Coburg: REGIO­MED Kli­nik­seel­sor­ge­rin Susan­ne Thor­wart nimmt Abschied

Wo Kopf und Herz gewa­schen werden

Verlässt nach zwölf Jahren die REGIOMED-Kliniken GmbH Coburg: Susanne Thorwart

Ver­lässt nach zwölf Jah­ren die REGIO­MED-Kli­ni­ken GmbH Coburg: Susan­ne Thorwart

„Am Anfang bin ich ganz viel Lift gefah­ren“, erzählt die Pfar­re­rin und lang­jäh­ri­ge Kli­nik­seel­sor­ge­rin Susan­ne Thor­wart lachend, als sie auf ihre Anfangs­zeit am REGIO­MED Kli­ni­kum Coburg zurück­blickt. „Wenn die Tür zuging, habe ich mich ein­fach vor­ge­stellt – da konn­te mir kei­ner mehr ent­kom­men!“. Was sich zwi­schen­zeit­lich als „Pitch“ in der Start-Up Sze­ne eta­bliert hat, war vor nun­mehr zwölf Jah­ren ihr Geheim­re­zept, um sich und die seel­sor­ge­ri­schen Ange­bo­te im Haus bekannt zu machen. Und das hat gefruch­tet: In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat Susan­ne Thor­wart die Kli­nik­seel­sor­ge am REGIO­MED Kli­ni­kum Coburg geprägt, Struk­tu­ren wei­ter aus­ge­baut und zahl­rei­che Pro­jek­te initi­iert. Die Gestal­tung des sonn­täg­li­chen Got­tes­diens­tes, der auch für Besu­cher von außer­halb offen ist, war ihr dabei ein wich­ti­ges Anlie­gen: Das Kli­ni­kum als öffent­li­cher Ort, als Teil der Stadt.

Gefruch­tet hat auch ihre offe­ne Art: So konn­te Susan­ne Thor­wart über die Jah­re ein star­kes Netz­werk auf­bau­en und pfle­gen, den Aus­tausch der Kli­nik­seel­sor­ger im REGIO­MED-Ver­bund stär­ken und einen Ethik­rat eta­blie­ren. All dies war mög­lich, weil Susan­ne Thor­wart von Beginn an auf offe­ne Türen im Kli­ni­kum und in der Geschäfts­lei­tung zäh­len konn­te: „Das zeigt auch den Stel­len­wert der Kli­nik­seel­sor­ge im Haus, dafür bin ich sehr dankbar“.

Das Herz­stück der Kli­nik­seel­sor­ge im Haus bil­det der Besuchs­dienst der öku­me­ni­schen Kli­nik­seel­sor­ge. Gemein­sam mit dem haupt­amt­li­chen Pfar­rer Klaus-Die­ter Stark und der Gemein­de­re­fe­ren­tin Ange­li­ka Jäger wird er durch aktu­ell 13 Ehren­amt­li­che abge­bil­det. Die­se aus- und fort­zu­bil­den war eine der Kern­auf­ga­ben der Klinikpfarrerin.

Doch vie­le Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten suchen auch den zen­tral gele­ge­nen Andachts­raum auf, der anders als in ande­ren Häu­sern nicht abseits liegt, son­dern im Erd­ge­schoss direkt an die Lob­by grenzt. Dort soll­te ursprüng­lich ein Fri­sör­sa­lon ein­zie­hen, was aber sei­ner­zeit nicht klapp­te. „Statt­des­sen bekommt man bei uns den Kopf und das Herz gewa­schen“, sagt Susan­ne Thor­wart augenzwinkernd.

Dabei ist das Ange­bot der Kli­nik­seel­sor­ge nicht nur für christ­li­che Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten. „Ich habe auch sehr vie­le reli­gi­ons­lo­se aber spi­ri­tu­el­le Men­schen ken­nen gelernt und beglei­tet. Gott ist schon da, den brin­ge ich nicht mit – so sehe ich das. Und dann fin­den sich auch unab­hän­gig von der Kon­fes­si­on ganz vie­le Gemein­sam­kei­ten und Gesprächs­ebe­nen“, beschreibt die empa­thi­sche Kom­mu­ni­ka­to­rin. Dabei kam es vor, dass Begeg­nun­gen auch ohne Wor­te von­sei­ten der Pati­en­ten statt­fin­den: So such­te Susan­ne Thor­wart auch Pati­en­ten auf der Inten­siv­sta­ti­on auf, die in dem Moment nicht mit ihr reden konn­ten, aber auch für die­se woll­te sie da sein und sprach zu ihnen.

