Klinikum Bayreuth: Studie zu COVID-19 – Überleben in Deutschland

Prof. Dr. med. Jörg Reutershan: Ergebnisse im Klinikum Bayreuth können sich sehen lassen

COVID-19. Jeder hat die Bilder aus Italien oder den USA im Kopf. Jeder denkt an knappe Kapazitäten im Gesundheitswesen, die ein (Über-)leben entscheidend mitbestimmen. „In Deutschland haben wir diese Szenarien nicht erlebt. Die Pandemie hat Ärzten und Pflegepersonal Enormes abverlangt, aber zum Glück nicht die Entscheidung, wem geholfen werden kann“, sagt Prof. Dr. med. Jörg Reutershan, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Klinikum Bayreuth GmbH, und verweist auf eine aktuelle Studie, die sich mit den Überlebensraten bei COVID-19-Patienten in deutschen Krankenhäusern beschäftigt.

Die Studie befasst sich mit dem rein medizinischen Krankheitsverlauf von COVID-19 und wertet Patientendaten von 10.000 stationären Patienten aus 920 Krankenhäusern aus. „Das war in Deutschland möglich, da es hier – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – zu keiner Zeit einen Engpass bei der  apparativen Ausstattung, den Bettenkapazitäten auf Intensivstationen oder dem ärztlichen und pflegerischen Personal gegeben hat“, erklärt Reutershan. Jeder Patient habe jederzeit die bestmögliche medizinische Versorgung erhalten können.

Was die Studie, die in dieser Woche in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet Respiratory Medicine“ erschienen ist, damit indirekt sagt: Dem deutschen Gesundheitssystem wurde zwar einiges abverlangt, aber es hat der Herausforderung standgehalten. „Diese Beobachtung kann ich auch für uns hier in Bayreuth unterschreiben“, sagt Reutershan.

Die Zahlen der Studie zeigen deutlich: COVID-19 auf die leichte Schulter zu nehmen, wäre fatal. „Die Erkrankung stellt eine relevante intensivmedizinische Herausforderung dar“, sagt Reutershan. In deutschen Krankenhäusern wurden laut Studie überwiegend Patienten mit schweren Krankheitsverläufen behandelt. Viele mussten beatmet werden. Die Beatmungsdauer lag dabei mit mehr als 14, teils sogar mehr als 21 Tagen, deutlich über der einer „gewöhnlichen“ Lungenentzündung. Deutschlandweit sind 22 Prozent der Patienten, die stationär in Krankenhäusern wegen COVID-19 behandelt wurden, gestorben. Männer dabei häufiger als Frauen. Bei den beatmeten Intensivpatienten war es mit 53 Prozent mehr als die Hälfte und für Senioren jenseits der 70 und 80 Jahre steigen die Zahlen auf 63 beziehungsweise 72 Prozent. Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck minderten die Überlebenschancen ebenfalls deutlich.

Im Klinikum Bayreuth wurden knapp 40 der insgesamt mehr als 150 stationären COVID-Patienten auf der Intensivstation behandelt. „Die meisten mussten aufgrund des schweren Krankheitsverlaufs teils über viele Tage und Wochen beatmet werden und benötigten zusätzlich ein externes Lungenersatzverfahren (ECMO), das die Funktionen der Lunge zeitweise übernimmt und sie so entlastet.“ Neun der Intensivpatienten verstarben – nach den Erkenntnissen der Studie damit relativ gesehen deutlich weniger als in Gesamtdeutschland.

„Es war ein immenser logistischer, medizinischer und vor allem auch persönlicher Kraftakt für alle Kolleginnen und Kollegen, die sich rund um die Uhr für unsere Patienten eingesetzt haben. Aber es hat sich gelohnt. Wir sind stolz auf diese Leistung, insbesondere vor dem Hintergrund der jetzt veröffentlichten Daten für ganz Deutschland“, sagt Reutershan.

Die Studie finden Sie im Internet unter:

https://www.thelancet.com/journals/lanres/article/PIIS2213-2600(20)30316-7/fulltext