40 Jahre ambulante Erziehungshilfen der AWO Forchheim

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Die Abteilung der Ambulanten Erziehungshilfen der AWO Forchheim e.V. kann in diesem Jahr bereits ihr 40jähriges Bestehen feiern. Ambulante Erziehungshilfen sind auf die Bedürfnisse des Kindes oder Jugendlichen und dessen Familie ausgerichtete Hilfen. Sie orientieren sich an der Lebenssituation sowie den individuellen Fähigkeiten und aktuellen Schwierigkeiten der Eltern, Kinder und Jugendlichen.

Um einen Einblick in die Arbeit dieser Abteilung zu geben, hat die AWO gemeinsam mit der JungAdler GmbH einen Imagefilm gedreht und freut sich sehr diesen präsentieren zu können:

Interview mit Lisa Hoffmann (geführt von Stephanie Kaufmann, Leitung Ambulante Erziehungshilfen)

  • Kreisvorsitzende der AWO Forchheim
  • von 1991 bis 2016 Geschäftsführerin der AWO Forchheim
  • seit 1992 Stadträtin
  • seit 1992 Jugendhilfeausschussmitglied

Stephanie Kaufmann: Die ambulanten Erziehungshilfen der AWO Forchheim feiern dieses Jahr ihr 40- jähriges Jubiläum. Kannst du dich noch erinnern, was damals den Anstoß gab diesen Fachbereich in der AWO mit aufzunehmen?

Lisa Hoffmann: Ich war zu der Zeit auch noch nicht bei der AWO, das war vor meiner Zeit. Herr Hintzen war damals Kreisvorsitzender. Sein Engagement galt immer der Jugend. Forchheim war damals noch eine kreisfreie Stadt mit eigenem Jugendamt. Erst 1972 wurde sie dem Landkreis zugeordnet. Herr Hintzen beantragte diese Stelle über das Jugendamt des Landkreises. Vorerst war ein Mann auf dieser Stelle, welcher dann von Evelyn Schenke abgelöst wurde. Sie machte den Job als Sozialpädagogin für circa zehn Jahre sehr engagiert.

Der Grundgedanke war, dass es damit eine aufsuchende Arbeit neben der Erziehungsberatungsstelle der Caritas gibt. Auch Familien im Landkreis sollten mit einem niedrigschwelligen Ansatz erreicht und unterstützt werden.

Stephanie Kaufmann: Weißt du noch, wie sich das erste Team zusammensetzte?

Lisa Hoffmann: 10 Jahre lang war es eine Fachkraft. Der Bedarf stieg in Stadt und Landkreis, zudem schätzte der Allgemeine Sozialdienst die Entlastung durch die ambulanten Helfer*Innen. Das Jugendamt erweiterte die Abteilung mit drei weiteren Stellen (zwei in Teilzeit, eine Vollzeitstelle). 1992 kamen Lisa Hoffmann und Susanne Schreyer dazu. Ein Jahr später Franz Praschl. Das war dann das Stammteam für viele Jahre. Die Abteilung war schon immer in der Kasernstr. 7 untergebracht. Zuerst saßen wir alle miteinander in einem Büro. Bis es dann zu eng wurde.

Stephanie Kaufmann: Wenn du auf die letzten 40 Jahre zurückblickst, was ist deine schönste persönliche Erinnerung?

Lisa Hoffmann: Gegen 1990 wurde das Jugendwohlfahrtsgesetzt vom Jugendhilfegesetz abgelöst. Das Jugendwohlfahrtsgesetz war viel dominierender. Das Jugendamt wurde oft als Zugriffsbehörde wahrgenommen. Durch das neue Gesetz wandelte es sich zu einer unterstützenden Institution. Die Haltung zu den Familien änderte sich. Hilfe zur Selbsthilfe wurde zum zentralen Ansatz.

Beim Grübeln nach der schönsten Erinnerung, erinnere ich mich an einen jungen Heranwachsenden; dieser war straffällig geworden, mit seinen Eltern gab es nur Spannungen, das Elternhaus war schwierig. Er wurde intensiv durch eine Helferin betreut. Sieben Jahre später besuchte er uns mitseiner jungen Frau und Kind und berichtete, dass er ohne die Hilfe nicht da stehen würde, wo er jetzt ist. Das berührt einen dann schon.

Dieses Beispiel zeigt, dass Hilfen langfristig betrachtet werden sollten. Es kann sein, dass sich die Erfolge dieser positiven Hilfen und Unterstützungen vielleicht erst fünf Jahre später zeigen, aber der Klient in diesem Moment auf den richtigen Weg gebracht wurde, da er die Unterstützung erfahren hat, die er/sie brauchte. Das haben wir immer wieder erlebt. Daran ist zu erkennen, dass die Arbeit gut und notwendig ist.

Stephanie Kaufmann: Was war die größte Herausforderung?

