Deutliche Kritik am „Baum des Jahres“: Auszeichnung für Roteiche ist falsches Signal

Amerikanische Roteiche
Amerikanische Roteiche

LBV: Im Klimawandel auf nicht einheimische Baumarten zu setzen, beschleunigt die Krise der heimischen Artenvielfalt

Der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern) kritisiert die Entscheidung, die Amerikanische Roteiche als Baum des Jahres auszurufen. Die Dr. Silvius Wodarz Stiftung begründet ihren Entschluss damit, dass die Baumart ‚besonders gut zur Anpassung an die Herausforderungen des Klimawandels geeignet‘ sei. „Damit wird ein völlig falsches Signal gesetzt“, beanstandet der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. „Im Sinne der Artenvielfalt ist der Umbau naturferner Nadelwald-Monokulturen hin zu artenreichen Laubholzwäldern mit heimischen Baumarten essenziell. Mit der Auszeichnung der Roteiche als Baum des Jahres wird nun allerdings die Bestrebung von Teilen der Forstwirtschaft unterstützt, mit gebietsfremden Baumarten Bestände zu schaffen, die nur noch wenig mit unseren ursprünglichen Waldlebensräumen zu tun haben. Dadurch würde die Krise der heimischen Artenvielfalt weiter verschärft“, so Schäffer weiter. In seinem Schutzgebiet Rainer Wald bei Straubing entfernt der LBV deshalb schon länger Stück für Stück gezielt die dort früher angepflanzten Roteichen.

Für den LBV ist der Umbau der Forste hin zu klimaresilienten Laubmischwäldern zweifellos eine zentrale Aufgabe der Forstwirtschaft. „Unsere einheimischen Baumarten wie die Stiel- und die Traubeneiche bieten hierzu ein hervorragendes Potential, gerade auch im Hinblick auf den Klimawandel. Es ist fatal, wenn nun überhastet auf Baumarten aus anderen Kontinenten zurückgegriffen wird. Die einheimischen, mitteleuropäischen Waldgemeinschaften und Baumarten haben ausreichende Anpassungsfähigkeiten für den Klimawandel“, erklärt Norbert Schäffer. Auch die Bayerischen Staatsforsten setzten übrigens in ihrer Richtlinie auf eine vielfältige Mischung heimischer Baumarten, um die Wälder im Freistaat fit für den Klimawandel zu machen.

Aus Sicht des LBV darf der Umbau der Wälder keinesfalls auf bestimmte Baumarten beschränkt werden, die vermeintlich klimaresilient sind. „Unsere naturnahen Wälder sind über Jahrtausende gewachsene, eingespielte Ökosysteme, die durchaus die Fähigkeiten haben, auf Veränderungen zu reagieren. Arten wie die Roteiche oder auch die Douglasie passen nicht in diese Lebensräume. Letztlich sind Baumbestände mit gebietsfremden Arten nichts anderes als Plantagen, auf denen unsere Waldartenvielfalt keine Chance hat“, ergänzt LBV-Waldreferent Dr. Christian Stierstorfer.

Der LBV sieht Teile der Forstwirtschaft auf dem Sprung, mit dem Argument des Klimawandels unsere natürlichen Waldgesellschaften zu zerstören. „Aus wirtschaftlichen Gründen scheinen Teile der Forstlobby in der Diskussion um den Klimaschutz eine Chance zu sehen, Holzplantagen durchzusetzen. Der relativ gute Zustand unserer Waldartenvielfalt, gerade im Vergleich zu vielen gefährdeten Lebensräumen im Offenland, droht langfristig verloren zu gehen. Die einheimischen Baumarten müssen auch in Zukunft das Fundament unserer Wälder sein. Das war bisher Konsens“, so Stierstorfer weiter.

Hintergrund

Der LBV steht dem Anpflanzen nicht heimischer Baumarten sehr kritisch gegenüber. Grund ist die geringe ökologische Einbindung dieser Arten. Sie sind allenfalls in sehr begrenzter Form als Beimischung zu heimischen Gehölzen akzeptabel, vorausgesetzt, eine Selbstausbreitung und Vermehrung der eingebrachten Arten kann ausgeschlossen werden (kein Invasionspotential). Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) wertet die Roteiche (Quercus rubra) als „invasiv“ und listet die Art in der sogenannten „Schwarzen Liste“ von besonders konfliktbehafteten Baumarten. Die Roteiche wird allenfalls von Generalisten unter den Insekten genutzt, während seltene spezialisierte Insektenarten unsere einheimischen Eichenarten brauchen. Roteichenbestände haben keinen Nutzen für unsere heimische Artenvielfalt genauso wie auch Douglasie und Robinie, die ebenfalls im Zuge des Klimawandels vielfach als vermeintliche Alternative zu heimischen Baumarten propagiert werden. Einheimische Eichenarten, aber auch Rot- und Hainbuchen sowie Tannen sind gute Optionen für die Zukunft. Hinzu kommen Ahorne, Linden oder auch die Elsbeere. Auf großen Kalamitätsflächen können Pionierarten wie Birken oder Zitterpappeln für eine rasche Wiederbewaldung sorgen, und das ohne jegliche Kosten.

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