sehr geehrte Medienvertreter und Gäste,

Manfred Hümmer

Manfred Hümmer

wir kommen heute zusammen, um den Haushalt für 2022 sowie den Finanzplan für die nächsten Jahre zu beschließen. Im Vergleich zu früheren Zeiten fällt uns das nun schon zum wiederholten Male leichter, denn die finanzielle Situation unserer prosperierenden Stadt ist trotz der Corona-Pandemie, trotz erheblich gestiegener Energie- und Materialkosten sowie der hohen Kreisumlage so komfortabel wie selten zuvor. Unser Kämmerer, Herr Winkler, hat in seiner Haushaltsrede unser Haushaltsgeschehen mit dem Vorgang in einem Verbrennungsmotor verglichen. Diesen Vergleich finde ich sympathisch, deshalb will ich ihn aufgreifen und gedanklich weiterführen. Eines vorweg: Die Eckdaten unseres Haushaltes wurden in den vorgeschalteten Beratungen aber auch in den Vorreden hinlänglich diskutiert und dargestellt, weshalb ich weitestgehend auf eine Wiederholung derselben verzichten möchte. Vielmehr geht es unserer Fraktion um das Große und Ganze, den zukunfts- und generationsgerechten Blick über den Tellerrand dieser Stadtratsperiode hinaus und letztendlich um die Frage, ob unsere Haushaltsanträge sich im aktuellen Beschluss wiederfinden.

Unser Motor brummt im Vergleich zu anderen Kommunen. Aber läuft er auch geschmiert und ohne Reibungsverluste im Zusammenwirken der Zahnräder Oberbürgermeister, Verwaltung und Stadtrat? Darauf werde ich noch an anderer Stelle eingehen.

Die voraussichtliche Höhe der Gewerbesteuereinnahmen wurde dem Naturell eines Kämmerers entsprechend konservativ, das heißt vorsichtig zurückhaltend kalkuliert, wahrscheinlich wird sie aber wie in den vergangenen Jahren unsere Erwartungen deutlich übertreffen. Dieses Additiv im Treibstofftank erhöht merklich die Spitzenleistung unseres Aggregats, gleichwohl wegen der sich abzeichnenden monetären Rohstoffknappheit unseres Landes keine Prognose bezüglich einer ausreichenden Verfügbarkeit über Jahre hinweg getroffen werden kann. Was die Spitzenleistung unseres Motors betrifft, steigen wir damit von der unteren Mittelklasse in die Riege der Premiumprodukte auf: Mit einem beispiellosen Gesamtvolumen von gut 180 Mio € stellen wir nämlich wieder einen Rekordhaushalt auf, dies ist umso mehr bemerkenswert, als es dabei zu keiner Nettoneuverschuldung kommt. Ohne Kreditaufnahmen, dafür aber mit einer ordentlichen Schuldentilgung in Höhe von 1 Mio € und darüber hinaus einer erstmals möglichen außerordentlichen Tilgung von voraussichtlich rund 2 Mio €, der Hochleistungsmotor wird cash bezahlt und nicht auf Pump gekauft. So beträgt auch die Bürger – Pro-Kopf-Verschuldung 166 €, im Vergleich zum Vorjahr sind das nochmal rund 90 € weniger.

Ein Hochleistungsmotor braucht ständige Wartung und Pflege: Einzelne Teile davon müssen im Laufe der Zeit saniert oder gar ausgetauscht werden und oftmals ist es sogar ökonomisch sinnvoll, ganze Baugruppen auszutauschen. All das machen wir auch. Allein für 2022 sind Investitionen in Höhe von etwa 72 Mio € vorgesehen, wir stehen damit auf Augenhöhe mit der Großstadt Erlangen. Chapeau! Rund 80 Baumaßnahmen gehen wir an, darunter sind große Projekte wie die Rathaussanierung, die Fertigstellung der AST, die Neugestaltung des Paradeplatzes, der Erweiterungsbau der Schule Reuth, der Umbau der Soccerhalle zur Kulturhalle, die KiTa Sudetenstraße, die Generalsanierung der Turnhalle Burk, Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung und der Sanierung des Königsbades, das Depot für das Pfalzmuseums aber auch der Eigenanteil der Stadt für die neue Piastenbrücke. Und im Rahmen des Finanzplans stehen in den nächsten Jahren weitere Projekte an, beispielsweise die dringliche Erweiterung der Martinsschule, der Neubau der dortigen Turnhalle, die dicken Bretter Kellerwald, Kolpinghaus, der lokale Klimaschutz oder der neue Lagerplatz für den Bauhof, , ohne dass dafür Kreditaufnahmen eingeplant werden müssen.