Ihr täg­li­ches Wir­ken im Kli­nik­all­tag war stets ein­ge­bet­tet in gro­ße gesell­schafts­po­li­ti­sche Fra­ge­stel­lun­gen: Wie kön­nen wir sicher­stel­len, dass der Pati­en­ten­wil­le gewahrt und geach­tet wird, auch wenn sich der Betrof­fe­ne nicht selbst arti­ku­lie­ren kann? Wie sieht eine indi­vi­du­el­le Ster­be- und Trau­er­be­glei­tung aus? Wie kön­nen Eltern nach dem Ver­lust eines Kin­des ihr Leben wie­der in die Hand neh­men? Bis hin zu den The­men­kom­ple­xen Organ­spen­de und ver­ant­wort­li­ches ärzt­li­ches Han­deln. Eine her­aus­for­dern­de Arbeit, die einen jeden Tag neu for­dert, auch emo­tio­nal. „Vor allem die Ein­sam­keit man­cher Pati­en­ten hat mich berührt, ins­be­son­de­re wenn es auf das Ende zuging“, schil­dert die Kli­nik­pfar­re­rin. In ande­ren Fäl­len waren es oft Vor­stel­lun­gen und Wün­sche von außen, wel­che in den bevor­ste­hen­den Abschied hin­ein pro­ji­ziert wur­den. „Ich habe mich immer als Inter­es­sen­ver­tre­te­rin der Pati­en­ten gese­hen. Erst in zwei­ter Instanz war ich für die Ange­hö­ri­gen zustän­dig.“ Als Ange­stell­te der Kir­che agier­te sie dabei stets unab­hän­gig und ver­trau­lich, das ist ihr wichtig.

Doch war ihr Betä­ti­gungs­feld nicht auf Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten des Hau­ses und ihre Ange­hö­ri­gen beschränkt, immer stand ihre Tür auch für Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter offen, die sie bei Sinn- und Lebens­kri­sen oder zum Ver­ar­bei­ten von trau­ma­ti­schen Erfah­run­gen im beruf­li­chen Kon­text auf­such­ten. Auch initi­ier­te Susan­ne Thor­wart zusam­men mit den Kol­le­gen des Psy­cho­so­zia­len Netz­werks des onko­lo­gi­schen Zen­trums Gedenk­got­tes­diens­te für Mit­ar­bei­ter: „Der Kli­nik­be­trieb geht wei­ter, auch wenn Kol­le­gen uner­war­tet ver­ster­ben. Aber das Team muss die Mög­lich­keit bekom­men, mit dem Ver­lust umzu­ge­hen und ihn zu bewäl­ti­gen.“ Dass dabei auch ein Ver­trau­ens­ver­hält­nis zu den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern ent­stand, spie­gelt sich auch dar­in wie­der, dass sie in der Fol­ge oft für außer­kli­ni­sche Auf­ga­ben ange­fragt wur­de: für Ehe­schlie­ßun­gen von Mit­ar­bei­tern oder die Tau­fen ihrer Kinder.

Auch der Ethik­rat ist ein Ange­bot für Kli­nik­mit­ar­bei­ter – und zugleich für Pati­en­ten und Ange­hö­ri­ge da. Er bie­tet durch sei­ne Bera­tung Ori­en­tie­rung und Hil­fe­stel­lung bei ethi­schen Fra­gen der Behand­lung und der Pfle­ge. Susan­ne Thor­wart hofft, dass das Ange­bot der Ethik­be­ra­tung auch nach ihrem Weg­gang Fort­füh­rung fin­det: „Ärz­te wie auch pfle­ge­ri­sches Per­so­nal habe ich stets als Men­schen mit Hal­tung ken­nen gelernt, die aus tiefs­ter Über­zeu­gung dem Men­schen die­nen und ihren Pati­en­ten hel­fen wol­len. Sie lei­den aber unter den Rah­men­be­din­gun­gen und dem Druck, dem sie in ihrem beruf­li­chen Han­deln aus­ge­setzt sind. Hier setzt Ethik­be­ra­tung an, bie­ten Hil­fe­stel­lung und kann in kniff­li­gen Situa­tio­nen ent­las­ten“, beschreibt Susan­ne Thorwart.

Das Zwi­schen­mensch­li­che trägt die Seel­sor­ge­rin bis heu­te und ist ein wesent­li­cher Teil ihrer erfolg­rei­chen Arbeit: Ob mit Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern, aber auch den vie­len Netz­werk­part­nern wie den Kir­chen- und Pfarr­ge­mein­den im Umland, dem Dia­ko­ni­schen Werk Coburg, dem Ster­nen­kin­der­zen­trum Bay­ern e.V., dem Evan­ge­li­schen Erwach­se­nen­bil­dungs­werk Ober­fran­ken, dem Hos­piz­ver­ein Coburg e.V. und den Seel­sor­gern in ande­ren REGIO­MED Häusern.

Was bleibt nach den zwölf Jah­ren am Kli­ni­kum? „Ich gehe mit einem ganz war­men Gefühl, vol­ler Erin­ne­rung an vie­le schö­ne Momen­te und viel Lachen. Ich gehe berei­chert – auch durch die erns­ten Momen­te“, sagt Susan­ne Thor­wart. Im neu­en Tätig­keits­feld wird Pfar­re­rin Susan­ne Thor­wart die Stu­die­ren­den­seel­sor­ge an der Hoch­schu­le Coburg mit ver­ant­wor­ten. Viel­leicht trifft man sie dort in den kom­men­den Wochen im Auf­zug an.

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