Aus der Gaustadter Leserpost: „Deutschlandticket – Vorwärts in die Vergangenheit!“
Sehr geehrte Damen und Herren!
Eine Erfolgsgeschichte wird abgewickelt: Die Preiserhöhung von mehr als 18%, verbunden mit der kaum verhohlenen Aussicht, ein Jahr später noch einmal nachzulegen, kann schwerlich als gelungenes Marketing gelten.
Schon seit Jahrzehnten wiederholt es sich, meist im 12-Monats-Rhythmus: Die Preise im öffentlichen Personenverkehr werden deutlich oberhalb der Inflationsrate angehoben. Der positive Effekt, den geglückte Maßnahmen (Verkehrsverbünde, Bahncard, Umwelttickets, Tarifvereinfachungen u. a.) vorübergehend bewirken konnten, ging daher nach und nach verloren. Dem Deutschlandticket droht nun dasselbe Schicksal.
Den stetig steigenden Preisen steht eine vielerorts bemitleidenswerte Angebotsqualität gegenüber: schlechte Raumerschließung, unzureichende Bedienungszeiten und -takte, schlechte Umsteigebeziehungen, Verspätungen und Fahrzeugausfälle, miserabler Service, unsäglicher Zustand der Haltepunkte, kaum so zu bezeichnende Fahrgastinformation, überfüllte Züge, Bahnen und Busse. Zugleich leistet sich die öffentliche Hand horrende Subventionen für umwelt- und klimaschädigendes Verhalten, von der übermäßigen steuerlichen Begünstigung privat genutzter Dienstwagen bis zu bei weitem nicht kostendeckenden Parkgebühren.
Jetzt wird gar wieder über vierstellige Abwrackprämien diskutiert, um den Absatz für Neuwagen anzukurbeln. Betriebsbereite, wenn auch alte Kraftfahrzeuge zu verschrotten, um die Produktion anzukurbeln, ist auf Grund des Rohstoff- und Energieverbrauchs ein ökologischer Irrweg.
Überdies ignoriert ein solches Vorgehen die Hauptursachen der Misere, vor der die Autohersteller stehen: das Verzögern der Verkehrswende (investierte der Staat das Geld, mit dem er den motorisierten Straßenverkehr fördert, in den Umweltverbund, attraktive Bedingungen für Fuß-, Rad-, Bahn- und Busverkehr, erbrächte das nach verschiedenen Berechnungen eine bis zu dreifache Zahl an Arbeitsplätzen), das Verschlafen der Antriebswende, eine falsche Modellpolitik, die auf größer, stärker, schwerer, schneller setzte, sowie die Tatenlosigkeit gegenüber staatlich subventionierten Billigimporten. Politik und Wirtschaft gingen hier Hand in Hand, von anderen Machenschaften (Abgasbetrug unter den Augen der Aufsichtsbehörde) ganz abgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Gaustadt
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