Beko BBL zeichnet Bamberger Jugendförderung aus

Interview mit Wolfgang Heyder und Mirko Petrick

Das Jugendförderprogramm der Brose Baskets gehört zu den besten der Beko BBL. Die Basketball Bundesliga honoriert die Bamberger Arbeit mit 17.500 Euro. Nur Berlin liegt vor den Brose Baskets. Bewertet für die Vergabe des Preises für die beste Nachwuchsarbeit wurden Faktoren wie Aktivitäten an und mit Schulen, die schulische Betreuung, der sportliche Unterbau in den Klubs mit Jugendmannschaften, das Engagement in der Aus- und Fortbildung von Jugendtrainern, die Qualität und Quantität der Jugend-, Athletik- und Individualtrainer, die sportmedizinische Begleitung von Nachwuchsspielern, Hallenressourcen und das Vorhandensein eines möglichst hochklassig agierenden zweiten Seniorenteams.

Während das Bamberger Programm überall Spitze ist, bleiben die Hallenressourcen ohne eigenes Trainingszentrum für Bamberg eine schwere Hypothek. „So wie es jetzt ist, können wir in diesem Bereich nicht mit anderen Spitzenprogrammen mithalten“, kommentiert Brose Baskets Manager Heyder die Auszeichnung.

Unterstützung bekommt er unter anderem von DJK-Damen Coach Steffen Dauer: „Ganz aktuell wird deutlich, wie dringend wir in Bamberg ein Trainingszentrum brauchen. Dass beispielsweise die Dreifachhalle der Wirtschaftsschule bis in den November hinein renoviert wird, und nicht im Juni und Juli, wenn sowieso mehr Leerstand in der Halle ist, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. An eine geregelte Saisonvorbereitung für uns ist so nicht zu denken. Für uns ein untragbarer Zustand.“ Insgesamt sind allein fünf Teams des Fördervereins Basketball Bamberg e.V. und von Franken1st direkt von den Umbaumaßnahmen betroffen.

Trotz der Hindernisse freut sich der Club über die Auszeichnung. Sportkoordinator Volker Stix sagt: „Das ist die Belohnung für unsere jahrelangen Bemühungen um die Jugendarbeit im Raum Bamberg und die konstant hervorragende Arbeit unserer Jugendtrainer, allen voran Mirko Petrick und Florian Gut, es ist aber auch eine Auszeichnung für unsere zahlreichen Kooperationspartner auf Vereinsebene.“

Standortfaktor Basketball!

Der Anlass könnte kein besserer sein: Zum Auftakt des Playoff-Finales der Brose Baskets am Sonntag überreicht Beko BBL Geschäftsführer Jan Pommer den mit 17.500 EUR dotierten zweiten Beko BBL Nachwuchspreis an die Brose Baskets und zeichneten das Bamberg Basketballprogramm für seine hervorragende Jugend- und Nachwuchsarbeit aus. Brosebaskets.de sprach mit Mirko Petrick und Wolfgang Heyder über das Jugend- und Nachwuchskonzept der Brose Baskets.

? Herr Heyder, die Brose Baskets wurde von der Beko BBL mit 17.500 EUR für ihre hervorragende Jugendarbeit ausgezeichnet. Sie engagieren sich nun schön über viele Jahre hinweg massiv in der Jugendarbeit und Nachwuchsförderung? Lohnt sich das eigentlich?

