Sonntagsgedanken: „Wir ziehen hinauf nach Jerusalem“

Symbolbild Religion

Evangelium nach Lukas Kap. 18 V. 31 – 43, Teil II

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Der Bettler aus unserer Geschichte lässt sich nicht abspeisen mit salbungsvollen Worten, mit ein paar Münzen. Er kämpft gegen sein Schicksal an, er stumpft nicht ab. Doch die Jünger reagieren so wie auch wir, wenn die sozialen Außenseiter, Obdachlose, Asylbewerber, sich energisch bemerkbar machen. Man hält ihnen Undankbarkeit vor, verweist auf die wirklich umfangreichen Hilfsmaßnahmen unseres Staates, fühlt sich peinlich berührt. Der Anblick eines solchen Menschen könnte uns ja daran erinnern, wie zerbrechlich unser eigener Wohlstand, unsere Gesundheit, unsere Familien sind.

Jesus aber geht nicht gleichgültig an ihm vorüber, er hält auch keinen Vortrag über den Sinn des Leidens, über die Ursachen der gesellschaftlichen Probleme, sondern wendet sich ihm persönlich zu mit der merkwürdig klingenden Frage: „Was willst Du?“ Natürlich will er gesund werden, um wieder wer zu sein, um wieder dazuzugehören, um das Stigma des armen Tropfes los zu werden. Daneben gibt es freilich immer auch Leute, die sich in dieser Rolle wohl fühlen, die gern auf Kosten der Allgemeinheit leben, um so keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen zu müssen.

So wie der Bettler halten auch wir Jesus oftmals nur für den Erfüller unserer Wünsche, ja Religion ist für den Durchschnittsmenschen ein Geschäft: man glaubt so einigermaßen an Gott, hält sich mehr oder minder an die Gebote, verlangt dann aber auch eine göttliche Gegenleistung. Ansonsten wendet man sich verletzt ab. Natürlich dürfen und sollen wir mit unseren Sorgen und Nöten zu Christus kommen.

Diese Geschichte zeigt aber in erster Linie, worum es beim Glauben wirklich geht: Glauben heißt, ganz auf Christus zu vertrauen, alles von ihm zu erwarten, sich ganz ihm anzuvertrauen. Sind wir dazu wirklich bereit oder ist Jesus für uns nur ein Notnagel, eine Rückversicherung in den dunklen Stunden, wo die eigenen Kräfte versagen?

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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de

Infos zu Christian Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
  • Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
  • Promotion zum Dr. theol. 1995
  • Ordination zum ev. Pfarrer 1996
  • Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
  • seither in Neustadt/Aisch
  • blind