Ein kleiner Wermutstropfen im Vergleich mit den sprudelnden Einnahmen und vorhandenen Rücklagen sind die zu entrichtende Kreisumlage in Höhe von rund 24 Mio € sowie die deutlich steigenden Personalkosten im Verwaltungsbereich. Gerade Letztere tragen wir aber wegen der dringend notwendigen Personalaufstockung und -förderung sehr gerne mit.

Und was die Kreisumlage betrifft: Es ist, nebenbei erwähnt, federführend unsere Kreistagsfraktion, die eine Beibehaltung des ursprünglich geplanten Hebesatzes in Höhe von 39,5 Prozentpunkten fordert, während manche Kreistagsmitglieder anderer Couleur sich hier sogar offen für dessen Anhebung und die damit verbundene Mehrbelastung der Gemeinden zeigen!

Der Landkreis profitiert zweifelsohne von der Leistungskraft der großen Kreisstadt, er investiert aber im Rahmen seiner übergeordneten Trägerschaften umgekehrt genau so in die Infrastruktur und Sanierung unserer weiterführenden Schulen, den ÖPNV, in den Ausbau des Radwegenetzes, die Förderung der Kulturlandschaft, den regionalen Klimaschutz u.v.m. Es ist unter dem Strich betrachtet, eine Win-Win – Situation, an welcher ohne Wenn und Aber festzuhalten, eine klare und unmissverständliche Forderung unserer Fraktion ist. Separatistischen Gedankenspielen erteilen wir eine klare Absage!

Ein Motor ist kein perpetuum mobile, er kann ohne regelmäßige Energiezufuhr und ohne fachkundiges Bedienpersonal nicht laufen. Unsere Verwaltung, der ich an dieser Stelle ausdrücklich für das Geleistete gerade auch in diesen schwierigen, pandemiebedingten Zeiten danken möchte, ist oftmals über ihr Limit hinausgegangen, oder anders ausgedrückt, sie hat oft im roten Drehzahlbereich gearbeitet. Ein Motor hält es schon mal aus, wenn das Drehzahllimit für kurze Zeit überschritten wird. Er nimmt aber Schaden, wenn der grüne Bereich auf Dauer verlassen wird. Da, wo keine personellen Reserven vorhanden sind, kann ein Bereich schnell überhitzen, siehe die Misere im Einwohnermeldeamt. Darunter leiden dann nicht nur der verbleibende Personalkörper sondern insbesondere auch die Dienstleistung am Bürger. der stand im vergangenen Jahr im wahrsten Sinnen des Wortes mitunter im Regen. Deshalb war es nur folgerichtig, dass die fraktionsübergreifenden Forderungen des Stadtrates nach einer Personalaufstockung endlich thematisiert und 80 neue Stellen bewilligt wurden. Aber nicht nur das: Wir setzen mit dem neu geschaffenen Kulturamt und der neuen Stelle im Bereich des Klimaschutzmanagements auch zukunftsweisende und strategisch richtige Akzente.

Einige offene Baustellen will ich dennoch erwähnen:

Der Hochwasserschutz in Kersbach ist ein leidiges Dauerthema seit 2007, hier wurde in der Vergangenheit vieles versprochen aber in zeitlicher Hinsicht auch alles verschleppt. Das Risiko hierfür tragen die Bürgerinnen und Bürger Kersbachs, deshalb gibt es ab sofort keine Ausreden und gegenseitige Schuldzuweisungen mehr! Das muss jetzt schnellstens umgesetzt werden. In dieser Hinsicht ist unser Motor antiquiert luftgekühlt, ihm fehlt schlichtweg die Wasserpumpe!

