Sonntagsgedanken: Begegnungen
„Rabbi Mosche Löb erzählte: Wie man die Menschen lieben soll, habe ich von einem Bauern gelernt. Der saß mit anderen Bauern in einer Schenke und trank. Lange schwieg er wie die anderen alle; als aber sein Herz von Wein bewegt war, sprach er seinen Nachbarn an: „Sag du, liebst du mich oder liebst du mich nicht?“ Jener antwortete: „Ich liebe dich sehr.“ Er aber sprach wieder: „Du sagst, ich liebe dich, und weißt nicht, was mir fehlt. Liebtest du mich in Wahrheit, du würdest es wissen.“ Der andere vermochte kein Wort zu erwidern, und auch der Bauer, der gefragt hatte, schwieg wieder wie vorher.
Ich aber verstand: Das ist die Liebe zu den Menschen, ihr Bedürfnis zu spüren und ihr Leid zu tragen.“
Quelle unbekannt
Liebe Freunde,
Lieben sie ihren Partner, Partnerin, Kinder? Ganz bestimmt. Aber wissen wir auch, wie es ihnen wirklich geht? Oft wissen wir es gar nicht so genau. Aber einen Menschen wirklich lieben das bedeutet, wie in der kleinen Geschichte ausgedrückt ist, zu wissen, wie er sich fühlt, ohne groß nachzufragen.
Einen Menschen wirklich lieben das würde doch auch bedeuten, sich mit ihm zu freuen und auch mit ihm traurig zu sein.
Wir werden so oft gefragt und fragen selber: „Wie geht es dir!“, aber dabei ist die Antwort schon im Vorfeld festgelegt: es kann und darf keine andere geben wie. Na, gut.“
Aber es geht oft nicht gut, wirklich nicht gut. Doch das wollen wir oft gar nicht hören oder wahrnehmen. Wenn es dem andere nicht gut geht, dann müsste ich mir ja Zeit für ihn nehmen, ihm wirklich einmal zuhören und mit ihm reden. Dann müsste echte Begegnung stattfinden. Doch unsere Begegnungen geschehen längst nur im Vorübergehen und unser Fragen nach dem Wohlergehen sind inzwischen rein rhetorisch geworden, vielleicht, weil wir gar nicht mehr wüssten, was wir reden oder Fragen sollten. Aber nein, es geht nicht mehr gut, schon lange nicht mehr. Es geht vielen nicht gut, sondern ganz schlecht.
Genau das müsste uns aber interessieren, vor allem wenn wir uns „christlich“ nennen. Solange wir unseren Mitmenschen nicht mehr richtig begegnen, solange es uns nicht interessiert, wie es dem anderen wirklich geht, können wir unsere Gottesdienste besuchen so viel wir wollen, wir werden Gott nicht wirklich begegnen, denn nur in unserem Mitmenschen werden wir ihm begegnen können.
Deswegen wünsche ich Ihnen für alle Begegnungen in dieser Woche, dass es echte Begegnungen sind und sie nicht nur im Vorübergehen geschehen. Ich wünsche Ihnen Begegnungen mit Menschen, die wirklich einmal bei Ihnen Halt machen und sich Zeit nehmen und Ihnen zuhören, die Ihre Lasten und Sorgen mit Ihnen tragen und Ihnen nicht noch mehr auferlegen. Ich wünsche Ihnen so Begegnungen mit einem Engel, also Menschen, die es gut mit Ihnen meinen.
Klaus Weigand
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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand
- Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
- Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
- Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
- Priesterweihe 1998
- Tätigkeiten:
- Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
- Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
- seit 2015 in Heroldsbach und Hausen
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