Heyder: Wenn man Jugendarbeit rein kaufmännisch betrachtet und vor allem bewertet, sicher nicht. Das ist aber auch nicht unser Hauptanliegen. Insofern tut uns die Finanzspritze von 17.500 EUR schon richtig gut. Bamberg ist eine Basketballhochburg. Ein Vermächtnis das wir pflegen wollen, pflegen müssen. Und dazu gehört eine nachhaltige Jugendarbeit. Dafür übernehmen wir Verantwortung. Alles andere wäre grob fahrlässig, denn nirgendwo sonst in Deutschland, wenn nicht sogar europaweit, gibt es derartige tiefe Verwurzelung des Basketballsports in der Gesellschaft, also bei den Bürgern dieser Stadt und deren unmittelbaren Umgebung. Das ist ein Standortfaktor! Jeder, ob groß, ob klein, ob jung, ob alt, ist hier irgendwie mit dem Basketball verbunden. Das ist in erster Linie einmal sehr erfreulich und einzigartig. Und dieses Vermächtnis muss man pflegen und weitertragen. Andererseits müssen wir das Jugend- und Nachwuchsprogramm auch irgendwie finanzieren. Ohne Geld, geht da auch nichts. Dabei hilft uns der Förderverein Basketball Bamberg und wir nutzen natürlich die umfangreichen Jugendevents wie etwa die Basketballcamps dazu, die Brose Baskets zu vermarkten. Denn sie sind der Magnet und machen die Faszination des Bamberger Basketballprogramms aus. Und davon profitieren dann wiederum das Jugendkonzept und natürlich auch die Brose Baskets. Ein Win-Win Situation, die für alle Beteiligten nur positive Effekte erzeugt.

? Als Manager einer Basketballorganisation werden Sie am Erfolg gemessen. Im Profi-Bereich sowieso, aber auch im Jugendbereich zählen ja eigentlich nur Erfolge. Wie sehen Sie das?

Heyder: Das ist nicht unsere, das ist meine Philosophie von Jugendarbeit. Ganz und gar nicht. Grundsätzlich trennen wir im Jugendbereich zwischen Leistungsteams und Breitensport. Uns geht es darum, Strukturen aufzubauen, um den Basketball als Breitensport auf stabile Beine zu stellen. In der Basis besteht da noch enormer Nachholbedarf. Hier geht es um Spass am Sport und um Identifikation. Und hier leisten wir viel mit den Schul AGs, den Schulligen, der Ballschule aber auch mit Vereinskooperationen viel Arbeit. Aber natürlich spielt auch der Jugendleistungsbereich eine wichtige Rolle. Primäres Ziel der Teams ist es jedoch nicht, Titel zu gewinnen. Wir wollen Spieler nachhaltig ausbilden und sie zu Persönlichkeiten formen. Basketball spielt die eine Hauptrolle, die Schule die andere.

? Wie sonst bewerten Sie dann den Erfolg Ihre Jugend- und Nachwuchskonzeptes?

Heyder: Nochmals: Jugendtitel sind nicht unser Hauptansporn, sondern planvolle Ausbildung. Es bringt nichts, wenn ein talentierter Jungspieler im Alter von 16 oder 17 seinen sportlichen Höhepunkt erreicht und dann ausgebrannt ist. Denn eigentlich wollte er ja Profi werden. Ich denke mit Steffen Hamann und Karsten Tadda sind zwei Profis aus dem Bamberger Nachwuchsprogramm hervorgegangen, die für unsere Vorstellung von Nachwuchsarbeit sprechen. Und auch Tibor Pleiss, Philipp Neumann und Maurice Stuckey haben sich für Bamberg entschieden und nicht für ein anderes Nachwuchsprogramm.

? Mirko Petrick, für Sie als hauptamtlicher Jugendtrainer der Brose Baskets eine klare Vorgabe. Was bedeutet das für ihre praktische Arbeit?

Petrick: Basketballerisch verfolgen wir ein klares Konzept. Das zieht sich von der U10 bis hinauf zum Profiteam durch. In wöchentlich stattfindenden Coaches Meetings, an denen auch Brose Baskets Head Coach Chris Fleming sowie Arne Woltmann und Stefan Weissenböck teilnehmen, werden Ausbildungselemente und Trainingspläne in direkter Absprache definiert. Für die praktische Umsetzung sind dann die Jugend Coaches verantwortlich.

? Wie muss man sich das Konzept, von dem Wolfgang Heyder spricht, in der täglichen Trainingsarbeit vorstellen?