Der Wohnungsnotstand in Forchheim ist ebenfalls ein Dauerbrenner. Die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot, erschwinglicher Wohnraum fehlt überall. Im hochpreislichen Eigentumswohnungsbereich hat sich dank externer Investoren durchaus Einiges getan, kein Wunder, da lässt sich auch gutes Geld verdienen. Der geförderte Wohnungsbau hinkt jedoch deutlich hinterher. Und es zeigt sich immer wieder: Sich hier überwiegend auf externe Investoren zu verlassen, ist, siehe die großen Projekte Jahnpark und Pointäcker Süd, ein unkalkulierbares Risiko, gleichwohl zumindest bei letzterem auch lokale Akteure wie z.B. die Kirchenverwaltung in die Mitverantwortung für die Verzögerungen genommen werden müssen. Grundsätzlich steht aber die Stadt Forchheim in der primären Verantwortung, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Bedarf an bezahlbarem Wohnungsraum gedeckt werden kann. Will heißen, dass wir nicht nur geeignetes Bauland zur Verfügung stellen müssen, wir sollten auch die Planungen mehr als bisher geschehen in die eigene Hand nehmen und hierbei mit lokalen Wohnbaugenossenschaften und anderen ansässigen Investoren kooperieren. Die potenziellen Baugebiete Dorfäcker, Am Tränklein und Auf der Hut in Reuth sind, was ihre Umsetzung betrifft, im Verlauf der letzten Jahre nicht wesentlich vorangetrieben worden. Wir fragen uns, warum da so wenig Entwicklung sichtbar wird und es fällt uns schwer, die mitunter vorgeschoben wirkenden Gründe allesamt zu akzeptieren. Wird hier von Jemanden die Feststellbremse gezogen, stottert der Motor mangels Leistungskraft der Verwaltung oder biegt hier der hauptverantwortliche Fahrzeugführer gar bewusst in die falsche Richtung ab?

Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Forchheim ist unter dem Strich betrachtet, zweifelsohne sehr gut. Als kreativer Motor schiebt hier unser Wirtschaftsförderer, dem unsere Fraktion ausdrücklich dafür dankt, kräftig an, auch wenn mitunter der Eindruck entsteht, dass der am Lenkrad sitzende primus inter pares bei der Wirtschaftsförderung gerne mal gegensteuert: Denn der Handwerkerhof im Norden Forchheims, von ansässigen und expansionswilligen Firmen sehnlichst gewünscht, steht ebenso seit Jahren auf der to do – Liste wie der Ausbau des Forschungs- und Wissenschaftsstandortes Forchheim. Stillstand ist Rückschritt, verwechselt da vielleicht jemand den Vorwärts- mit dem Rückwärtsgang? Wer verschleppt hier gültige Stadtratsbeschlüsse wie z.B. den vom November 2021, als es darum ging, die neuen Vorhaben der Fraunhofer Aussenstelle im Medical Valley ohne Zeitverzug sowohl planungstechnisch wie auch finanziell zu unterstützen? Welche Kommune unserer Größenordnung kann sich schon rühmen, eine weltweit so anerkannte Forschungseinrichtung am Standort in unmittelbarer und sich gegenseitig befruchtender Nähe zu einem global player zu haben? Wir setzen hier völlig unnötig vieles aufs Spiel. Forschung in Forchheim ist keine Selbstverständlichkeit, andere Kommunen würden diese Institute und Einrichtungen mit Handkuss übernehmen. Hier stottert offensichtlich der Motor, hier wird ohne Not Sand ins Getriebe gestreut, hier drückt jemand ohne äußere Veranlassung auf die Bremse, obwohl jedem klar sein sollte, dass in vielerlei Hinsicht die Zeit für die Umsetzung der geplanten Forschungsvorhaben drängt. Wenn jedoch der Kapitän den beschlossenen Kurs verlässt und Forschungsvorhaben, die das Renomee unserer Stadt auf einen noch höheren Level bringen, dadurch in Frage gestellt werden, läuft er Gefahr, dass die Mannschaft sich gezwungen sieht, das Steuer selbst in die Hand zu nehmen. Wie bei den Fuhrparkkarossen der Staatsregierungen sitzt auch in der Kommunalpolitik der Souverän nicht selbst am Lenker sondern auf den hinteren Bänken. Möge sich deshalb unser Steuermann folgenden Hinweis bitte zu Herzen nehmen: Ein Stadtratsbeschluss ist zügig zu vollziehen, da gibt es keine Entscheidungsfreiheit des Stadtvorderen.

