Vortragsabend in Speichersdorf „Europa – Warum?“ fand reges Interesse

Thomas Silberhorn in Speichersdorf. © Wolfgang Hübner
Thomas Silberhorn in Speichersdorf. © Wolfgang Hübner

„Wir müssen kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“ so Thomas Silberhorn. Es gebe gegen autoritäre Systeme und gegen Terror keine Alternative: Wir müssen auf der ganzen Linie auf Augenhöhe verteidigungsfähig werden und sein, in der Hoffnung, von dieser Verteidigungsfähigkeit nie Gebrauch machen zu müssen, so der Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion für transatlantische Beziehungen und ehemalige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungs- und Entwicklungsministerium bei einem Vortragsabend in Speichersdorf. „Wer an Kuschelrunden mit Putin glaubt, lügt sich in die eigene Tasche.“ Und bei aller berechtigten und unberechtigten Kritik an der EU und den Geldern, die Deutschland in die EU investiert, dürfe nicht vergessen werden, dass die EU die europäische Institution ist, die seit Jahrzehnten bis heute Frieden, Sicherheit und Freiheit in unseren europäischen Ländern garantiere und bewahre. Der Bamberger Bundestagsabgeordnete war auf Einladung von Gemeinderat Dr. Wolfgang Hübner (CSU) in seinen benachbarten Wahlkreis gekommen, um zum Thema „Europa – Warum?“ Tacheles zu reden. Silberhorn sorgte in der rappelvollen Gaststätte Strößenreuther für vier Stunden gespannte Aufmerksamkeit mit jeder Menge Informationen, Hintergründe und kritischer Analysen. Direkt von einer Delegationreise aus Luxemburg angereist die Vorsitzende im Unterausschuss des Bundestages für Europäische Haushaltpolitik, die Bayreuther Bundestagsabgeordnete Silke Launert. Unter den knapp 80 Gästen parteiübergreifend Vertreter aus dem Gemeinderat und Wirtschaft sowie Abordnungen von Soldatenkameradschaften und Reservisten mit BSB-Kreisvorsitzendem Thomas Semba und Ehrenkreisvorsitzenden des Reservistenverbandes Jürgen Hofmann.

„EUROPA – Warum? – Weil wir alleine nicht stark genug sind“, so Silberhorn. Eines sei wichtiger als Frieden – unsere Freiheit, zitierte er Friedrich Merz. Wir sind in den über 70 Jahren Frieden dem Trugschluss verfallen, es könne für ewige Zeiten so weitergehen. „Die letzten Jahre haben wir es uns in Europa leicht gemacht: billige Produktion in China, billiges Gas aus Rußland, bequem gelebt unter dem Schutzschirm der USA“, so Silberhorn Zu lange sei zu viel vernachlässigt, ja aufgegeben worden. Es gelte neu erwachsen zu werden, neu der Realität ins Auge zu blicken und neu die eigene Wehrfähigkeit zu stärken. Es gelte für uns Deutsche sich daran zu erinnern und neu wertzuschätzen, was die Nato für uns bedeute. Im Kalten Krieg sei das Hauptziel gewesen, die Grenze, die durch Deutschland verlief, zu schützen. Nicht erst mit dem Ukraine-Krieg teste Russland seine Grenzen aus. Dies umso mehr, als Russland die westeuropäischen Länder nicht als Partner auf Augenhöhe sehe. Schon gar nicht die Ukraine und sein Volk, dem Putin jede Souveränität abspreche. „Schweden hat uns doch die Dringlichkeit vor Augen geführt, wenn ein Land nach 200 Jahren Unabhängigkeit aus Angst vor Russland in die NATO eintritt“, so Silberhorn. „Wir müssen uns neu auf den schlimmsten Fall vorbereitet sein.“ Nur so könne man in eine Position der Stärke kommen. Aktuell sei man auf der ganzen Linie in der schwächeren Position: „China, Iran und Nordkorea übertreffen uns in der Waffenproduktion, der demographische Wandel macht uns zu schaffen, die Wirtschaft verliert zusehends allein durch Abwanderungen in die USA an Boden. In den USA sei weitverbreitete Meinung, dass egal unter welchem Präsidenten es so nicht mehr weitergehen können wie bisher, dass 350 Mio Steuerzahlerin den USA für die Sicherheit von 450 Mio Europäern sorgen sollen. Nach innen wäre ein Austritt aus der EU, wie von AfD gewünscht, fatal. Wie Silberhorn am Beispiel Großbritannien erläuterte, haben die Briten durch das Commonwealth eine viel bessere Ausgangssituation und ein ganz anderes Selbstbewusstsein, und doch habe der Brexit schwerwiegende Folgen. Jeder müsse sich anlässlich der Europawahl fragen: wie stellen wir uns und als Teil der EU vor dieser neuen weltpolitischen Lage auf, und was sind wir bereit dafür zu leisten? In dieser komplexen Lage könne Deutschland jedenfalls allein nicht standhalten, so Silberhorn.

„Was ist uns Frieden und Freiheit wert“, fragte Silke Launert in die Runde. „Ja, Deutschland investiert viel in die Europäische Union, das ist unbestritten.“ Aber wir bekommen ungeheuer viel zurück. Das habe ihre Delegationsreise nach Luxemburg mit Besuch der europäischen Institutionen wie Rechnungshof und europäische Investitionsbank klar vor Augengeführt. Die EU sei der Hauptgrund für über 70 Jahre Frieden in Europa. Keine andere Generation habe das erleben können und dürfen. Der Ukraine-Krieg habe aber über Nacht gezeigt, wie schnell sich das Blatt wenden kann.

Die mehr als zweistündige Diskussion war geprägt von militärischen Fragen und Alternativen zur aktuellen Verteidigungspolitik. Aufgrund der neuen und größeren Dimension der Angriffe, die über die Schützengräben hinausgehen, bedürfe es alternativer Kriegsführungsmethoden, so argumentierten Zuhörer. Es wurde über die Wertschätzung der Bundeswehrsoldaten und Reservisten in der Gesellschaft gesprochen sowie über drei-, sieben-, zwölfmonatige Modelle der Wehrpflicht diskutiert und durch welche Anreizsysteme man diese attraktiver machen könne. Thomas Silberhorn brachte dabei den Verzicht auf einen Numerus Clausus oder den Verzicht auf Anforderungen an den Schulabschluss ins Gespräch. Das von ihm vor Jahren initiierte Bahnfahren in Uniform habe zu einer neuen Wertschätzung und neuen Respekt für die Soldaten bei den Mitreisenden und in der Öffentlichkeit geführt. Auch kann an die vorhandenen Strukturen des Freiwiligendienst Heimatschutz angeknüpft werden. Die Teilnehmer waren sich einig, dass Europa nur gemeinsam stark sein kann und dass eine starke Verteidigungsbereitschaft unerlässlich ist. Die Diskussion endete mit dem Appell an alle Anwesenden, sich aktiv für ein starkes und geeintes Europa einzusetzen. Die Veranstaltung zeigte deutlich auf, dass Europa nicht nur eine politische Union ist, sondern auch eine Gemeinschaft, die für Frieden, Freiheit und Sicherheit steht.