Offener Brief aus Himmelkron: „Stopp des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes oder deutliche Entschärfung und Flexibilisierung der Leistungsgruppen“

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Offener Brief der Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern:

Sehr geehrter Bayerischer Ministerpräsident Herr Dr. Markus Söder,
Sehr geehrte Bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention Frau Judith Gerlach,

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs Krankenhausreform, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird kommen Es wird kommen mit großen oder kleinen Änderungen der Bundesländer zu Leistungsgruppen, Vorhaltevergütung und wahlweiser Einführung Sektorenübergreifender Versorgungszentren in den Bundesländern. Die erste Lesung hat bereits stattgefunden, im Herbst wird ein Kompromiss mit den Bundesländern zu strittigen Fragestellungen angestrebt.

Die Bundesländer werden aufgefordert, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) im Bundesrat zu stoppen, oder die Anforderungen an die Leistungsgruppen deutlich zu entschärfen.

Die Bundesländer müssen die Möglichkeit haben, die Strukturmerkmale der Leistungsgruppen an ihren länderspezifischen klinischen klinischen Versorgungsbedarf, z.B. starke städtische oder starke ländliche Strukturen, anzupassen.

Wir begründen dies mit zwei wesentlichen Auswirkungen: 1. Das KHVVG greift mit seinen vorgegebenen Strukturen bzw. Leistungsgruppen stark in die Krankenhausplanung der Länder ein und wird den unterschiedlichen Infrastrukturen und auch unterschiedlichen Entfernungen der Krankenhäuser untereinander nicht gerecht.

2. Insbesondere die Strukturmerkmale der allgemeinklinischen Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Allgemeine Chirurgie“ ersetzen den von den Bundesländern verworfenen zwangsweisen Level 1i.

Begründung:

zu 1:

Dieser Einwand der Bundesländer wurde in der Öffentlichkeit hinreichend diskutiert und durch das „Gutachten für das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege,das Ministerium für Justiz und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein und das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zur Frage der Verfassungskonformität der Reform der Krankenhausplanung auf der Basis der dritten Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung – Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung“ hinreichend belegt: https://www.stmgp.bayern.de/wp-content/uploads/2023/04/gutachten_verfassungskonformitaet_krankenhausplanung.pdf

Der Eingriff in die Krankenhausplanung der Länder trifft insbesondere auf alle Vergütungsregelungen zu, die unmittelbare Auswirkung auf die Krankenhausplanung der Länder haben. Hier verstoßen konkret die Leistungsgruppen als Grundlage für die Vorhaltevergütung gegen die autonome Krankenhausplanung der Länder.

Zu 2:

Allgemeinklinische Leistungsgruppen ersetzen den von den Bundesländern verworfenen zwangsweisen Level 1i und werden zu massenhaften zwangsweisen Klinikschließungen führen.

Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern ist stolz darauf, bereits im Februar 2023 mit ihrer Projektstudie „Bewertung der grundlegenden Reform der Krankenhausvergütung der Regierungskommission – Prognose über die Zukunft deutscher Krankenhäuser“ auf die fatalen Folgen der damals im Entwurf der Krankenhausreform vorgesehenen Level 3, 2, 1n und 1i hingewiesen zu haben. Sie wurden durch das Veto der Bundesländer erfolgreich verhindert.

Sehr schnell haben die Bundesländer den radikalen Eingriff in ihre Krankenhausplanung erkannt. 657 der 1.897 Krankenhäuser, d.h. 34%, wären aufgrund fehlender Basisnotfallversorgung zwangsweise zu Level 1i unter pflegerischer statt ärztlicher Leitung ohne Notaufnahme und ohne durchgehende ärztliche Anwesenheit degradiert worden (Stand 2022):

Quelle, Projektstudie, S. 22 (Achtung, automatischer Download!):
https://kliniksterben.jimdofree.com/app/download/13299284099/ Gro%C3%9Fe+Krankenhausreform++Bewertung+der+dritten+Empfehlung+der+Regierungskommissison+aktualisiert.pdf? t=1710843641

Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern weist darauf hin, dass durch die Hintertür über die Definition der allgemeinklinischen Leistungsgruppen das gleiche zwangsweise Kliniksterben ausgelöst werden könnte, wie es über Level 1i vorgesehen war.

Der Kabinettsentwurf enthält erstmals die konkrete Definition der Leistungsgruppen. Die allgemeinklinischen Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Allgemeine Chirurgie“ benötigen beide zwingend auch die Leistungsgruppe „Intensivmedizin“ mit Notfall-Labor, 1 Facharzt mit Weiterbildung Intensivmedizin, 3 intensivmedizinisch erfahrenen Fachärzten in Rufbereitschaft und CT-Nutzung rund um die Uhr. Weitere Strukturmerkmale werden folgen. Diesen Standard werden die meisten Krankenhäuser ohne Basisnotfallversorgung nicht erreichen. Sie werden keinen Versorgungsauftrag für die „Allgemeine Innere Medizin“ und „Allgemeine Chirurgie“ erhalten und müssen dann zwangsweise schließen.

Quelle, Referentenentwurf KHVVG, Anlage 1, Leistungsgruppen 1, 14 und 64, S. 64 ff.:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/K/KHVVG_GE_Kabinett.pdf

Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass wir eine inhaltlich ähnliche Aufforderung in Form einer Petition an den Gesundheitsausschuss des Bundestags eingereicht haben.

Mit freundlichen Grüßen

  • Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R.
  • Angelika Pflaum, Bürgerinitiative zum Erhalt des Hersbrucker Krankenhauses
  • Horst Vogel, Bürgerinitiative zum Erhalt des Hersbrucker Krankenhauses
  • Helmut Dendl, Bundesverband Gemeinnützige Selbsthilfe Schlafapnoe Deutschland e.V. GSD
  • Peter Ferstl, KAB-Kreisverband Kelheim
  • Willi Dürr, KAB Regensburg e.V.
  • Heinz Neff

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