Rund 120 Menschen in Forchheim bei der Kundgebung zum Tag der Arbeit auf dem Paradeplatz

DGB-Kundgebung in Forchheim. Foto: Torsten Okrent

Solidarität ist Zukunft

Nachdem im letzten Jahr die Veranstaltung zum Tag der Arbeit auch in Forchheim pandemiebedingt ausfallen musste, gab es 2021 wieder eine Kundgebung auf dem Paradeplatz. Rund 120 Menschen waren der Einladung des DGB Kreisverbands gefolgt und verbrachten unter strengen Hygieneregeln gemeinsam den 1. Mai.

Dr. Manfred Böhm

Dr. Manfred Böhm. Foto: Torsten Okrent

Grußworte gab es von Landrat Dr. Hermann Ulm und Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein. Hauptredner des war Dr. Manfred Böhm von der Katholischen Betriebsseelsorge in Bamberg – ein altbekanntes Gesicht unter den Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern in Forchheim.

Der 1. Mai stand in diesem Jahr unter dem Motto „Solidarität ist Zukunft“. Dies ließ auch Manfred Böhm in seine Botschaft einfließen: „Solidarität gilt gemeinhin als eine Haltung, eine Tugend, die die menschliche Würde des anderen wahrnimmt und ernst nimmt und die in bestimmten Situationen wie von selbst entstehen kann.“ Solidarität brauche aber über die individuelle Betroffenheit hinaus auch gesetzlich verankerte und damit verlässliche gesellschaftliche Strukturen. Denn es sei offensichtlich, dass der sogenannte freie Markt, der von manchen als Lösung der sozialen Frage gesehen wird, für eine solche kollektive Handlungsregel blind sei und eine solche gegenseitige Verwiesen- und Verbundenheit nicht herstellen könne.

Böhm: „Seit Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts hat uns – erst schleichend, dann aber immer schamloser – dieser freie Markt fest im Griff und sagt uns, was gut ist für uns und unsere Zukunft.“ In diesem Zusammenhang kritisierte der Theologe das Zurückfahren der Staatsausgaben und damit des Sozialstaats, die Privatisierung öffentlichen Eigentums, die Deregulierung des Arbeitsmarktes sowie Steuererleichterungen für die Reichen dieser Welt.

Außerdem müsse die menschliche Arbeit anders und weit höher bewertet werden als es sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten eingebürgert hat. Nicht das Kapital habe uns die akute Krise meistern lassen. Es seien die arbeitenden Menschen mit der Selbstverständlichkeit ihres Tuns.

Dr. Manfred Böhm weiter: „Bei den Löhnen gibt es in Deutschland einen enormen Nachholbedarf. Und auch wenn jetzt das Argument, man dürfe durch zu hohe Lohnforderungen den Aufschwung nicht gefährden, wieder verstärkt zu hören war und weiterhin ist, darf uns das nicht über die Einsicht hinwegblenden, dass etwa gerade der aufgeblähte Niedriglohnsektor in Deutschland künftig systematisch reduziert werden muss. Niedrige Löhne sind neben Erwerbslosigkeit die Hauptursache für Armut in unserer Gesellschaft.“ So müsse zum Beispiel der Mindestlohn weiter angehoben werden. „Die KAB fordert einen Mindestlohn in Höhe von 14,09 €. Das ist keine willkürlich festgelegte Zahl, sondern entspricht 60% des derzeitigen Durchschnittseinkommens. Das ist die Untergrenze für einen Arbeitslohn, der Menschen nicht aus dieser Gesellschaft ausschließt, sondern Ihnen einen würdevollen Platz in der Gemeinschaft ermöglicht.“

Abschließende ging der Betriebsseelsorger noch einmal auf das Thema Sozialstaat ein. Ein gut funktionierender Sozialstaat sei die Grundlage unserer Demokratie. Zwischen beiden gebe es einen engen Zusammenhang. Ohne die gesellschaftliche Stabilität, die mit einem starken Sozialstaat einhergeht, gerate auch unsere politische Demokratie ins Schlingern. Denn wenn Menschen ins soziale Abseits gestellt werden, können wir nicht erwarten, dass sie das politische System stützen, das sie für ihre Lage verantwortlich machen. Sie werden sich anderen, womöglich extremen politischen Gruppierungen zuwenden und von dort ihr Heil erwarten. Der Sozialstaat stehe also für die soziale Integration aller Gruppen der Gesellschaft und ungestraft betreibe man an ihm keinen Raubbau.

Konkrete Vorschläge zur Stärkung des Sozialstaats? Die Wiedereinführung der allgemeinen Vermögenssteuer, eine einmalige Vermögensabgabe auf die wirklich großen Vermögen sowie die Einführung der Finanztransaktionssteuer.

Mathias Eckardt, DGB Region Oberfranken, Starkenfeldstr. 21, 96050 Bamberg