Junger Mann mit Down-Syndrom als Praktikant in Erlanger Gastronomie
Mittendrin im Team vom Ritter St. Georg
Es ist zwar erst 10.30 Uhr, aber im Gasthof und Hotel Ritter St. Georg in Erlangen-Bruck ist schon einiges los. Das Frühstück ist beendet und den leckeren Gerüchen nach trifft die Küche schon die Vorbereitungen für den Mittagstisch. Ein paar Mitarbeitende gönnen sich ein kleines Päuschen. Selbstverständlich mit dabei ist auch Raphael, der zurzeit den Berufsbildungsbereich der Lebenshilfe Erlangen durchläuft und in diesem Rahmen auf seinen Wunsch hin ein Praktikum außerhalb der Regnitz-Werkstätten macht.
Der Traum des jungen Mannes mit Down-Syndrom ist es, Koch zu werden und einen eigenen Burger-Laden zu haben. So bot sich ein Praktikum in der Gastronomie an. Das begann er im Frühjahr im Ritter St. Georg, seit 1891 in Besitz der Familie Birnbaum, Gastronomen mit Leib und Seele.
Als die Lebenshilfe auf Hans und Katrin Birnbaum zugegangen ist, war gleich eine große Offenheit da, und die Bedingungen konnten schnell geklärt werden. „Es ist uns wichtig, dass wir uns sozial engagieren und Menschen eine Chance geben, die woanders keine bekommen“, sagt das Ehepaar Birnbaum.
So haben sie im Ritter St. Georg und in ihren anderen Häusern in der Regel fünf bis sieben Auszubildende, dazu gehören manchmal auch Menschen mit Lernbehinderung. Zurzeit werden sogar Gäste aus Kenia ausgebildet. Auch für die Beschäftigung von Asylbewerber*innen und Geflüchteten sind die Birnbaums offen. „Wir haben schon so viel gute Erfahrungen gemacht und freuen uns, wenn es klappt und wir alle Spaß haben.“ Und wirklich, es herrscht eine gute Stimmung zwischen den Mitarbeitenden und das Miteinander wirkt nahezu familiär.
Raphael ist mittendrin und „mir gefällt es sehr gut“. Er verstehe sich mit allen. Hans Birnbaum nickt und er ist zufrieden mit dessen Arbeit. „Manchmal ist er noch unsicher und traut sich nicht, aber er kann schon ganz viel. Wenn man ihm eine Aufgabe gibt, dann überlegt er einen Moment und dann geht es los“, erzählt der Chef.
Ziel des Praktikums war und ist, dass Raphael viele verschiedene Bereiche und Aufgaben in der Gastronomie kennenlernt. „Er soll hier wirklich was lernen und nicht in der Ecke stehen“, betonen die Wirtsleute.
Die Küche machte den Anfang und es galt, Kartoffeln zu schälen, Klöße zu drehen, Salat zu waschen, aber auch Teller anzurichten. „Und ich habe ein Schnitzel gebraten“, sagt Raphael stolz. Beim Frühstückservice gehörte es für ihn dazu, das Buffet aufzufüllen sowie die Tische einzudecken und abzuräumen. Dabei hat der junge Mann auch gelernt, wie man Servietten richtig faltet. Das zeigt er der Besucherin und es ist perfekt.
Hinter der Theke ist Raphael ebenfalls ab und zu im Einsatz und ganz souverän zapft er ein Bier. „Als ich mal bedient habe, habe ich zwei Euro Trinkgeld bekommen. Der Gast hat gesagt, dass ich meine Arbeit gut mache“, freut sich der 20-Jährige. Auch Zimmerservice mit Betten beziehen und Telefondienst waren schon Aufgaben in seinem Praktikum, das noch bis September dauert.
Bei aller Praxis darf auch der theoretische Teil nicht fehlen, der auch den Lehrgang zum Assistenten im Gastgewerbe umfasst. Hierfür sind Termine an bestimmten Tagen im Berufsbildungsbereich der Regnitz-Werkstätten und im „Zentrum für berufliche Bildung und Arbeit“ in Nürnberg angesetzt. „Die Theorie fällt ihm ein bisschen schwer, da müssen wir noch was tun, stimmt‘s Raphael?“, fragt Melanie Fürst, Leiterin des Berufsbildungsbereiches der Regnitz-Werkstätten. Ein wenig nachdenklich nickt er zustimmend. Jetzt aber geht es erst mal weiter mit der handfesten Arbeit, denn die ersten Gäste kommen zum Mittagessen in den Biergarten.
Anja de Bruyn
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