Petrick: Aus dem Breitensportbereich sichten wir über unsere Vereinspartner- und U10-Patenschaften frühzeitig Talente und führen die, in Absprache mit den Eltern, an den Leistungsbereich heran. Da ist schon früh erkennbar, worin das Mädel oder der Junge gut ist und wo es noch Nachholbedarf gibt. Und dann arbeiten wir mit den Kindern und versuchen ihnen unsere Version des Basketballspiels näherzubringen. D.h. Individualtraining, Athletiktaining, Teamplay, Verteidigung und Disziplin. Dazu bieten wir im Leistungsbereich über die Strukturen der Brose Baskets eine professionelle medizinische Versorgung und unterstützen die Jungspieler, wenn erforderlich, auch auf der schulischen Ebene mit Nachhilfen und Terminplanung, falls sich Spiele oder Meisterschaft mit wichtigen Schulterminen überschneiden.

? Das hört sich ja nicht gerade nach Spaß an.

Petrick: Auf den ersten Blick sicher nicht. Aber die Mädels und Jungs sind, egal in welcher Leistungsstufe, mit Leidenschaft dabei. Und das zeigt uns, dass wir und vor allem unsere Trainer vieles richtig machen.

? Sie sind nicht auf Titel aus, d.h. kommt der Erfolg von alleine, Mirko?

Petrick: Es ist ja nicht so, dass wir im Jugendbereich so vor uns hintrainieren und die Gaudi im Vordergrund steht. Die Nachwuchsteams arbeiten hart, weil sie das wollen. Sie wollen gut sein und besser werden. Und alle Teams haben eine sehr erfolgreiche Saison hinter sich. Ob NBBL Team, das Vizemeister wurde, oder WNBL Team, die bei den „Deutschen“ Bronze holten oder die JBBL Mannschaft, zu der immerhin vier DBB-Nationalspieler in der U16 Altersklasse gehören: Man sieht, wir arbeiten schon sehr leistungsorientiert, wenngleich wir diesen Erfolg nie an Titeln messen. Damit übt man unserer Meinung nach viel zu viel Druck auf die jungen Spieler aus. Wenn wir nur auf Jugendtitel aus wären, dann würden wir uns für Geld talentierte und basketballerisch vielleicht viel reifere junge Spieler aus dem Ausland oder gar aus den USA holen. Aber das ist nicht unser Ziel. Wir wollen eigene Spieler vom Basketballstandort Bamberg und aus der Region ausbilden. Auch unsere U14 vom Kooperationspartner TTL Bamberg, die es bis ins Final Four um die Deutsche Meisterschaft geschafft, hat, besteht beispielsweise ausnahmslos aus Spielern aus Bamberg und Umgebung.

? Herr Heyder, wo sehen Sie die Franken 1st Jugendteams im internationalen Vergleich?

Heyder: Ich denke, wir in Bamberg haben im internationalen Vergleich enorm aufgeholt. Das sieht man an den internationalen Turnieren, an denen wir mit den Franken 1st Teams teilgenommen haben. Von der U13 bis zu U19 waren wir auf internationalen Turnieren in Wien, Lugano, Poßen oder Manchester am Start und haben uns dort mit den starken Jugendteams gemessen Dabei sind wirklich sehr gute Ergebnisse herausgekommen. Und das gegen Mannschaften aus ausgesprochenen Basketballländern wie etwa Spanien, Griechenland, Kroatien, Serbien oder Italien, in denen Basketball auch im Jugendbereich, einen weitaus größeren Stellenwert hat, als etwa in Deutschland. Und auch im Bereich der Jugendnationalmannschaften sind wir sehr gut mit Spielern, wie Philipp Neumann, Johannes Richter, Philipp Daubner im Nationalkader der U19, die diesen Sommer an der EM teilnehmen oder Dino Dizdarevic, Terry Thomas, Christoph Wolf, die zum U16 Nationalkader gehören, vertreten. Nicht zu vergessen Felix Nüske, der im Kader der U15 ist. Alles Spieler aus dem Bamberger Programm, die Teil des deutschen Aufschwungs im internationalen Jugendbasketball sind.

? Wie sieht’s bei den Mädchen bzw. bei den Damen aus?

