Leserbrief: "Umzug der Bamberger Musikschule: Noch mehr Elterntaxi"

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Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hipelius, sehr geehrter Herr Erzfeld, sehr geehrte Damen und Herren!

Die Rückweisung der Vermutung, die Rückverlegung des Gitarrenunterrichts in den Werkraum habe der Aufnahme eines pressewirksamen Lichtbilds gedient, nehme ich zur Kenntnis. Nur – angesichts der von mir geschilderten Umstände wirkt sie nicht sehr überzeugend.

Ebenso wenig überzeugt die vorgebliche Berechnung, die zusätzliche, durch die Verlegung der Musikschule verursachte Belastung im Berggebiet betrage voraussichtlich „nur“ 40 Kraftfahrzeuge in der Stunde. Schon die willkürlich anmutende Annahme, nur ein Drittel der Anfahrenden nutze das private Kraftfahrzeug, erscheint wenig glaubhaft. Denn das derzeit häufig genutzte Verkehrsmittel Fahrrad fällt weitgehend aus. Die Busanbindung ist deutlich schlechter als die der Gangolfschule – hinsichtlich des Andienungstakts ebenso wie bezüglich der Fahrstrecke. Die Hemmschwelle, angesichts solcher Rahmenbedingungen auf das Auto umzusteigen, ist – Verfügbarkeit vorausgesetzt – nun einmal sehr niedrig. Objektive Gründe, nämlich vor allem der Zeitaspekt, kommen hinzu.

Wenig glaubwürdig, weil in sich unlogisch, wirkt die wiederholt veröffentlichte Aussage, die Verkehrsbelastung werde eher zurückgehen, da ein Großteil der betroffenen Schüler/innen ohnehin aus Berggebiet und Innenstadt komme. Nur, wenn das Gros aus dem Berggebiet selber stammte, könnte ein solcher Effekt eintreten – was die Nachteile für die anderen aber nicht beseitigt.

Wenngleich jede neue Nutzung zusätzlichen Verkehr nach sich ziehen wird, so muß dieser nicht unbedingt einen derart hohen Umschlag (Wechsel vorwiegend im 45-Minuten-Takt) aufweisen. Je länger zudem die Dauer des Verbleibs am Ort währt, desto höher ist in der Regel auch die Bereitschaft, die zeitlich längere Anfahrt mit dem Bus in Kauf zu nehmen.

Daß Sie sich nicht wirklich ernsthaft mit dem Inhalt meines Schreibens vom 30. Oktober befaßt haben, ersehe ich aus der Tatsache, daß Sie sich in Ihrer Antwort ausführlich der Frage der Verkehrsbelastung für die Bewohner/innen des Berggebiets widmen. Diesen Aspekt, wenngleich ich die diesbezüglichen Befürchtungen nachvollziehen kann, hatte ich jedoch mit keinem Satz angeführt. Vielmehr hatte ich den Blickwinkel der betroffenen Eltern vertreten. Für uns und unsere Kinder wird die Musikschule am neuen Standort deutlich schwieriger zu erreichen sein, soweit eben nicht das Elterntaxi zum Zuge kommt.

Daß die derzeit in Kindergärten erteilte musikalische Früherziehung dort verbleibt, hilft denen nicht, welche sie in der Musikschule besuchen (werden). Die Instrumental- und Vokalkurse beginnen im (teils frühen) Grundschulalter. Zu Fuß, mit dem Roller, mit dem Bus, später je nach Entwicklungsstand und Entfernung vielleicht mit dem Fahrrad können Grundschüler/innen die Gangolfschule allein aufsuchen. Sie allein auf den Michelsberg zu schicken, werden viele Eltern nicht wagen: Die soziale Sicherheit durch regen Publikums- und Passantenverkehr fehlt weitgehend, zumal im Winterhalbjahr manche An- und erst recht Abfahrt bei starker Dämmerung oder gar Dunkelheit stattfinden muß – bei, wie bereits erwähnt, deutlich geringerer Busfrequenz.

Soweit Eltern die Kinder begleiten (in der musikalischen Früherziehung altersbedingt sowieso zwangsläufig), spielt der Zeitaspekt eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Berufstätige können, wenn sie Glück haben (Teil- oder Gleitzeit, ortsnaher Arbeitsplatz), ihre Arbeitszeit einrichten – aber nicht beliebig flexibel. Die Verlegung auf den Michelsberg stellt die einen vor die Alternative, das Kraftfahrzeug zu benutzen oder den Musikschulbesuch ihres Kindes zu beenden. Die anderen, die nicht auf das Auto umsteigen können, haben diese Alternative nicht einmal – auch eine Form der sozialen Auslese.

Auch ein gesonderter Bustransfer löst, abgesehen von den Kosten (wer soll die tragen?), das Problem nicht. Die Kinder müßten deutlich früher als bisher erscheinen, das Zeitproblem stellte sich nur in anderer Form.

Stichwort Kosten: Die städtische Musikschule hat die Aufgabe, auch denen musikalische Bildung zu ermöglichen, die sich die privaten Anbieter nicht leisten können. Ist es aber nicht äußerst blauäugig anzunehmen, die erwarteten Mehrkosten in jährlich sechsstelliger Höhe würden nicht in absehbarer Zeit auf die Gebühren umgelegt?

Fazit: Der Umzug der Musikschule auf den Michelsberg mag organisatorisch viele Vorteile für die Institution selbst haben. Für uns Eltern jedoch überwiegen die Nachteile, soweit wir nicht ohnehin Taxi für unsere Kinder fahren oder idealerweise im Berggebiet (abseits der Zufahrtswege) wohnen.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Martin-Ott-Straße 8
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