Aus der Bamberger Leserpost: „Implizites Überholverbot“
Sehr geehrte Damen und Herren!
Am 27. Juli berichtet die Tageszeitung über einen Unfall am Jakobsberg (www.fraenkischertag.de/Gemeinde/Bamberg/Tandem-kippt-am-Jakobsberg-um-Art-373559): Dem noch objektiv-neutral erscheinenden Titel folgt, suggestiv formuliert, die Schuldzuweisung: „Da das Tandem mittig fuhr, hupte der Autofahrer. Beim Überholen berührten sich beide Fahrzeuge, …“. Der Signatur „pol“ nach zu schließen, beruht der Beitrag auf einer polizeilichen Pressemeldung.
Die Fahrbahn des Jakobsbergs ist über weite Strecken kaum fünf Meter breit. Zwar wird Radfahrer/inne/n in der Verkehrserziehung gern vermittelt, sie hätten scharf am Bordstein oder dicht an parkenden Kraftfahrzeugen entlang zu fahren, damit „der Verkehr“ (gemeint ist der motorisierte Verkehr) nicht behindert werde. Tatsächlich dürfen sie, so die Rechtsprechung, aus Sicherheitsgründen ca. einen Meter Abstand zum Fahrbahnrand (Fußgänger/innen auf dem Gehsteig, Verunreinigungen und Fahrbahnschäden) und je nach Situation 1 bis 1,5 m zum ruhenden Kraftverkehr (unachtsames Anfahren, plötzlich geöffnete Fahrzeugtüren) belassen, gemessen von ihrer rechten Außengrenze (Lenker / Ellbogen / Packtasche).
Fahrräder benötigen eine Fahrspur von ca. 1 m Querschnitt: ca. 60 cm eigene Breite und, bei einspurigen Fahrzeugen unvermeidbar, etwa 20 cm Pendelraum zu jeder Seite. Eine schadhafte Fahrbahndecke oder grobes Kopfsteinpflaster vergrößern den Raumbedarf zwangsläufig. Kraftfahrer/innen wiederum haben gegenüber Fahrrädern einen Seitenabstand von mindestens 1,5 m einzuhalten. Damit sind bei knapper Berechnung bereits 3,5 m Querschnitt „belegt“. Legales Überholen eines Fahrrads, auch eines Tandems, mit dem Pkw dürfte auf dem Jakobsberg weitgehend unmöglich sein. Eine Behinderung des nachfolgenden Verkehrs durch das Tandem kann somit nicht vorgelegen haben. Denn erlaubtes Verhalten wurde nicht unterbunden. Überdies wäre eine Berührung der Fahrzeuge bei Einhaltung des vorgeschriebenen Seitenabstands schwerlich denkbar.
„Außerhalb geschlossener Ortschaften darf das Überholen durch kurze Schall- oder Leuchtzeichen angekündigt werden“ (StVO, §5-5). Angesichts der beengten, ein zulässiges Überholen ausschließenden Verhältnisse stellt sich die Frage, ob das ohnehin hier verbotene Hupen nicht sogar den Versuch einer (strafbaren!) Nötigung darstellte.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Gaustadt
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