Ver­bands­kon­gress des Baye­ri­scher Rich­ter­ver­eins in Bamberg

Symbolbild Justiz

Der Rechts­staat ist (heraus-)gefordert

Eine Fest­ver­an­stal­tung in den Har­mo­nie­sä­len in Bam­berg bil­de­te am 13.06.2024 den Auf­takt für den drei­tä­gi­gen lan­des­wei­ten Ver­bands­kon­gress des Baye­ri­schen Rich­ter­ver­ein e.V. (BRV), des mit über 3.000 Mit­glie­dern größ­ten Berufs­ver­bands der Rich­ter und Staats­an­wäl­te in Bayern.

Zahl­rei­che hoch­ran­gi­ge Gäs­te aus Rechts­pfle­ge, Poli­tik und Gesell­schaft folg­ten der Ein­la­dung der BRV-Vor­sit­zen­den Bar­ba­ra Sto­ckin­ger und wur­den von Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Star­ke namens der Stadt Bam­berg will­kom­men geheißen.

Die Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins Barbara Stockinger (Mitte) mit Franz Truppei, Staatsminister Georg Eisenreich, Richter des Bundesverfassungsgerichts Heinrich Amadeus Wolff, Lore Sprickmann Kerkerinck. Foto: K. Rappert

Die Vor­sit­zen­de des Baye­ri­schen Rich­ter­ver­eins Bar­ba­ra Sto­ckin­ger (Mit­te) mit Franz Trup­pei, Staats­mi­nis­ter Georg Eisen­reich, Rich­ter des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts Hein­rich Ama­de­us Wolff, Lore Sprick­mann Ker­ke­rinck. Foto: K. Rappert

In sei­nem Gruß­wort beschei­nig­te Bay­erns Jus­tiz­mi­nis­ter Georg Eisen­reich der Jus­tiz, gera­de in der Kri­se als Kon­troll­in­stanz poli­ti­schen Han­delns funk­tio­niert zu haben. Bei allen unter­schied­li­chen Mei­nun­gen zu ein­zel­nen Gerichts­ent­schei­dun­gen dür­fe die Unab­hän­gig­keit der Jus­tiz daher nie in Fra­ge gestellt wer­den. Eisen­reich ver­knüpf­te sei­nen Dank für die geleis­te­te Arbeit in her­aus­for­dern­den Zei­ten mit der Ver­si­che­rung, sich in per­so­nel­ler, aber auch gesetz­ge­be­ri­scher Hin­sicht dafür ein­zu­set­zen, dass die Drit­te Gewalt im Staa­te ihren Auf­ga­ben gerecht wer­den kön­ne. Die Digi­ta­li­sie­rung der Jus­tiz sei dabei ein wich­ti­ger Bau­stein für eine moder­ne, bür­ger­freund­li­che Jus­tiz, so der Minister.

Am geschichts­träch­ti­gen Tagungs­ort der ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung, die im Jahr 1919 die so genann­te „Bam­ber­ger Ver­fas­sung“ für den damals neu­en Frei­staat Bay­ern ver­ab­schie­de­te, hielt der Rich­ter des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts Prof. Dr. Hein­rich Ama­de­us Wolff den Fest­vor­trag. Unter dem Titel „Zur Unab­hän­gig­keit der Ver­fas­sungs­jus­tiz“ setz­te er sich mit dem Schutz der Ver­fas­sungs­ge­richts­bar­keit vor poli­ti­scher Angreif­bar­keit aus­ein­an­der. Hier­bei zeig­te er mög­li­che Gefähr­dungs­sze­na­ri­en auf und leg­te dar, über wel­che Siche­rungs­in­stru­men­te jeweils nach­ge­dacht wer­den könnte.

Bei der sich am Frei­tag und Sams­tag anschlie­ßen­den Arbeits­ta­gung befass­ten sich die rund 90 Dele­gier­ten mit Fra­gen der Funk­ti­ons- und Zukunfts­fä­hig­keit der Jus­tiz in Zei­ten des Umbruchs, innen- und welt­po­li­ti­scher Kri­sen und des Erstar­kens popu­lis­ti­scher und extre­mis­ti­scher Kräf­te. Der Umgang mit Per­so­nal­eng­päs­sen stand dabei eben­so auf der Tages­ord­nung wie tech­ni­sche Her­aus­for­de­run­gen, denen sich die Jus­tiz im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung zu stel­len hat.

Die Auf­ga­ben­last der Jus­tiz hat in den letz­ten Jah­ren eine enor­me Stei­ge­rung erfah­ren: Cyber­crime, Kin­der­por­no­gra­phie, Inter­net­be­trug, Pfle­ge­be­trug, poli­ti­scher Extre­mis­mus, Anti­se­mi­tis­mus, Hass uns Het­ze in sozia­len Medi­en, Reichs­bür­ger, Kli­makle­ber, Mas­sen­ver­fah­ren, grenz­über­grei­fen­de Kri­mi­na­li­tät, stei­gen­de Jugend­kri­mi­na­li­tät, zuneh­men­de Gewalt­ta­ten gegen Poli­ti­ker, Poli­zei und Ret­tungs­kräf­te – das sind nur eini­ge der Her­aus­for­de­run­gen, denen sich die Jus­tiz der­zeit gegen­über­sieht. Gera­de auch die Staats­an­walt­schaf­ten äch­zen unter einer mas­si­ven Über­las­tung, die mitt­ler­wei­le eine Gefahr für eine effek­ti­ve Straf­ver­fol­gung dar­stellt. Die Dele­gier­ten waren sich einig, dass die Jus­tiz in einer sol­chen Situa­ti­on in beson­de­rem Maße gefor­dert ist und der Unter­stüt­zung bedarf.

Bar­ba­ra Sto­ckin­ger als Lan­des­vor­sit­zen­de bestätigt

Schließ­lich wähl­ten die Dele­gier­ten eine neue Ver­bands­spit­ze. Mit gro­ßer Mehr­heit bestä­tig­te die Ver­samm­lung die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Ober­lan­des­ge­richt Mün­chen Bar­ba­ra Sto­ckin­ger als Lan­des­vor­sit­zen­de des BRV. Als stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de wur­den die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Land­ge­richt Simo­ne Bader aus Augs­burg und Ober­staats­an­walt Olaf Bel­ler aus Bam­berg gewählt.

In ihrer Antritts­re­de umriss Sto­ckin­ger die Ziel­set­zun­gen der künf­ti­gen Ver­bands­ar­beit und beton­te die Rol­le der Jus­tiz als Garant für inne­re Sicher­heit und Sta­bi­li­tät. „Wenn Poli­ti­ker anläss­lich bestimm­ter Ereig­nis­se jedes Mal aufs Neue die vol­le Här­te des Rechts­staats for­dern, so sei ihnen gesagt: Die gibt es nicht zum Null­ta­rif.“ so Sto­ckin­ger. Die Zei­ten ekla­tan­ter Per­so­nal­lü­cken und beschä­men­der Arbeits­be­din­gun­gen müss­ten ein Ende haben, um mit qua­li­fi­zier­ten und enga­gier­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern die Funk­ti­ons­fä­hig­keit der Jus­tiz auf­recht erhal­ten zu können.

Sto­ckin­ger abschlie­ßend: „In Zei­ten gesell­schaft­li­cher Ver­un­si­che­rung und Radi­ka­li­sie­rung liegt die Stär­kung des Rechts­staats im urei­ge­nen und unmit­tel­ba­ren Inter­es­se der Bür­ge­rin­nen und Bürger.“

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