Worte in die Zeit – 12. Sonntag im Jahr

Vielleicht kann sich der eine oder andere von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitchristen, an das TV-Ratespiel „Was bin ich?“ erinnern. Der Showmaster Robert Lembke präsentierte verschiedene Kandidaten und das Rateteam Hans Sachs, Annette von Aretin, Guido Baumann und Marianne Koch musste anhand nur einer Handbewegung des Kandidaten dessen Beruf erraten.

Irgendwie erinnert mich die Situation im heutigen Evangelium an genau dieses Ratespiel, nur dass „Showmaster“ und „Kandidat“ diesmal ein und dieselbe Person ist.

„Für wen halten mich die Leute?“ fragt Jesus seine Jünger – oder etwas anders formuliert: „Was bin ich für die Menschen um mich herum?“

Diese Frage Jesu ist für mich eher unerwartet – aber stellte sie tatsächlich seinen Jüngern. Vielleicht hat es ihn ja wirklich interessiert, und diese Neugier gehört eben auch zu seiner Menschlichkeit! Ich weiß es nicht. Vielleicht waren ihm die Antworten aber auch gar nicht so wichtig. Sie sagten auch weniger über ihn als über die Erwartungen der Leute.

Es war den Menschen wirklich ein Problem, wer oder was dieser Jesus eigentlich sei. Sie fragten sich schon lange, was das für einer sei, dem „die Winde und der See gehorchen“ (Mt 8,27) und der „sogar Sünden vergibt“ (Lk 7,49).

Die Ansichten, von denen die Jünger berichten, bewegten sich im Rahmen dessen, was schon dagewesen war. Manchen der Leute sahen in Jesus den Mahner und Rufer Johannes, andere dagegen hielten ihn für den großen Elija, den Kämpfer gegen Götzen, gegen politische und soziale Ungerechtigkeit, wieder andere für einen der alten Propheten, der auferstanden sei. Doch all diese Bilder treffen offenbar immer nur einen Teil dessen, was Jesus ausmachte – sonst wären sie nicht so grundverschieden. Das alles wundert mich jedoch nicht, denn in einer so angespannten, politisch höchst bedrängten Situation, wie sie damals in Israel herrschte, war es verständlich, dass die Menschen ihren Hoffnungen und Befürchtungen verschiedene, ihnen bekannte Gesichter gaben.

Spannend ist, wie Jesus auf das, was ihm berichtet wird, reagiert: er geht auf diese Ansichten der Leute, die ihm seine Jünger erzählen, gar nicht ein, er rückt sie nicht zurecht, gibt aber auch keine Anzeichen, dass er sich mit diesen Hoffnungen und Befürchtungen gleichsetzt.

Doch noch spannender und wichtiger ist die Frage an die Jünger. „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“

Jetzt heißt es für die Jünger auf einmal: Stellung beziehen! Kluge Ausführungen über die verschiedenen Auffassungen bezüglich der Person Jesu sind jetzt nicht gefragt. So wenig wie auf die Frage „Liebst du mich?“ ein kluges Abwägen über die Vor- und Nachteile einer Liebeserklärung Platz ist. Worauf es jetzt ankommt, ist etwas ganz Persönliches – etwas Eigenes, etwas Großes.

„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Die Gesprächssituation kehrt sich plötzlich um, sie ist eine ganz andere. Gefragt ist jetzt nicht mehr nur „unverbindliche Erörterung“, sondern „Bekenntnis“. Wer jetzt Ausreden sucht und Meinungen zitiert, entlarvt sich als Fremder. Nur ein Freund, einer, der sein Leben rückhaltlos an der Person Jesu festmacht, kann eine Antwort geben, kann so wie Petrus reagieren. „Du bist der Messias!“ Das ist eine Vertrauens-, eine Liebeserklärung, wie sie nicht mehr zu überbieten ist. Und die Reaktion des Petrus beeindruckt mich, nicht weil sie besonders genial und durchdacht ist, sondern weil sich Petrus darin als ein von Gott Beschenkter versteht, und diesem Gott gibt er sich in dieser Begegnung rückhaltlos hin. Dass auch er in seiner Hingabe immer wieder neu gefragt ist, dass sie nicht immer geradlinig verläuft, dass Petrus die Momente des Zweifels und des Verrats kennt, gerade das macht ihn zum glaubwürdigen Weggefährten.

„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ – die Frage bleibt, denn Petrus hat sie nur für sich selbst beantwortet. Auch ich persönlich werde gefragt: „Du aber, für wen hältst du mich?“, und mein Bekenntnis, meine ganz persönliche Antwort kann mir keiner abnehmen.

„Du aber, für wen hältst Du mich?“ – Eine Frage, die eine persönliche Antwort verlangt, die sich – boshaft gesagt – nicht mit Taufschein oder Parteibuch zufrieden gibt, eine Frage, die einen selbst, die die ganze Person, ja die ganze Persönlichkeit als Antwort verlangt, die – extrem beschrieben – Nachfolge und Vertrauen als Antwort verlangt! Nachfolge, die keine Ausflüchte mehr zulässt; Nachfolge, an der die Welt ablesen kann „Jawohl, der meint es mit seinem Glauben ernst und trägt ihn nicht nur als ein frommes Aushängeschild vor sich her; der weiß, was er von Jesus zu halten aber auch zu erwarten hat.“

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und einen guten Start in die kommende Woche!

Ihr Hubert Treske, Don Bosco Forchheim