MdB Johannes Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) aus Coburg äußert sich zur Krankenhausreform

MdB Johannes Wagner © S. Kaminski
MdB Johannes Wagner © S. Kaminski

„Jetzt gibt es für Frau Gerlach und Herrn Söder keine Ausreden mehr!“

Anlässlich der Verabschiedung der Krankenhausreform (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – KHVVG) im Bundestag äußert sich Johannes Wagner, Arzt aus Coburg und Mitglied im Gesundheitsausschuss für Bündnis 90/Die Grünen, wie folgt:

„In Coburg haben wir bereits erleben müssen, was ein kalter Strukturwandel für Kliniken bedeuten kann. Mit der Übernahme von Regiomed durch Sana sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Im schlimmsten Fall hätte die Schließung von Standorten die Folge sein können. Die Insolvenz von Regiomed ist nicht ausschließlich, aber eben auch auf die Fehler im bisherigen Finanzierungssystem zurückzuführen. Eine rein auf Fallzahlen basierende Finanzierung musste irgendwann – die Corona- und Energiekrise wirkten wie Katalysatoren – an ihre Grenzen geraten.

Nach jahrelangem Reformstau ist unser Gesundheitssystem selbst zum Patienten geworden. Der immer dramatischer werdende Fachkräftemangel und wirtschaftliche Fehlanreize haben vielen Kliniken zugesetzt. Darum stellen wir jetzt mit der Reform die Zukunft unserer Krankenhäuser auf sichere Füße und verbessern die Versorgungsqualität. Patientinnen und Patienten werden sich darauf verlassen können, auch in Zukunft zur richtigen Zeit am richtigen Ort bestmöglich versorgt zu werden.

Die Reform stärkt insbesondere kleine Krankenhäuser in ländlichen Räumen – ein Anliegen, für das wir Bündnisgrüne uns besonders stark gemacht haben. Statt einseitig auf Fallpauschalen zu setzen, führen wir ein neues Modell der Finanzierung ein: nicht mehr eine möglichst hohe Zahl von Patientinnen und Patienten steht im Mittelpunkt, sondern die Absicherung von Versorgungsaufgaben wird bezahlt. Mit dem neuen Typus Krankenhaus, den sogenannten sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen, erhält die Gesundheitsversorgung vor Ort ein starkes Zentrum. Ländliche Krankenhäuser haben jetzt als neue sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen (Level 1i) nicht nur eine sichere Zukunft, sondern sind auch ein wichtiger Baustein für die wohnortnahe Gesundheitsversorgung.

Hier sind Kurzzeitpflege, ambulante Behandlungen und kleinere stationäre Eingriffe unter einem Dach vereint. Mit all diesen Maßnahmen sichern wir die Daseinsvorsorge gerade auch in ländlichen Regionen. Hinzu kommt, dass mit dem Gesetz auch kurzfristig auf die finanzielle Situation vieler angeschlagener Kliniken reagiert wird. Kostensteigerungen – vor allem beim Personal – werden nun schneller und vor allem vollständig refinanziert werden. Um die Krankenhäuser auf diesem Weg gut aufzustellen, werden für die Reform für die nächsten zehn Jahre insgesamt 50 Milliarden Euro bereitgestellt. Bisher war im Gesetzentwurf vorgesehen, dass die Mittel zur Hälfte von der Gesetzlichen Krankenversicherung und den Ländern kommen. Hier konnten wir Grüne eine gerechtere Finanzierung erreichen, indem auch die private Krankenversicherung beteiligt wird.

Gesundheit ist unser höchstes Gut. Daher ist es verständlich, dass sich die Menschen um eine gute Gesundheitsversorgung sorgen. Das gilt ganz besonders für Geburtshilfe und Kinderheilkunde, für die wir beste Bedingungen garantieren wollen. Beide Bereiche werden mit der Reform besonders gestärkt: Erstens durch einen zusätzlichen jährlichen Förderbetrag in dreistelliger Millionenhöhe. Zweitens mit einer Regelung, dass pädiatrische Einrichtungen nicht länger finanziell benachteiligt werden, wenn Kinder nach erfolgreicher Genesung früher entlassen werden können und zurück zu ihren Eltern dürfen. Außerdem können sich Kinderkliniken jetzt regelhaft an der ambulanten Versorgung von kranken Kindern und Jugendlichen beteiligen. Das entlastet die Kinderarztpraxen und sichert in unterversorgten Gebieten die pädiatrische Versorgung ab.