Heyder: Hier haben wir mit Alina Hartmann die zur Zeit wohl talentierteste Nachwuchsspielerin in Deutschland im Programm. Ein echtes Eigengewächs, auf das wir wirklich sehr stolz sind. Alina spielte ja bereits in der vergangene Saison in der WNBL als auch in 2. DBBL Süd und hat dort einen Riesen Schritt nach vorne gemacht. Sie ist mit gerade mal 15 Jahren Meister in der 2.DBBL Süd geworden. Das ist schon ein großer Erfolg. Und im Sommer fährt Alina zur U16 EM nach Rumänien und wird dort sicher eine wichtige Rolle im DBB Team einnehmen.

? Und so ganz nebenbei und beinahe unbemerkt hat die U18 den deutschen Jugendpokal gewonnen?

Mirko Petrick: Richtig. Dass die Jungs im Halbfinale Ludwigsburg, die mit dem besten Team – u.a. mit dem BBL Spieler Bekteshi – angetreten sind geschlagen haben, war schon eine klasse Leistung.

? Kommen wir zurück zu Basketball als Breitensport: Wie sehen Eure Maßnahmen da aus? Was habt ihr im Breitensport unternommen?

Mirko Petrick: Hier suchen wir einerseits den Kontakt mit den Schulen in Bamberg und der Region. Wir haben arbeiten mittlerweile mit über 60 Schulen zusammen, in die wir hineingehen und dort Basketballunterricht, Ballschule oder etwa die Schulliga durchführen. Andererseits such wir natürlich auch den Kontakt mit den Sportvereinen und wollen durch Partner- und Patenschaften die Basketballvereine und –abteilungen in den Clubs so weit wie möglich unterstützen, den Austausch fördern und beispielsweise mit Coach Clinics wertvolles Trainings-Know-How an die die Jugendtrainer draussen in den Vereinen weitergeben. Dazu gehört aber auch, mal die Jugendteams zu Spielen der Brose Baskets einzuladen, mal ein paar Fanartikel von den Brose Baskets vorbeizubringen oder mal `nen Satz Trikots zu sponsern. Die Kids freuen sich einfach riesig über solche Gesten.

? D.h., wenn Sie mit den Vereinen zusammenarbeiten, setzten Sie auch auf das Ehrenamt?

Heyder: Keine Frage. Ohne Ehrenamt geht nichts. Ob in den Vereinen mit denen wir im Jugendbereich kooperieren oder in unserer eigenen Organisation: Auch wir sind aufs Ehrenamt angewiesen. Hunderte von Volonteers, Praktikanten oder FSJler arbeiten hinter den Kulissen für den Erfolg des Programms. Dass wir heute in Bamberg dort stehen wo wir stehen, ist ohne das Engagement der – im positiven Sinne – vielen Basketballverrückten nicht möglich. Es fängt bei den Eltern an und hört beim Hausmeister in den Hallen auf. Alle ziehen an einem Strang und setzten sich in ihrer Freizeit für das große Ganze ein. Das ist gar nicht hoch genug einzuschätzen und dafür gebührt diesen Menschen größter Respekt und Dank.

? Mirko, wie sieht die Zukunft des Jugendkonzeptes aus. Was habt ihr für die kommende Saison in de Planung?

Mirko Petrick: Wir haben mit unserem Basketball-Internats-Modell der „Jugend- WG“ wirklich super Erfahrungen gemacht. Die Nachwuchsspieler der WG haben sich prächtig entwickelt. Aus diesem Grund suchen wir im Leistungsbereich weitere ambitionierte Talente, um dann mit denen eine zweite Jugend-WG zu eröffnen, in der wir die Spieler sowohl sportlich und schulisch optimal betreuen können. Im Breitensport werden wir mit unserem Sponsor REWE versuchen die enorme Nachfrage nach dem Gesundheitstag-Konzept zu befriedigen und im nächsten Schritt diese Schulveranstaltung in Nordbayern weiter etablieren. Dazu werden auch weitere Kooperationen mit Vereinen und Schulen kommen. Er kürzlich haben wir ja mit der Spvgg Roth im Nürnberger Raum einen weiteren Kooperationspartner gewinnen können. Und hier werden wir auch weiterhin aktiv sein. Mit der großen Unterstützung der Volks und Raiffeisenbanken in der Region können und werden wir auch das Schulliga-Projekt weiterführen.

? Wolfgang Heyder, Mirko Petrick, vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Jochen Zerbes.