Universität Bayreuth: Wissenschaftliches Kolloquium für Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Oberender
Im Fokus von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik: Wettbewerb im Gesundheitswesen
Fast drei Jahrzehnte lang, von 1980 bis 2007, hat Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Oberender als Ordinarius für Volkswirtschaftslehre und Gesundheitsökonomie die Universität Bayreuth in Forschung und Lehre mitgeprägt. Vor kurzem wurde er anlässlich seines 70. Geburtstages mit einem Wissenschaftlichen Kolloquium in der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät geehrt. Das Thema lautete: „Wettbewerb / Wettbewerb im Gesundheitswesen – Auf der Suche nach dem Besonderen?“ Die Forschungsstelle für Sozialrecht und Gesundheitsökonomie und die Forschungsstelle für Wettbewerbsrecht und Wettbewerbspolitik, beide zur Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät gehörend, hatten die Veranstaltung organisiert.
Der Dekan der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Prof. Dr. Markus Möstl, würdigte eingangs die vielfältigen Leistungen des Jubilars. So habe Professor Oberender den Studiengang Gesundheitsökonomie an der Universität Bayreuth initiiert, der zunächst in seiner Ausrichtung einzigartig gewesen sei und heute überall in Deutschland hohes Ansehen genieße. Über viele Jahre hinweg habe er sich als Dekan der Fakultät um die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bayreuth verdient gemacht. Diese Leistungen würden dadurch unterstrichen, dass Peter Oberender auch nach seiner Emeritierung der Universität Bayreuth weiterhin zur Verfügung stehe.
Prof. Dr. Alfred Schüller (Philipps-Universität Marburg) eröffnete das Kolloquium mit einem Vortrag zum Thema „Wettbewerbspolitik im Globalisierungsprozess – Ansatzpunkte, Probleme“. Seine Ausführungen galten zunächst der Allgemeinen Markttheorie von Ernst Heuss, der in Marburg die Dissertation und später auch die Habilita-
tion von Peter Oberender betreut hatte. Nach einem Blick auf die
heutige globale Wettbewerbsordnung legte Professor Schüller den Schwerpunkt des Vortrags auf Verfälschungen des internationalen Wettbewerbs – einerseits durch den autoritären Kapitalismus, andererseits durch den Wohlfahrtsstaat. Er plädierte für ein Umlenken. Wenn sich Unternehmen stärker mit dem autoritären Kapitalismus auseinandersetzen würden, käme dies auch der Sicherheit in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen zugute. Der Vortrag endete mit dem Fazit: „Es ist noch nie gelungen, mit schlechter Ökonomie gute Politik zu machen“.
Prof. Dr. Martin Leschke (Universität Bayreuth) stellte den „Homo Oeconomicus und seine Herausforderungen“ in den Mittelpunkt seines Vortrags. Seine pragmatische Schlussfolgerung lautete: Der
Homo Oeconomicus sei zwar ein Modell, das bei einem komplexen Lern- und Anpassungsverhalten an seine Grenzen stoße. Doch bei allen Vereinfachungen und Unzulänglichkeiten reiche dieses Modell in den meisten Fällen aus, elementare wirtschaftliche Zusammenhänge in der Theorie zu beschreiben.
Einen Bogen zum Gesundheitswesen schlug Prof. Dr. h. c. Herbert Rebscher (Vorstandsvorsitzender DAK) in seinem Vortrag „Die Rolle der Kassen im Wettbewerb“. Nach einem Hinweis auf die starke Konzentrierung der Gesundheitsausgaben („20% der Menschen binden 80% der Leistungen“), ging er zunächst auf die Frage ein, was unter Effizienz im Gesundheitswesen zu verstehen sei und wie sie mit der richtigen Methodik gemessen werden könne. In diesem Zusammenhang bewertete er das selektive Kontrahieren als ein sinnvolles, wenn auch nicht allgemeingültiges Instrument. Abschließend stellte er die These zur Diskussion, dass aufgrund der eingeschränkten Handlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung der Risikostrukturausgleich aus Wettbewerbssicht sinnvoll sei.
„Wettbewerb im Gesundheitswesen: Was lässt sich übertragen?“ – unter dieser Leitfrage stand der Vortrag von Prof. Dr. Dirk Sauerland (Universität Witten-Herdecke). Ein funktionsfähiger Wettbewerb im Gesundheitssystem benötige adäquate Rahmenbedingungen, aber das SGB V (Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) sei faktisch wenig wettbewerbsorientiert. Aus empirischen Studien gehe klar hervor, dass vorhandene Qualitätsinformationen nicht die gewünschte Resonanz erhielten, weil sie nicht hinreichend verfügbar und schlecht aufbereitet seien. Professor Sauerland plädierte für einen Qualitätswettbewerb mit messbaren und patientenorientierten Qualitätsdimensionen. Kliniken mit einem guten Qualitätsmanagement würden auch Patienten aus einem weiteren räumlichen Umkreis für sich gewinnen können.
Prof. Dr. Frank-Ulrich Fricke (Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg) rundete das Kolloquium ab mit einem Referat über „Gesundheitsökonomie zwischen Theorie und Praxis“. Nach einem kurzen Überblick zum Thema Gesundheitsökonomie befasste er sich insbesondere mit der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln und Therapien. Darüber hinaus erläuterte er die gesetzlich verankerten Leistungsausschlüsse. Er setzte sich insbesondere mit der Frage
auseinander, ob Vorsorgeuntersuchungen notwendig seien, die grundsätzlich auf freiwilliger Basis bestehen, aber auch leistungs-
einschränkend wirken können.
Zum Abschluss bedankte sich Professor Oberender für die fachlich kompetenten Vorträge und die persönlichen Worte. Er betonte, dass es immer Aufgabe der Wissenschaft sein müsse, klar Stellung zu beziehen, ohne sich dabei von der Politik beeinflussen zu lassen. Auch er machte sich das Fazit zu eigen, das Professor Schüller in seinem Eröffnungsvortrag gezogen hatte: „Es ist noch nie gelungen, mit schlechter Ökonomie gute Politik zu machen.“
Das gesamte Wissenschaftliche Kolloquium war von einer festlichen Atmosphäre geprägt. Dazu trug nicht zuletzt die Festschrift bei, die dem Jubilar im Rahmen der Veranstaltung von seinem ersten Doktoranden Dr. Georg Rüter überreicht wurde. „Gesundheitsökonomie und Wirtschaftspolitik, Festschrift zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Oberender“ lautet der Titel des Bandes, herausgegeben von Georg Rüter, Patrick Da-Cruz und Philipp Schwegel (Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbh Stuttgart 2011). Doktoranden, Weggefährten und Mitstreiter von Professor Oberender haben, aus ihren vielfältigen beruflichen Erfahrungen und fachlichen Kompetenzen heraus, Beiträge zu der Festschrift beigesteuert.
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