Lisa Hoffmann: Der Bedarf stieg immer weiter. Die Abteilung konnte den Arbeitsaufwand nicht mehr schultern. Ein Ausbau von Seiten des JA war nicht geplant. Wir Träger mussten immer 10% Eigenanteil leisten. Dies war für die AWO finanziell belastend. Doch dann wurde die Fachleistungsstunde eingeführt. Man konnte sich nun an den Bedarf anpassen. Verhandlungen mit dem Jugendamt gemeinsam mit den anderen Trägern der Jugendhilfe fanden statt. Die Umstellung erfolgte dann im Jahr 2000. Dieser Prozess schaffte beim Personal auch Verunsicherung. Es war ein Prozess vom Dienstleistungsgedanke hin zu einem wirtschaftlichen Betrieb. Somit musste die AWO neben der schweren guten Arbeit auch noch auf die Wirtschaftlichkeit achten.

Parallel dazu ist die AWO gewachsen. Aber auch die Abteilung hatte Zuwachs mit Katja Franz, Bernd Amon und Ulla Knipping, sodass ich eine zweite Führungsebene eingezogen habe. Für jede Abteilung gab es eine Fachbereichsleitung. In der Abteilung der ambulanten Erziehungshilfen gab es vor dir zwei Leitungen und seit acht Jahren bist du es. Mittlerweile wird die Arbeit unter Fachleistungsstunde geschätzt. Aus dieser Arbeit wurde ja auch noch mehr. Es entstanden weitere Abteilungen wie die Frühkindliche Familienbildung, Nord-Stern in der Herderstrasse, die Hilfe für straffällige Jugendliche, „Jump“, ein Projekt für arbeitslose Jugendliche, unsere Flüchtlingsprojekte, sowie die Hilfe für unbegleitete Minderjährige und die Vormundschaften, die beim Betreuungsverein der AWO geführt werden. Das alles ist aus diesem Schwerpunkt der Jugendarbeit entstanden.

Stephanie Kaufmann: Wie haben sich nach deiner Ansicht die Anforderungen in diesem Fachbereich in den letzten 40 Jahren verändert?

Lisa Hoffmann: Ich denke es ist alles viel festgelegter geworden. Es stand damals schon im Kinder- und Jugendhilfegesetz, dass eine Jugendhilfeplanung gemacht werden muss. Der Einfluss des Amtes war sehr groß. Sie suchten sich eher einen Dienstleister. Aber auch das Jugendamt hat eine Qualitätsentwicklung durchlaufen, sodass die Arbeit standardisierter wurde. Es freute sich nicht jeder an dieser Veränderung. So wurde zum Beispiel festgelegt, wie viel Zeit am Klienten und wie viel Zeit für Büroarbeit verwendet werden kann.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Allgemeinen Sozialdienst und den ambulanten Helfer*Innen wurde insgesamt kooperativer. Das ist oft so aus meiner Erfahrung, dass das Pendel in eine Richtung ausschlägt und sich dann ein Mittelweg als sinnvoll erweist. Da sind wir jetzt, glaube ich. Das Amt hat natürlich die Gesamtverantwortung. Die Mitarbeiter*Innen, die die Arbeit vor Ort machen, wissen viel, können sich aktiv einbringen und man hört auch auf sie.

Stephanie Kaufmann: Was möchtest du noch zum Schluss zum Jubiläum erwähnen?

Lisa Hoffmann: Wir möchten natürlich eine große Feier machen und ich möchte mich bei allen Mitarbeitern*innen bedanken für die gute, lange Zeit. Lisa Hoffmann zum Beispiel hat ihr 25-jähiges Jubiläum schon lange hinter sich und gehört zu einer unserer langjährigsten Mitarbeiterinnen. Alle Mitarbeiter*innen haben viel Energie eingebracht und sich stetig weitergebildet. Sie sind der AWO zu großen Teilen treu geblieben. Daher möchte ich Ihnen ein großes Dankeschön sagen. Bedanken möchte ich mich auch bei dir, dass du seit vielen Jahren das Team so gut führst. Ebenso beim Jugendamt und seinen Leitern, Herrn Leisgang, Herr Haendl und Frau May.

Interview mit Lisa Hoffmann (geführt von Stephanie Kaufmann, Leitung Ambulante Erziehungshilfen)

  • langjährige Mitarbeiterin der AWO Forchheim – von 1992 bis 2015 im Bereich der Ambulanten Erziehungshilfen tätig
  • seit 2015 Vormündin

Stephanie Kaufmann: Die ambulanten Erziehungshilfen der AWO Forchheim feiern dieses Jahr ihr 40jähriges Jubiläum. Du hast fast die ganzen 40 Jahre live miterlebt. Erzähl uns mal, wie alles begonnen hat.