Wir Freie Wähler sprechen uns für die wirtschaftliche Entwicklung, für Fortschritt durch Forschung und technische Innovationen aber gleichsam auch für den Klimaschutz aus. Beides kann, muss aber nicht im Widerspruch zueinanderstehen. Immer dann jedoch, wenn blanker und unüberlegter Aktionismus einer seriösen und faktenbasierten Überlegung gegenübersteht, immer dann, wenn hastige hau ruck – Aktionen gefordert werden, ohne dass hierfür bereits ein verantwortungsvoller und gangbarer Weg aufgezeigt wird, werden wir Freie Wähler uns solchen Ansinnen entgegenstellen. An den Beispielen des seitens der SPD geforderten Klimafonds und Kongresszentrums zeigt sich, dass gut gemeint nicht zwangsläufig auch gut gemacht bedeuten muss. Dankenswerter Weise sieht das die große Mehrheit des Stadtrates und die Verwaltung ebenso wie wir.

Mit der Stelle der Klimaschutzmanagerin haben wir den ersten Schritt in Richtung lokaler Klimaschutz getan. Weitere Schritte, wie das Klimaschutzkonzept, zu dem beispielsweise auch Sanierungs- bzw. Neubaumaßnahmen im Bereich der städtischen Liegenschaften, der verstärkte Einsatz regenerativer Energieträger, der Ausbau des ÖPNV sowie Radwegenetzes sowie die Rahmenkriterien eines künftigen Klimafonds gehören, müssen folgen, wollen wir vermeiden, dass das, was aus dem Auspuff kommt, zum Himmel stinkt.

In diesem Zusammenhang fordern wir auch, zeitnah über den Standort für einen künftigen Verwaltungsneubau nachzudenken. Eine moderne Verwaltung, die sich als Dienstleister am Bürger versteht, braucht gute Arbeitsbedingungen. Die aktuelle Unterbringungssituation in Teilen der Verwaltung ist suboptimal, dies auch, weil oftmals Barrieren und Stolpersteine das Aufeinanderzugehen von Verwaltung und Bürgerschaft erschweren. Barrieren im öffentlichen Raum abzubauen, ist keine Frage des Könnens, es ist eine Frage des Wollens. Und so richten wir Freie Wähler immer wieder auch bewusst den Fokus in Richtung der Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehend, in den Mittelpunkt unserer Betrachtung gestellt werden müssen, weil sie auf unsere Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Wir müssen deshalb noch mehr als bisher geschehen, Geld in die Hand nehmen, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Teilhabe von Menschen mit geistigen wie auch körperlichen Handicaps ermöglichen.

Ich komme zum Schluss und ziehe folgendes Fazit:

Der städtische Motor brummt zuverlässig, aber er läuft noch nicht wie geschmiert. Die Synchronisation zwischen den einzelnen Aggregaten, sprich Stadtrat, Verwaltung und Oberbürgermeister ist verbesserungswürdig, es knirscht mitunter im Getriebe. Das Navigationsgerät der Stadtführung verfehlt gelegentlich den vorgegebenen Weg und findet nicht immer zeitnah das Ziel, es bedarf deshalb hin und wieder der Nachjustierung durch den Stadtrat. Trotz der Kritik, die wir Freie Wähler als konstruktiven Beitrag zur Feinabstimmung unseres Motors verstanden haben wollen, sehen wir unsere Stadt aber grundsätzlich auf einem guten Weg und unsere Haushaltsanträge finden sich im Haushalt für 2022 ff wieder.

Dafür danken wir Ihnen, Herr Oberbürgermeister Dr. Kirschstein, Ihnen, Frau Bürgermeisterin Dr. Prechtel, Ihnen, Herr Bürgermeister Schönfelder, sowie der gesamten Verwaltung und natürlich auch Ihnen, Herr Kämmerer, der Sie für den Diagnosecheck, den Wartungsdienst sowie die Feineinstellung unseres Haushalts, der der Motor allen kommunalpolitischen Wirkens ist, zuständig sind.

Wir Freie Wähler stimmen dem Haushalt 2022 samt allen seinen Teilbereichen zu, bedanken uns für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit und schalten nun ob der weiteren Haushaltsreden kurz in den Leerlauf.

Gezeichnet
Manfred Hümmer,
Erwin Held,
Ludwig Preusch