Sonntagsgedanken: Sonntag …
Ein Mensch hatte einmal einen Traum: Der Sonntag wurde offiziell abgeschafft. Die „Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft“ hatte sich durchgesetzt. Es gab sieben Werktage in der Woche, und es herrschte unter den Menschen die totale Flexibilität. In den Geschäften, Betrieben und Behörden wurde jeden Tag rund um die Uhr gearbeitet. Natürlich: Jede Frau, jeder Mann konnte selbstständig einen oder zwei Tage in der Woche frei nehmen. Manche meinten begeistert, nun wäre das Paradies auf Erden angebrochen. Doch mit der Zeit spürten die Menschen, dass etwas ganz schief gelaufen sein musste. Diese vermeintliche Freiheit hatte nach und nach verheerende Auswirkungen: Familien lösten sich auf, für zwischenmenschliche Beziehungen war keine gemeinsame Zeit mehr vorhanden, Karriere und Geschäft, Profit und Konsum wurden zu den zentralen Lebensmaßstäben, das Miteinander der Menschen im Wohnviertel, in der Gemeinde und im Verein brach zusammen. Die Menschen fühlten sich isoliert. Ein Albtraum! … Der Mensch wachte schweißgebadet auf.
Nur ein Albtraum?
Liebe Freunde, ich weiß nicht, ob das noch lange ein Albtraum bleiben wird, oder ob dieser Albtraum nicht gerade dabei ist, Wirklichkeit zu werden? Für viele heute ist der Sonntag, der freie Tag, mittlerweile so zur Alltäglichkeit geworden, dass sie kaum noch etwas Sinnvolles damit anfangen können. Er ist so zur Selbstverständlichkeit geworden, dass er für viele Menschen gar nichts Besonderes mehr ist, und da ist es kein Wunder, dass man, wenn man mit dieser freien Zeit nichts mehr anfangen kann, diese mit vielen Dingen wieder anfüllt, die sich kaum von der alltäglichen Arbeit unterscheiden.
Ist es nicht verrückt? Da wird der Ruf nach Freizeit immer lauter, aber viele wissen nichts mehr damit anzufangen, und deswegen wird auch die freie Zeit wieder vollgestopft mit allen möglichen Terminen: Man macht sich selbst in der Freizeit neuen Stress.
Damit freie Zeit mir gut tut, dazu braucht es anscheinend mehr, als allein den Umstand, dass ich sie halt habe. Damit Freizeit mir gut tut, dazu muss ich anscheinend erst wissen, wie ich sie nutzen kann – und vor allem, wie ich sie sinnvoll füllen kann! Offensichtlich können die wenigsten das von allein, scheinbar muss man auch das halt erst lernen und ganz offensichtlich braucht man dazu auch eine Anleitung.
Das alte Volk Israel hatte dazu eine gute Anleitung. Da hieß es: Der Sabbat ist ein Tag in der Woche, und dieser Tag wird dir geschenkt; ein Tag, der dir geschenkt wird, damit er Dir gut tut. Halte ihn heilig! Das bedeutet nichts anders als: Unterscheide diesen Tag von den an anderen Tagen! Vielleicht müssen wir das wieder ganz neu von Israel lernen. Vielleicht müssen wir uns das wieder ganz neu bewusstmachen. Deswegen wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie den Mut haben, den Sonntag nicht mit Terminen vollzustopfen, sondern als heiligen Tag zu nutzen – als Tag, der ihnen guttut. Wenn die ganze Woche über ein Termin den anderen jagt, sagen Sie: „Halt!“ Lösen Sie den Sonntag unter all den Wochentagen heraus und nutzen Sie diesen Tag für sich selbst, für Ihre Familie und für Ihre Lieben und Freunde. Vielleicht ist es am Anfang gar nicht so einfach, aber wenn Sie es wagen, werden Sie spüren, dass es ein guter Tag ist, der Ihnen und den Ihrigen guttut.
Ich wünsche Ihnen einen guten, erholsamen Sonntag!
Klaus Weigand
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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand
- Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
- Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
- Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
- Priesterweihe 1998
- Tätigkeiten:
- Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
- Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
- seit 2015 in Heroldsbach und Hausen
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