HC Erlangen kämpft bis zum Umfallen aber muss sich gegen Lemgo geschlagen geben

Symbolbild Handball

Stehende Ovationen nach einer Heimniederlage – das gab es beim HC Erlangen in der Vergangenheit nur sehr selten. Die Erlanger Bundesligahandballer, deren Personalsorgen sich vor der Partie gegen den frisch gebackenen Pokalsieger aus Lemgo immer weiter zuspitzten, mussten sich am Mittwochabend nach einem spannenden und temporeichen Spiel mit 31:35 (17:17) geschlagen geben. Ohne neun verletzte Spieler, aber dafür mit 1700 Fans im Rücken, ackerte der HCE 60 Minuten lang bis zum Umfallen und wurde für seinen leidenschaftlichen Kampf am Ende zwar nicht mit zwei Punkten, dafür aber mit der Anerkennung seiner Fans belohnt. 1700 Fans waren zugelassen – 1700 Fans strömten bei tropischen Temperaturen in die ARENA NÜRNBERGER Versicherung, um nach 249 Tagen endlich wieder live Handball zu erleben.

Eine Hiobsbotschaft galt es für den HC Erlangen bereits vor der Partie zu verkraften. Neben den sieben verletzten Stammspielern Metzner, Ivic, Overby, Fäth, Büdel, Link und Ferlin musste Trainer Michael Haaß kurzfristig auch auf seinen Spielmacher Benedikt Kellner verzichten, der sich beim Spiel gegen Hannover an der Schulter verletzte und deshalb nur von der Bank aus unterstützen konnte. Auch Maximilian Jaeger war weiterhin angeschlagen und konnte am 35. Spieltag nicht mitwirken. Somit fehlten den Hausherren am Mittwoch insgesamt neun Spieler. Das Team der Franken hatte sich jedoch vorgenommen zusammenzustehen und mit den letzten Reserven um die zwei Punkte zu kämpfen. Dabei ging der Pokalsieger zunächst mit 1:0 in Führung, doch nur einen Angriff später spielte Youngster Tarek Marschall, der aufgrund des Fehlens von Benedikt Kellner von Beginn an auf der wichtigen Spielmacherposition zum Einsatz kam, sehenswert auf Simon Jeppsson der den ersten Treffer für sein Team erzielte. Am heißesten Tag der Woche herrschte von Beginn an auch innerhalb der Arena eine hitzige Atmosphäre. Beide Mannschaften lieferten sich eine kampfbetonte Partie, bei der die Führung bis zur zehnten Minute auf beiden Seiten hin und her wechselte. Die 1700 Fans in der Halle peitschten den HCE vom Beginn an lautstark nach vorne, sodass Johannes Sellin aus der Ecke zum 4:5 treffen konnte. In Unterzahl tankte sich Daniel Mosindi mit großem Körpereinsatz zum 5:6 durch und weil Sebastian Firnhaber clever verteidigte, setzte Johannes Sellin per Tempogegenstoß den Ausgleichstreffer zum 6:6. Die Stimmung in der Arena explodierte, als sich der HCE abermals in Unterzahl den Ball eroberte und Bissel sein Team mit 7:6 in Führung brachte. Es dauerte nur 20 Sekunden, bis es noch lauter in der ARENA wurde: Martin Ziemer parierte sensationell und wieder war es der Linksaußen Christopher Bissel, der schnell auf den Beinen war und sich im Tempogegenstoß zum 8:6 durchsetzen konnte. Auch als die Hausherren in doppelter Unterzahl auf dem Feld standen, kämpfte die junge Mannschaft von Michael Haaß mutig weiter. In der 17. Minute verhinderte Martin Ziemer mit einer Parade den Treffer für Lemgo und der 19-jährige Bialowas netzte zum 11:8 ein. Die Lemgoer kamen in der 21. Minute wieder auf 12:12 heran aber dank den Treffern von Firnhaber und der Parade von Martin Ziemer war es den Erlangern möglich, in der 24. Minute wieder mit 14:12 davon zu ziehen. Die Franken kämpften mit ihren letzten Reserven und scheuten keinen Zweikampf. Tarek Marschall wackelte die Lemgoer Abwehrreihen clever aus und traf zwei Minuten vor dem Seitenwechsel zum 16:14. Zur Pause holten die Gäste wieder auf und Johannes Sellin setzte in der letzten Sekunde des ersten Durchgangs den Treffer zum 17:17 Halbzeitstand.

Nach dem Wiederanpfiff machte der HCE dort weiter, wo er im ersten Durchgang aufgehört hat. Mit schnellen Beinen in der Abwehr und einem mutigen Spiel nach vorne gingen die Franken in der 38. Minute durch den Treffer von Jeppsson mit 23:22 in Führung. Der TBV, der mit einem vollen Kader die Reise nach Nürnberg antrat, eroberte sich die Führung 20. Minuten vor dem Ende wieder zurück, was Michael Haaß zum Anlass nahm, um die Auszeit zu legen. Simon Jeppsson erhielt daraufhin eine kurze Verschnaufpause. Für ihn kam Bialowas auf die Platte. Nach einer starken Parade kämpfte sich der bis dato dreifache Torschütze Bissel zum 25:25 durch und läutete mit seinem Treffer die Crunch-Time ein. Nach einem Gegentreffer vergab der HCE einen Siebenmeter, sodass der TBV sich zum 26:26 durcharbeiten konnte. Die Gäste aus Ostwestfalen zogen zehn Minuten vor dem Ende mit 26:28 davon, aber Johannes Sellin & Co. bewiesen erneut eindrucksvoll, dass sie kämpfen können bis zum Umfallen. Jeppsson verkürzte per Siebenmeter auf 27:28, aber die Gäste setzten sich immer wieder zum Torerfolg durch und konnten somit in der 54. Minute auf drei Treffer davon ziehen (28:31). Nach zwei torlosen Erlanger Angriffen baute der TBV seine Führung bis auf fünf Tore aus. Michael Haaß nahm die Auszeit und setze mit der offensiveren Deckung noch einmal alles auf eine Karte. Der elffache Torschütze Simon Jeppsson traf daraufhin zwar noch zwei Mal in Folge und konnte auf 30:34 verkürzen, doch der frischgebackene Pokalsieger ließ nichts mehr anbrennen und gewann am Ende mit 31:35.

„Wir waren heiß und wollten den Zuschauern, die nach langer Zeit endlich wieder in der Arena etwas bieten. Meine Jungs haben alles reingehauen und ich mache ihnen da keinen Vorwurf. Bei uns hätte heute alles passen müssen. Wir haben gekämpft, was wir in den letzten Wochen gelernt haben. Die Jungs gehen am Zahnfleisch, denn es ist nach wie vor eine schwere Zeit für uns“, sagte der Erlanger Cheftrainer Michael Haaß nach der Partie.

Zeit zum Durchatmen im Saisonendspurt nicht. Schon am Samstag muss der HCE in Stuttgart antreten. Das Spiel gegen den aktuellen Tabellenvierzehnten wird um 19 Uhr angepfiffen.

Statistik

HC ERLANGEN
Tor: Ziemer, Boieck
Sellin (5), Lex, Bialowas (1), Marschall (1), Firnhaber (2), Bissel (5), Mosindi (3), Schäffer (1), Meschke, von Gruchalla (2/2), Jeppsson (11/1), Olsson, Bauer

TBV LEMGO LIPPE
Tor: Zecher (1), Johannesson
Elisson (9/4), Villaplana (1), Simak, Carlsbogard (9), Schagen, Timm (4), Hangstein, Zerbe (3), Guardiola (4), Geis, Reimann, Baijens (4), Struck