Lisa Hoffmann: Evelyn Schenke hat alleine als Erziehungsbeiständin gearbeitet, später hat die Caritas die sozialpädagogische Familienhilfe übernommen. Damit war klar: die AWO ist für die EB´s zuständig.

Als die Evelyn aufgehört hat, wurden Susanne Schreyer und ich in Teilzeit eingestellt. Nachdem der Bedarf aber immer weiter zunahm und auch der Ruf nach einem männlichen EB laut wurde, kam etwas später Franz Praschl dazu. Er hatte eine Vollzeitstelle. Dieses Team war dann lange Zeit konstant.

Irgendwann änderten sich die Vorgaben. Das lag daran, dass der Bedarf stieg und mehr Flexibilität gefragt war. Die Caritas und die AWO entschieden sich daraufhin, dass sich die Teams der beiden Träger zusammenschließen zum AWO-CAR-Team. Nach einiger Zeit trennte sich dies aber wieder.

Ursprünglich waren wir drei pauschal finanzierte Mitarbeiter. Das heißt das Jugendamt hat 90% der Personalkosten übernommen und die AWO 10%.

Susanne und ich wollten die Kinder auch in der Gruppe kennenlernen, um auch ihr Sozialverhalten zu erleben. So planten wir ein Zeltwochenende auf Burg Feuerstein. Wir stellten fest, dass wir den Kindern neue Perspektiven aufzeigen und so auch ihr Verhalten in der Gruppe fördern konnten. Hierbei unternahmen wir Wanderungen und waren auf der Burg Rabenstein. Dabei sagte ein Mädchen: „Mensch, ist das jetzt die ganze Welt?“. Sie war so fasziniert, da die meisten Kinder nie von ihrem Wohnort weggekommen waren. Daraufhin haben wir uns dafür eingesetzt, dass dies mehr gefördert wurde. Diese Freizeiten konnten wir für einige Jahre realisieren. Es waren immer tolle Erlebnisse, auch wenn es anstrengend war. Aber es war wichtig für unsere Arbeit.

Nachdem der Bedarf immer mehr wurde, wurde die Fachleistungsstunde eingeführt. Das hieß, die Pauschalfinanzierung wurde durch eine stundengenaue Abrechnung abgelöst. Dann kamen weitere Mitarbeiter*Innen dazu. Diese waren Katja Franz, Ruth Hahn, Ulla Knipping und Bernd Amon. Das war dann auch wieder über einen längeren Zeitraum ein konstantes Team.

Durch die Zunahme an Mitarbeiter*Innen in unserer Abteilung zogen wir auch immer wieder um.

Anfangs saßen wir gemeinsam mit der Geschäftsführung in einem Büro, dann sind wir immer wieder in größere Büros umgezogen.

Stephanie Kaufmann: Wie hat sich die Arbeit inhaltlich gewandelt über die 40 Jahre?

Lisa Hoffmann: Anfangs hatten wir vorrangig Familien bei denen es um Scheidungskinder ging. Es waren meist Familien aus sozial schwachen Schichten. Das hat sich im Laufe der Zeit drastisch gewandelt. Die Probleme in den Familien wurden vielfältiger. Drogen und Medien schufen neue Problemlagen. Und es hat sich auch viel durch die Änderung von Sozialhilfe zu ALG II geändert. Die Menschen wurden aktiviert, ihre Mitwirkungspflicht hat die Hilfebezieher mehr einbezogen.

Stephanie Kaufmann: Wie hat sich die Zusammenarbeit mit dem ASD´s gewandelt? Wie sah das Team des Allgemeinen Sozialdienstes vor 40 Jahren aus?

Lisa Hoffmann: Es waren vielleicht zehn Mitarbeiter*innen. Wir hatten die Möglichkeit, dass wir uns regelmäßig mit dem Team zusammengesetzt hatten und die Fälle besprachen, die neu übergeben werden sollten. Es nahmen die Kollegen*Innen der Caritas, der AWO und des ASD´s teil. Nachdem es aber immer mehr Personen wurden, wurde das eingestellt.

Stephanie Kaufmann: Gibt es noch Kollegen*Innen die auch schon so lange im ASD sind wie du Erziehungsbeistandschaften geführt hast?

Lisa Hoffmann: Frau Saffer-Roppelt ist auch schon so lange im ASD, und Martin Hempfling ist schon lange dabei nur in anderen Bereichen. Meine Zusammenarbeit mit den Kollegen*Innen des ASD´s war immer konstruktiv, da wir einen regen Austausch hatten.

Stephanie Kaufmann: Was braucht es deiner Meinung nach, dass eine Hilfe gelingen kann?

Lisa Hoffmann: Austausch. Was ich positiv fand war, wenn es schwierig bzw. brenzlich wurde, haben die entsprechenden Kollegen*Innen auch mit mir gemeinsam Hausbesuche bei den Familien gemacht.

Ganz wichtig ist aber auch der respektvolle Umgang mit den Familien.