Die Krankenhausreform ist absolut notwendig, um die flächendeckende Gesundheitsversorgung abzusichern und unsere Krankenhauslandschaft zukunftsfähig umzubauen. Wir gehen damit die Probleme der Unter-, Über- und Fehlversorgung gleichermaßen an.

Die Kompetenz bei der Krankenhausplanung verbleibt nach wie vor ausschließlich bei den Ländern. Die Reform gibt den Ländern sogar noch deutlich bessere Werkzeuge für ihre Krankenhausplanung an die Hand. Anstatt die bayerische Krankenhauslandschaft aktiv zu gestalten und auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren, hat die Landesregierung sich bislang aus der Verantwortung gestohlen. Dadurch hat sie einen kalten Strukturwandel begünstigt und die Zukunft vieler Standorte aufs Spiel gesetzt. Im Zusammenspiel mit der verschleppten Finanzierungsreform im Bund ist das Gift für viele Krankenhäuser in Bayern.

Mit der Krankenhausreform haben wir als Bundesregierung nun das Heft in die Hand genommen und schaffen die Voraussetzungen für eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung. Jetzt gibt es für Frau Gerlach und Herrn Söder keine Ausreden mehr. Anstatt die Schuld weiterhin in Berlin abzuladen, muss die Landesregierung endlich ihre Hausaufgaben erledigen und anfangen, vernünftig zu planen.“

2 Antworten

  1. Klaus Emmerich sagt:

    Verehrter MdB Johannes Wagner,

    In Ihrem Loblied auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz verschweigen Sie:

    1. Es ist exakt Ziel des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes, Krankenhäuser zu schließen und eben in Sektorenübergreifende Versorgungszentren umzuwandeln, Lauterbach geht davon aus, dass Hunderte Krankenhäuser schließen und bekräftigt dies auch auf der Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums.
    2. Sektorenübergreifende Versorgungszentren stärken ländliche Regionen nicht – sie schwächen sie. Ihnen fehlen:
    – durchgehende ärztliche Anwesenheit
    – Intensivmedizin
    – stationäre Notfallversorgung
    – Schockraum für Wiederbelebung.

    Damit sind Sektorenübergreifende Versorgungszentren für lebensbedrohende Erkrankungen bzw. Verletzungen UNGEEIGNET.

    Schon heute erreichen in 162 bayerischen Postleitzahlregionen die Einwohner kein Allgemeinkrankenhaus mit stationärer Basisnotfallversorgung. Dies wird das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz durch zwangsweise Schließung von Krankenhäusern und Umwandlung in Sektorenübergreifende Versorgungszentren signifikant verschärfen.

    Sie dürfen das gerne nachlesen unter:

    https://www.wiesentbote.de/2024/10/21/interview-krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz-stellt-bayerische-kliniklandschaft-fundamental-in-frage/)

    Und: Wo waren Sie, als sich die Kommunen aus Regiomed zurückzogen und SANA mittelfristig Neustadt bei Coburg schließen wird?

    ES IST EINFACH NUR NOCH ENTSETZLICH!

    Ihr
    Klaus Emmerich
    Bündnis Klinikrettung
    Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern

  2. Klaus Emmerrich sagt:

    Johannes Wagner, Arzt aus Coburg und Mitglied im Gesundheitsausschuss für Bündnis 90/Die Grünen, nicht zur „Rettung von Regiomed“ erwähnt:

    https://www.kma-online.de/aktuelles/klinik-news/detail/regiomed-beantragt-schliessung-vom-krankenhaus-in-neuhaus-52803

    Das Krankenhaus in Neuhaus am Rennweg (Kreis Sonneberg) steht mit seinem Stationsbetrieb offensichtlich vor dem Aus. Der bisherige Betreiber, die insolvente thüringisch-bayerische Klinikgruppe Regiomed, habe die Schließung der kleinen Klinik beantragt, teilte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums auf Nachfrage mit. Sie bestätigte damit einen Bericht der Zeitung „Freies Wort“. Eine Entscheidung dazu gebe es aber noch nicht. Bislang liege noch kein Konzept des Antragstellers für die Zukunft des Standorts vor.

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