Positionspapier der Wirtschaftsjunioren Kulmbach zum Uni-Campus Kulmbach
Steigert der Campus die Attraktivität des Standorts Kulmbach oder ist Standortattraktivität vielmehr Voraussetzung für ein funktionierendes Campuskonzept?
Seit einigen Monaten ist der Campus der Universität Bayreuth in Kulmbach in aller Munde. Überschriften wie „Kulmbach wird Universitätsstadt“, „Studium in Kulmbach kann 2020 beginnen“, „7. Fakultät der Uni Bayreuth eröffnet – in Kulmbach“ springen uns wöchentlich aus den Zeitungen entgegen. Damit einhergehend wird betont, wie gut der Campus für die Standortattraktivität ist – Kulmbach soll künftig nicht nur die Studentenscharen anziehen, sondern auch Fachkräfte und Arbeitgeber an den Standort locken. Dabei stellt sich uns Wirtschaftsjunioren die Frage, ob der Campus wirklich die Attraktivität des Standorts Kulmbach in diesem Maße steigert oder ob nicht vielmehr die Attraktivität des Standorts Kulmbach die Voraussetzung für ein funktionierendes Campuskonzept bildet?
Die neue Fakultät für Lebenswissenschaften: Lebensmittel, Ernährung und Gesundheit der Uni Bayreuth ist innovativ ausgerichtet. Organisieren sich universitäre Fakultäten bisher um eine Disziplin, so soll der Campus rund um diesen gesellschaftlich relevanten Themenkomplex interdisziplinär aufgebaut werden. In Lehre (Start zunächst mit einem Masterstudiengang), Forschung und Öffentlichkeitsarbeit sollen so drei Themenblöcke bespielt werden:
- Lebensmittelsicherheit
- Öffentliche Gesundheit
- Gesellschaftliches Umdenken
Mit einem Gesamtkonzept, dass sich im Etat über drei Doppelhaushalte erstreckt und, z.B. über die Lebensmittelrechtsakademie, zusätzlich wirtschaftlich relevante Themen aufgreift, ist man langfristig ausgerichtet. Doch um das theoretisch ausgefeilte Konzept auch erfolgreich in die Praxis umzusetzen, müssen noch einige Hürden überwunden werden.
Planungssicherheit
Die erfolgreiche Etablierung einer Universitätsfakultät – und das auch noch bei einem innovativen Konzept wie dem der Fakultät für Lebenswissenschaften – erfordert langfristige finanzielle Sicherheit. Aktuell gibt es diese jedoch nur für je einen Haushalt, so dass die Umsetzung des Konzepts bei jeder Haushaltsentscheidung neu in Frage gestellt werden kann. Die Abhängigkeit von der politischen Unterstützung (und damit von den jeweiligen Mehrheiten) stellt ein erhebliches Risiko dar.
Campusattraktivität und Standortattraktivität
Um den Campus mit Leben zu füllen, müssen Studenten, wissenschaftliche Angestellte und Professoren geworben werden. Hier befindet sich der Campus Kulmbach in gleichem Maße im Kampf um die Fachkräfte wie Unternehmen der freien Wirtschaft. Ein innovatives Arbeits- und Lehrkonzept reichen dabei nicht aus, um den Standort Kulmbach attraktiv zu gestalten. Ein Bibliotheks- oder Mensakonzept gehören ebenso dazu wie die Bereitstellung von zukunftsfähigen Verkehrslösungen, attraktivem Wohnraum und ausreichend KITA-/Kindergarten- oder Schulplätzen. Und dann wäre da noch die Herausforderung der sogenannten Dual Career. Wo kommen Partner/Partnerinnen unter, wenn beide eine Karriere anstreben und dann womöglich auch noch im Wissenschaftsumfeld? Welche Unterstützungsmöglichkeiten kann die Region bieten, z.B. über die Zusammenarbeit in regionalen Netzwerken oder über Dienstleistungspartner?
Das Henne-Ei-Problem bleibt also: Der Aufbau des Campus kann nur Hand-in-Hand gehen mit weiteren Maßnahmen zur Förderung der Standortattraktivität, um Kulmbach für Studenten, aber auch grundsätzlich für Arbeitnehmer und Nachwuchskräfte attraktiver zu machen. Schließlich bietet unser Landkreis wirtschaftlich viel mehr als „nur“ die Unternehmen aus dem direkten thematischen Umfeld der Lebenswissenschaften. Die Wirtschaftsstruktur ist breit gefächert – vom Maschinenbau über die Kunststoffverarbeitung, Textilien, technische Textilien, Vliesstoffe, Keramik und technische Keramik, elektronische und optische Erzeugnisse, Medizintechnik und Automotive ist in Kulmbach und den angrenzenden Landkreisen alles vertreten. Die Anzahl der Hidden Champions im Weltformat ist groß, die Innovationskraft ebenfalls. Ständig werden neue Produkte und Technologien entwickelt, die national und international vertrieben werden.
Und betrachtet werden müssen auch die Risiken. Heute geltende Argumente, wie die hohe Lebensqualität in der Region, können langfristig nur bestehen, wenn wir für den Erhalt und Ausbau dieser Vorteile sorgen. Entsteht beispielsweise eine Verknappung an attraktivem Wohn- und Bauraum, so werden auch die Immobilienpreise steigen. Schaffen wir keine Anreize für den Unterhalt kultureller und gastronomischer Angebote oder unseren Einzelhandel, so werden weitere Gasthäuser und Lokale der Region schließen und die Fußgängerzonen der kleineren Städte verlieren zunehmend an Anziehungskraft.
Abschließend bleibt zu sagen: Der Campus ist aus unserer Sicht eine hervorragende Chance, die wir als Stadt und Landkreis für uns nutzen können und sollten. Jedoch ist es wichtig, den größeren Kontext dieser Aufgabe zu sehen.
Wirtschaftsjunioren Kulmbach
Die Wirtschaftsjunioren (WJ) Kulmbach sind eine Vereinigung von jungen Unternehmern und Führungskräften aus allen Bereichen der Wirtschaft. Die WJ Kulmbach gehören den Wirtschaftsjunioren Deutschland (WJD) an, die mit mehr als 10.000 aktiven Mitgliedern den größten Verband von Unternehmern und Führungskräften unter 40 Jahren bilden. Die Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich in diversen Projekten in den Bereichen Wirtschaft, Politik sowie Bildung und Soziales. Bundesweit verantworten die Wirtschaftsjunioren bei einer Wirtschaftskraft von mehr als 120 Mrd. Euro Umsatz rund 300.000 Arbeits- und 35.000 Ausbildungsplätze. Der Bundesverband WJD ist seit 1958 Mitglied der mehr als 100 Nationalverbände umfassenden Junior Chamber. Mehr erfahren Sie unter www.wjd.de.
Interessierte Unternehmer und Führungskräfte heißen die Wirtschaftsjunioren zu ihren öffentlichen, monatlichen Meetings (Updates) gern willkommen. Alle Termine und weitere Informationen zu dem Verein mit mehr als 30 aktiven und über 20 fördernden Mitgliedern stehen unter www.wj-kulmbach.de zur Verfügung.
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