Sensationsfund: Seltener Käfer lebt auf Öko-Trasse bei Pressig
Der behaarte Kurzflügler ist selten zu finden. Es ist ein Erfolg des ökologischen Trassenmanagements, dass der Dungkäfer auf einer von Rindern beweideten Fläche unter einer Hochspannungsleitung zu finden ist.
In Zusammenarbeit mit einem Landwirt vor Ort lässt die Bayernwerk Netz GmbH nördlich von Rothenkirchen in der Gemeinde Pressig im Landkreis Kronach eine Stromtrasse mit Rindern beweiden. Ziel des Netzbetreibers ist es, die Fläche unter der Hochspannungsleitung schonend von Gehölzen zu befreien und innerhalb des Bayerischen Biotopverbunds die Artenvielfalt zu fördern. Nun wurde ein seltener Käfer namens Emus hirtus entdeckt. In Fachkreisen gilt er als Sensationsfund.
Wie eine langgestreckte Hummel sieht der Käfer aus, der auf der Rinderweide Jagd auf Dungkäfer und Fliegenlarven macht. „Emus hirtus lebt räuberisch. Er ist auf Dung angewiesen, weil seine Beute darin lebt. Mit dem Rückgang der Beweidung als Form der Landschaftsnutzung ist die Art vielerorts verschwunden“, erklärt der Biologe Reiner Büttner. Seit 33 Jahren führt er beim Institut für Vegetationskunde & Landschaftsökologie (IVL) in Hemhofen Fachkartierungen der Tierwelt durch. Emus hirtus, auch Behaarter Kurzflügler genannt, hat er jetzt auf der Trasse der Bayernwerk Netz zum ersten Mal gesehen. Reiner Büttner zufolge gilt die Art in Fachkreisen als kleine Sensation. In Nordbayern sei sie in den vergangenen Jahren nur an zwei weiteren Standorten, in den Landkreisen Hof und Main-Spessart, nachgewiesen worden. Obwohl seine Flügel kaum sichtbar sind, kann Emus hirtus fliegen. So ist er wahrscheinlich auf die Trasse bei Rothenkirchen gelangt. Reiner Büttner zufolge fand er dort ideale Lebensbedingungen vor: „Eine offene, strukturreiche Landschaft mit zahlreichen Dunghaufen und einer großen Vielfalt an Insekten.“
Ökologische Trassenbeweidung
An zahlreichen Orten in ganz Bayern setzt die Bayernwerk Netz derzeit Beweidungsprojekte um, die unter dem Begriff des ökologischen Trassenmanagements zusammengefasst sind. Projektleiter Maximilian Geigl von der Bayernwerk Netz erklärt: „Durch die drei Bausteine des ökologischen Trassenmanagements – Beweidung, extensive Mahd und selektive Gehölzpflege – schaffen wir einen sicheren Betrieb unserer Freileitungen und fördern die Artenvielfalt.“ Dabei spiele auch der Aspekt der Arbeitssicherheit eine Rolle, denn der manuelle Rückschnitt mit der Motorsäge kann entfallen. Statt immer wieder schwere Maschinen zur Mahd unter den Strommasten einzusetzen, werden durch die Beweidung junge Bäume und Sträucher schonend und dauerhaft im Wachstum gehemmt. So können sie später nicht in die Leiterseile einwachsen oder einfallen. „Wir sehen die Zusammenarbeit mit lokalen Tierhaltern als ökologisch und ökonomisch an“, berichtet Maximilian Geigl. In Rothenkirchen arbeitet der Netzbetreiber mit Landwirt Burkhard Neubauer zusammen, der seine Galloway-Rinder auf der Trasse weiden lässt.
Wanderkorridore für Tiere und Pflanzen
Neben den zahlreichen Vorteilen, die das ökologische Trassenmanagement für die Instandhaltung von Stromleitungen bringt, fördert die Beweidung auch die Artenvielfalt. Zusätzlich zu Emus hirtus fand Biologe Reiner Büttner weitere auf Dung spezialisierte Käferarten, die auf der Roten Liste Bayerns stehen. Doch nicht nur Dung-Ökosysteme profitieren von der Beweidung. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sind auf lichte, offene Flächen angewiesen. So sorgt die Beweidung dafür, dass die artenreichen und vielfältig strukturierten Ökosysteme des Offenlands erhalten bleiben. Das Freihalten von Trassen schafft über viele Kilometer lange Wanderkorridore, die Biotope verbinden und die genetische Vielfalt erhalten. Die Bayernwerk Netz ist Partner des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) und unterstützt den Ausbau des Biotopverbunds in Bayern ein. Der Verbund soll bis zum Jahr 2030 mindestens 15 Prozent Offenland der Landesfläche umfassen. Möglicherweise kann Emus hirtus so auch an anderen Orten wieder einen Lebensraum finden.
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