IHK Oberfranken in Bayreuth: „Wirtschaft weiter stark unter Druck“
Die oberfränkischen Wirtschaft ist wieder auf Talfahrt. Vor allem die Erwartungen für die kommenden Monate trüben sich spürbar ein, so die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturbefragung der IHK für Oberfranken Bayreuth. Der IHK-Konjunkturklimaindex sinkt um fünf auf 95 Punkte.
Die oberfränkische Konjunktur kühlt sich zum Start in das Winterhalbjahr ab. „Ob Energie- und Rohstoffpreise, die Arbeitskosten oder die überbordende Bürokratie der Standort Deutschland hat sich im internationalen Vergleich in vielen Themenfeldern weit von der Spitze entfernt“, macht Dr. Michael Waasner deutlich, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth. „Sorgen bereitet mir vor allem, dass Zukunftsinvestitionen immer mehr im Ausland erfolgen. Das schwächt den Standort Oberfranken elementar.“ Diese Entwicklungen belasten die regionale Wirtschaft und verhindern die erhoffte konjunkturelle Erholung. In der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK für Oberfranken Bayreuth bewerten 28 Prozent der befragten Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage positiv, 24 Prozent negativ. Der leicht positive Saldo von +4 für die aktuelle Lage verharrt auf dem Niveau der Frühjahrsbefragung.
Sehr unterschiedliche Lagebeurteilung in den verschiedenen Wirtschaftszweigen
Die aktuelle Lagebeurteilung fällt in den einzelnen Wirtschaftszweigen sehr unterschiedlich aus. Während Dienstleistungen, Bau, Einzelhandel und Tourismus ihre aktuelle Geschäftslage im Saldo positiv bewerten, überwiegen in der Industrie und im Großhandel die negativen Stimmen spürbar. „Die einzelnen Wirtschaftszweigen entwickeln sich immer mehr auseinander“, mahnt Wolfram Brehm, Hauptgeschäftsführer der IHK für Oberfranken Bayreuth. „Gerade der wichtigste Arbeitgeber Oberfrankens, die Industrie, steht dabei erneut auf der Verliererseite. Nachdem viele Dienstleister direkt oder indirekt von der Industrie abhängen, droht auch hier eine Verschlechterung, der bislang noch zufrieden stellenden Geschäftslage“ Die angespannte Wirtschaftssituation spiegelt sich auch in der Auftragslage wider. Besonders kritisch wird diese in der Industrie und im Großhandel eingeschätzt. wo über die Hälfte der Befragten von einem gesunkenen Auftragsvolumens sowohl im Inland las auch im Ausland berichtet. Diese Negativbeurteilung umfasst dabei inzwischen ausnahmslos alle Weltregionen.
Frostige Geschäftserwartungen für Oberfranken
28 Prozent der Unternehmen rechnen für die kommenden zwölf Monate mit einem Abwärts-, nur 16 Prozent mit einem Aufwärtstrend. Gegenüber der letzten IHK-Konjunkturbefragung vom Frühsommer verschlechtert sich der Saldo um acht auf ganze zwölf Zähler. Besonders pessimistisch für die kommenden Monate sind der Großhandel (Saldo: -41), das Baugewerbe (-31) und der Tourismus (-24). Beim Bau und beim Tourismus spielen auch saisonale Effekte eine Rolle, der Rückgang fällt aber stärker aus als in den vergangenen Jahren. Lediglich im Dienstleistungssektor halten sich Negativ- und Positivantworten die Waage. Der Pessimismus umfasst nicht nur den deutschen Markt, sondern weiterhin alle Teilmärkte im Ausland.
Investitionsneigungen der Unternehmen rückläufig
Die Zahl der Unternehmen ohne Investitionsplanungen im Inland für die kommenden zwölf Monate steigt weiter an, jedes vierte Unternehmen plant keinerlei Investitionen. Immerhin 20 Prozent der Unternehmen wollen im Inland mehr, 24 Prozent dagegen weniger investieren. Während Unternehmen im Dienstleistungssektor und im Tourismus mehr Investitionen im Inland planen, überwiegen in der Industrie, dem Baugewerbe und dem Handel rückläufige Investitionsplanungen.
Droht Deindustrialisierung?
Ein Blick auf die Hauptmotive der geplanten Investitionen im In- und Ausland macht deutlich, dass die Wettbewerbsfähigkeit Oberfrankens immer mehr in Gefahr gerät. Wichtige zukunftsträchtige Investitionen, vor allem solche in Kapazitätserweiterungen und Produktinnovationen, werden zusehends im Ausland getätigt. Im Inland wird dagegen in erster Linie in Ersatzbeschaffungen und Rationalisierungen investiert. „Die Unternehmen stimmen aktuell mit den Füßen über die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland ab“, warnt Dr. Waasner: „Die Politik muss dringend die Standortbedingungen in Deutschland verbessern, um eine schleichende Abwanderung zu verhindern.“ Die rückläufigen Inlandsinvestitionen bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die erwartete Beschäftigtenentwicklung in den kommenden zwölf Monaten. Gerade Unternehmen in Industrie, Bau und Tourismus planen trotz wachsenden Fachkräftemangels einen Abbau ihrer Beschäftigtenzahlen in Deutschland. „Die Aneinanderreihung wirtschaftspolitischer Fehlentscheidungen, gepaart mit immer mehr Bürokratie, schlägt sich auch weiterhin in der schwachen Konjunktur nieder. Was wir jetzt brauchen, ist ein echter Wandel mit echten Entlastungen, gestützt durch flankierende finanzpolitische Maßnahmen“, macht Dr. Waasner deutlich. „Der Wirtschaftsstandort Deutschland braucht tiefgreifende strukturelle Reformen“, ergänzt Brehm. „Unterstützt werden müssen die durch geldpolitische Maßnahmen der europäischen Zentralbank, die Zinsanreize für Investitionen geben muss. Setzt man jetzt die richtigen Maßnahmen um, kann Deutschland wieder die wirtschaftspolitische Lokomotive Europas werden.“
Neueste Kommentare