Leserbrief zur Schließung des Bamberger „Unverpacktladens“
Mein Herz blutet
Es ist schon ein paar Jahre her, da haben wir im Rahmen der Transition-Bewegung zwei junge Damen begleitet, um in Bamberg einen Unverpacktladen zu eröffnen. Es sollte dort möglich sein ohne Plastikverpackung Lebensmittel einzukaufen. So wie es halt früher war und in vielen Ländern noch ist. Angesichts von Mikroplastik in den Mägen der Fische und Plastikverpackungen im Meer, eine zeitgemäße und überfällige, nachhaltige Entwicklung. Mikroplastik ist ja inzwischen schon in der Muttermilch.
Die beiden jungen Frauen sind ausgebildete und kreative Korbflechterinnen, die die komplizierte Ladeneinrichtung wunderschön gestalteten und teilweise selbst herstellten. Der Laden wurde nach jahrelanger Vorbereitung in der Bamberger Luitpoldstraße eröffnet, gegenüber vom Abzweig in die Heiliggrabstraße in Bahnhofsnähe.
Im Reigen der Bamberger Ladengeschäfte ist es ein Pionierladen, der schon allein wegen der erforderlichen Hygiene viel Arbeit macht. Es gibt dort ein kleines Cafe mit täglich wechselndem Mittagsmahl und einzigartigen Nussecken. Alles in Bioqualität. Es ist sympathisch und wird gut angenommen: Coffee to stay! Nicht zu vergessen die gepflegten Toiletten, die mann und frau auch freundlich nutzen dürfen, wenn sie nix kaufen. Das ist eine große Hilfe für die nahen SelbsterntegärtnerInnen.
Und es gibt dort den wunderbaren Käse aus Ebrach. In mehreren Sorten.
Ende November 2024 soll dieses Kleinod schließen. Die Ladnerinnen sind älter geworden, haben Kinder und so nebenbei lässt sich das alles nicht erledigen.
Wenn wir uns in der Bamberger Ladenwelt, besonders in der Luitpoldstraße umsehen, wie viele deutsche, innovative Qualitätsläden haben in den letzten Jahren eröffnet?
Es ist wie bei anderen arbeitsintensiven Berufen, wie den Bauern und den Gärtnern und in der Gastronomie: Es gibt durchaus Konzepte, die die viele Arbeit auf mehrere Schultern verteilen, so dass niemand zusammen bricht und alle Freude daran haben, den Mitmenschen durch ihr Tun Lebensqualität zu bieten. Als Bamberger Beispiele dienen die Solawi, die solidarische Landwirtschaft, die inzwischen 120 Familien mit biologischem Gemüse ernährt und Carsharing, das fast eine halbe Million Euro im Jahr umsetzt und seit 30 Jahren existiert. Also wirtschaftlich ist das durchaus konstruktiv möglich. Vielleicht können auch die Weinbauern mit ihren Genossenschaften ein Vorbild sein.
Wie kann die Zukunft des Unverpacktladens aussehen? Hier meine Vision:
Mit einem funktionierenden Unverpacktladenkonzept kann ein Meilenstein für die Nahversorgung der Bamberger Gärtner entstehen. Viele Schultern tragen mehr Last gemeinsam. Das sehen wir schon bei den Muttergottesträgern an der Obern Pfarre.
So lasst uns das Eisen gemeinsam schmieden und diesem Pionierladen eine Zukunft geben:
Die Wirtschaftsförderung mit oder ohne Recherche der KI entwickelt ein genossenschaftliches Konzept, vielleicht ähnlich der Süßholzgesellschaft. Das Gründerzentrum bringt sich segensreich ein und unterstützt. In Dresden gibt es eine ganze Kette solcher Direktvermarktungsläden. Die hiesigen Serviceclubs und Bankhäuser bewerkstelligen und offerieren zukunftssichere und ertragreiche Geldanlagen, vielleicht sogar den Anfang einer Lokalwährung.
Die anfänglichen, finanziellen Lücken können Bamberger Stiftungen schließen. Das Zentrum Welterbe managt dies zu einem weiteren Bamberger Modell: Kurze Wege ohne Plastik.
Die Gastronomie verbindet dies – analog zu den Symphonikern, nicht mit einem Dirigentenwettbewerb – sondern mit einem Sternekochwettbewerb der vegetarischen Küche:
„Wenn Du excellent vegan und vegetarisch essen willst, dann musst Du dahin, wo es wächst: Mitten in die Welterbe-Stadt, sogar in Bioqualität: In die tausendjährige Gärtner- und Häckerstadt Bamberg.“
Sicher ergeben sich noch ganz andere wunderwirksame Kooperationen: Gutes Essen brauchen wir immer.
So lasst uns das Eisen gemeinsam schmieden und – wie mit dem Totentanz – eine Gemeinschaftsaktion der Lebensfreude dank lokaler Lebensmittel erschaffen und damit Zukunft generieren und gestalten.
Wenn der Laden erst einmal geschlossen ist und die Ladeneinrichtung zerfleddert, dann ist es viel schwerer. So ein Laden ist eine Existenz, genauso wie die Einrichtung einer Bäckerei. Und wenn wir in die Welt schnuppern, von Autos und Denkmälern… können wir nicht abbeißen und seien sie noch so gut restauriert. Die lokale Lebensfreude und Lebensqualität danken wir besonders unseren Genußhandwerkern, den Gärtnern, den Bäckern, den Metzgern, den Brauern und den Gastronomen.
… Und mein Herz blutet, wenn ich mich frage, wo soll ich denn in Zukunft den guten Ebracher Bergkäse herbekommen.
Maria Wunderlich
Bamberg
Neueste Kommentare