Aus der Gaustadter Leserpost: „Schildawald“

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Als ich am Sonntag, dem 12. Juli, die Strecke Würzburger / Buger Straße entlangfuhr, hatte ich wieder einmal Gelegenheit, die Kreativkünste der Bamberger Verkehrslenkung zu bewundern. Leider war mir nicht möglich, die Situationen abzulichten. Zwei baustellenbedingte Engstellen betrafen nur den Geh- und Radwegbereich. Eine war mit dem Verkehrszeichen 240 (gemeinsamer Geh- und Radweg), eine mit Zeichen 241 (getrennter Rad- und Gehweg) beschildert. Es war somit Radwegbenutzungspflicht angeordnet. Doch unter beiden Verkehrsschildern hing das Zusatzzeichen: „Radfahrer absteigen“.

Es ist ein mit Fahrbahnverbot verbundener, benutzungspflichtiger Sonderweg für den Radverkehr angeordnet. Das ist laut Straßenverkehrs-Ordnung innerorts nur zulässig, wenn so eine in der Örtlichkeit begründete, das allgemeine Maß erheblich übersteigende Gefahr entschärft wird. Doch die Behörde hält diese, ihre eigene Anordnung für so gefährdend, daß sie mittels Zusatzzeichens von der Befolgung ausdrücklich abrät.

Tatsächlich ist der Radweg – schon ohne Baustelle – hochgefährlich und hat in der Vergangenheit zu schweren, auch tödlichen Unfällen geführt. Abbiegende Kraftfahrer haben schlicht die Vorfahrt des Radverkehrs mißachtet – der Hauptgrund, weshalb die Radwegbenutzungspflicht als generelle Regel vor mehr als zwanzig Jahren gestrichen, ihre begründete Anordnung im Einzelfall an strenge Voraussetzungen geknüpft worden war. Die meisten Verkehrsbehörden, auch in und um Bamberg, mißachten diese Rechtslage bis heute.

Einschub:

Voraussetzung für Abbiegerunfälle sind Radverkehrsanlagen, die den Radverkehr rechts von Rechtsabbiegern führen. In den 177 Fällen von tödlichen innerstädtischen Abbiegerunfällen die sich laut der Statistik auf https://radunfaelle.wordpress.com/radwege-radeln-im-toedlichen-winkel/ in den letzten 5 Jahren ereigneten, fanden 174 mit Radwegnutzern statt. Dagegen gab es im gleichen Zeitraum nur 11 tödliche innerstädtische ‚Überholunfälle‘. Dieser Unfalltyp wird aber üblicherweise als Begründung für ‚sichere Radverkehrsanlagen‘ genutzt“ (taz.de/Verkehrstote-auf-deutschen-Strassen/!5499021&s=kanefendt/).

Was können, was sollen betroffene Radler an den beschriebenen Engstellen tun?

Sie können durch die Engstelle radeln. Das ist nicht buß- oder verwarnungsgeldbewehrt, setzt sie aber dem Risiko aus, im Schadensfall ein Mitverschulden zugerechnet zu bekommen. Denn sie haben die behördliche Warnung, welche das Zusatzschild beinhaltet, ignoriert.

Sie können absteigen und schieben. Auf Grund der Engstelle ist §25, Abs. 2, der StVO zu beachten: „Wer zu Fuß geht und Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführt, muss die Fahrbahn benutzen, wenn auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen andere zu Fuß Gehende erheblich behindert würden.“

Warum aber sollen sie dann nicht auf der Fahrbahn fahren dürfen? Das könnte – neben aggressivem Verhalten so mancher Autofahrer – möglicherweise zu endlosen Diskussionen mit Polizeibeamten führen. Schließlich stellt sich schon die Frage, ob die mittels Zusatzzeichens behördlich ausgesprochene Warnung vor dem Radweg nicht ohnehin die von derselben Behörde angeordnete Benutzungspflicht außer Kraft setzt.

Als Fazit bleibt: Behördliche Schlamperei und Denkfaulheit setzen Radfahrer einer unklaren Rechtslage aus – ein leider nur allzu häufiger Vorgang.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig