Orchidee des Jahres 2025: Die Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha)
Seit über 50 Jahren gibt es die sogenannten „Jahresaktionen“ bei Tieren und Pflanzen. Es begann mit dem Wanderfalken als dem Vogel des Jahres 1971. Es folgten die Blume, das Biotop, der Baum und ab 1989 die Orchidee des Jahres. Sie wird auf dem jährlichen Treffen aller Vorsitzenden der Arbeitskreise Heimischer Orchideen (AHO) in Arnstadt gewählt. Für das Jahr 2025 entschied man sich für die Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha).
So lautet auch der derzeit gebräuchlichste Name in Deutschland. Viele weitere Bezeichnungen entstanden im Volksmund und richteten sich nach unterschiedlichen Kriterien. So gibt es Standort bezogene Namen wie Heideblume, Heidelilie, Waldkönigin oder Waldlilie. Auch die Blütezeit spielt eine Rolle und findet sich in den Namen Kuckucksblume wieder (blüht, wenn der Kuckuck ruft). Der heute gebräuchliche Name Waldhyazinthe bezieht sich auf den starken Duft, der besonders nachts den Blüten entströmt. Weitere Bezeichnungen in diese Richtung lauten: Nachtlilie, Nachtviole, Weißer Nachtschatten, Giftblatt (in früheren Zeiten wurden verschiedene, stark duftende Blumen für giftig gehalten), Wohlriechender Stendel, Vanilleorchis sowie Zimmetblume. Der weit verbreitete Aberglaube, dass Orchideenwurzeln beziehungsweise Orchideenknollen eine aphrodisierende Wirkung haben, findet ebenfalls Eingang in die umgangssprachlichen Namen: Bockshödlein, Bisamknabenkraut, Heiratswurzel, Starkemann oder Stierkraut.
Die Waldhyazinthe hat sich diesen Namen nur „ausgeborgt“. Der auffallende Duft, den die Blütentraube besonders gegen Abend und zur Nacht verströmt, gab dieser Orchideengattung die Bezeichnung Hyazinthe, obwohl sie mit den Pflanzen dieses Namens nicht verwandt ist. Den langspornigen Blüten entströmt untertags ein kaum wahrnehmbarer, wachsartiger Geruch, der zur Dämmerung hin leicht zunimmt, aber selbst bis Mitternacht eine nur mittlere Intensität erreicht. Das Duftbukett lockt vor allem Nachtfalter (Schwärmer, Eulen) zur Bestäubung an. Mit ihren langen Rüsseln ist es diesen Schmetterlingen möglich, an den in den Spornenden befindlichen Nektar zu gelangen. Ähnlich einem Kolibri stehen sie dabei im Schwirrflug vor der Blüte, weil die Lippe den Insekten keinen Landeplatz bietet. Das Fehlen von Landemöglichkeiten schließt andere Nahrungskonkurrenten sicher aus. Da die Klebescheibchen der Pollinien weit auseinander stehen, werden sie den Faltern an die Augen geheftet. Diese Stelle am Kopf der Insekten ist unbehaart, was die Haftung wesentlich erleichtert. Der Abstand zwischen den Klebescheibchen ist genau an die Morphologie des Bestäubers angepasst. Würden sie enger zusammenstehen, kämen sie mit dem Bereich zwischen Augen und Rüssel in Kontakt. Das wäre für den Transport der Pollinien höchst ungünstig, denn diese Zone am Insektenkopf ist behaart und mit Schuppen besetzt, sodass die Klebescheibchen hier nicht oder nur sehr schlecht haften würden.
Die Grünliche Waldhyazinthe gehört in der Fränkischen Schweiz zu den häufigeren Orchideenarten. Sie besiedelt sowohl Magerwiesen wie auch Gebüschzonen und Waldränder. Dabei dringt sie sogar gelegentlich in das Waldesinnere vor, bleibt dann aber meist steril. Hier fallen nur ihre zweiblättrigen Austriebe auf, die oft durch ein drittes Blatt ergänzt werden. Ursachen für eine Gefährdung bestehen in der Eutrophierung von Böden durch Düngereintrag sowie durch die Verbuschung von Magerrasen, die aktuell Einflüsse aus Immissionen fördern. Durch zunehmende Beschattung in Wäldern geht die Art zurück und bleibt überwiegend steril. Eine hinreichende Lichtung und Pflege der verbliebenen Standorte sowie der Erhalt lichter Waldränder kann dieser Gefährdung entgegenwirken.
Adolf Riechelmann
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