Universität Bamberg: „Kulturerbe: zwischen Rechtspopulismus und Internationalität?“

Symbolbild Bildung

Denkmaltheoretiker Gerhard Vinken schreibt ein „Opus Magnum“ über die politische Geschichte des Kulturerbes

Rechtspopulistische Gruppierungen nutzen Begriffe wie „Kulturerbe“ und „Leitkultur“, um sich abzugrenzen und vermeintlich Fremdes auszuschließen. Die UNESCO andererseits beansprucht mit dem Titel „Weltkulturerbe“ nicht nur für lokale oder nationale Gemeinschaften zu sprechen, sondern im Namen der ganzen Menschheit. Das wird angesichts heterogener und sich entgegenstehender Erinnerungskulturen zunehmend in Frage gestellt. „Ich bin davon überzeugt, dass Fragen des kulturellen Erbes Zukunftsfragen sind, die über den Zusammenhalt pluralistischer Gesellschaften entscheiden“, sagt Denkmaltheoretiker Prof. Dr. Gerhard Vinken von der Universität Bamberg. „Mein Anspruch ist es, eine politische Geschichte des Kulturerbes mit dem Schwerpunkt Deutschland zu schreiben und Schlüsse daraus zu ziehen, die für die Politik relevant sind.“ Von Oktober 2021 bis September 2022 verfasst er eine Monografie zum Thema „Kulturerbe als Aufgabe. Kanonisierung, Heterogenisierung, Politisierung“. Die Förderinitiative „Opus Magnum“ der VolkswagenStiftung ermöglicht dieses Projekt.

Gesellschaftliche Diskussion: Welches Kulturgut ist erhaltenswert?

Die eigene Identität und Kultur zu reflektieren, ist laut Gerhard Vinken eine eminent gesellschaftliche Aufgabe: Welche Kulturgüter sind für die Zukunft wichtig und erhaltenswert? Und wer darf das entscheiden? Die internationale, insbesondere englischsprachige Forschung analysiert schon länger gesellschaftliche Debatten rund um das Kulturgut. Die deutsche Denkmalwissenschaft konzentriert sich dagegen vor allem darauf, Objekte wie Baudenkmale aus fachlicher Sicht zu bewerten und zu untersuchen. „Ich finde es wichtig, dass wir auch in Deutschland verstärkt erforschen, welche gesellschaftlichen Diskussionen und Konflikte Fragen des kulturellen Erbes auslösen“, betont Vinken. Eine umstrittene Frage in Deutschland ist beispielsweise, ob man NS-Bauwerke wie das ehemalige Reichsparteitagsgelände in Nürnberg erhalten soll.

In seiner Monografie will Gerhard Vinken historische Schlüsselzeiten und zentrale Phänomene analysieren, unter anderem völkische und rassistische Zuspitzung, Internationalisierung oder auch Vermarktung des Kulturerbes. Durch die Förderung der VolkswagenStiftung in Höhe von 129.500 Euro wird er für die Arbeit an seinem „Opus Magnum“ für ein Jahr von seinen universitären Pflichten befreit. Dr. Heike Oevermann von der Humboldt-Universität zu Berlin vertritt in dieser Zeit seinen Lehrstuhl für Denkmalpflege – Heritage Conservation an der Universität Bamberg. Die Förderlinie „Opus Magnum“ finanziert Vertretungsprofessuren für Professorinnen und Professoren aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, die sich durch herausragende Arbeiten ausgewiesen haben.

Kurzbiografie

Gerhard Vinken hat Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie an der Albert-Ludwig-Universität in Freiburg im Breisgau, der Pariser Sorbonne und der Freien Universität Berlin studiert. Nach seiner Promotion arbeitete er mehrere Jahre am Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege sowie an Forschungs- und Ausstellungsprojekten. Auf die Habilitation an der Universität Bern folgten Professuren an der RWTH Aachen und an der Technischen Hochschule Darmstadt sowie Forschungsaufenthalte in Wien oder auch New York. Seit 2012 hat Gerhard Vinken den Lehrstuhl für Denkmalpflege – Heritage Conservation an der Universität Bamberg inne. Er ist Gründungsmitglied und Mitglied des Leitungsgremiums im Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT). Weitere Informationen: www.uni-bamberg.de/denkmalpflege

Das Projekt gehört zum Forschungsschwerpunkt „Erschließung und Erhalt von Kulturgut“ der Universität Bamberg: www.uni-bamberg.de/forschung/profil/kulturgut. Eine Multimedia-Reportage stellt den Schwerpunkt vor: https://forschungsprofil.uni-bamberg.de/kulturgut