DGB Region Mittelfranken: art getroffen, aber optimistisch – Kommunen in der Corona-Krise

„Die Auswirkungen der Corona-Krise sind auch in Mittelfranken deutlich spürbar.“ Darauf weist DGB-Regionsgeschäftsführer Stephan Doll in seiner Begrüßung zum ersten digitalen ZeitenWechsel des DGB Mittelfranken hin und belegt dies anhand von Zahlen. „Diese Krise ist die größte seit dem 2. Weltkrieg. Sie hat alle Länder synchron getroffen“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Professor Sebastian Dullien. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt zum Vorjahr habe es die Euro-Zone im internationalen Vergleich besonders hart getroffen. „Deutschland liegt dabei im Mittelfeld“, sagt Dullien.

Seiner Einschätzung nach ist vorsichtiger Optimismus angesagt. Die zurückgestaute Binnennachfrage und die damit im zweiten Quartal angesparten 50 Milliarden Euro in Deutschland werden dazu beitragen, dass die Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen könne. Auch die Auftragseingänge bei Kfz, Chemie und Maschinenbau seien im dritten Quartal deutlich angestiegen.

Die eingetretenen und zu erwarteten Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit bei Arbeiter*innen und Selbstständigen sind im Vergleich zu Angestellten und Beamten besonders groß. Die unteren Einkommensschichten sind im weitaus höheren Maße von Einbußen bei den Netto-Haushaltseinkommen betroffen, wie Zahlen belegen können.

Die Schuldenaufnahme zur Bewältigung der Krise betrachtet Dullien angesichts der Null-Zins-Politik als unproblematisch. Eine Vermögensabgabe zur Schuldentilgung helfe ärmeren Haushalten wenig. Aus seiner Sicht müsse jedoch die Diskussion um Steuergerechtigkeit weiter geführt werden. „Das Steuersystem hatte vor Corona bereits eine Schieflage. Das ist auch nach Corona nicht weg. Vermögen, Kapitaleinkünfte, hohe Einkommen sind viel zu gering besteuert“, sagt der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) bei der Hans-Böckler-Stiftung. Das entschlossene Reagieren der Politik mit rund 300 Milliarden Gesamtvolumen war aus seiner Sicht richtig.

„Die Chancen stehen gut, dass sich die  Wirtschaft nach dem Lockdown wieder erholt. Vor den entstandenen Schulden müsse niemand Angst haben“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Dullien. Die ungleiche Belastungsfähigkeit bei den Kommunen lässt allerdings weniger Spielräume zu und ist ein Problem, schränkt Dullien ein.

DGB-Chef Doll befragt den aus Berlin zugschalteten Experten über die Zusammenhänge zwischen einem klimaschützenden Wachstum, Transformation und Arbeitszeitverkürzung in Branchen mit Überkapazitäten. Dazu der Wissenschaftler Dullien: CO2-freie Mobilität lösen enorme Innovationen und Investitionen aus. Wieviel Wertschöpfung in Deutschland stattfindet und wie viele Menschen diese schaffen werden ist noch unklar, deshalb wäre eine Arbeitszeitreduzierung bei teilweisen Lohnausgleich wie beispielsweise in den 1990er Jahren bei VW ein guter Hebel zum Erhalt von Arbeitsplätzen und zum Schutz vor Arbeitslosigkeit. Für die Arbeitgeber würde dies auch Beschäftigungsreserven mit sich bringen, wenn die Auslastung sich verbessert.

Zahlreiche Fragen aus dem virtuellen Publikum schlossen sich an. Beispielsweise zum Schutz von Soloselbstständigen, Verbesserungen bei systemrelevanten Berufen oder zur Inflations- und Reallohnentwicklung.