Staatsminister Beißwenger in der Bayreuther Tierzuchtklause
Es gehe für Bayern nicht darum, Sand im Getriebe , sondern ein effizientes Rädchen im komplexen und komplizierten EU-Getriebe zu sein, so Eric Beißwenger. Die beiden CSU-Kreisverbände Bayreuth Stadt und Bayreuth-Land hatten den Bayerischen Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales zum Gedankenaustausch über Wirtschaft, Außenwirtschaft, Außenpolitik und vor allem Landwirtschaft in die Tierzuchtklause eingeladen.
„Bayern braucht Europa, und hat Gewicht in Europa“, so eingangs Gastgeber Landtagsabgeordneter Franc Dierl. Nicht ohne Grund: „Wäre Bayern selbstständiger Staat“, so der Allgäuer Staatsminister, „wären wir sechstgrößte Volkswirtschaft Europas.“ Deshalb habe Bayern auch eine „außenpolitische“ und außenwirtschaftliche Aufgabe zu erfüllen. Dafür gebe es sieben ständige Vertretungen in Brüssel, Prag, Québec (Kanada), Tel Aviv (Israel) und Kyjiw (Ukraine) sowie London (Großbritannien). Darüber hinaus ein Afrikabüro in Addis Abeba (Äthiopien). Dazu unzählige Handels- und Wirtschaftsvertretungen. „Wir in Deutschland und Bayern profitieren mehr wie jede andere Region von der EU. Jeder zweite Euro, den wir verdienen, kommt aus der direkten EU-Nachbarschaft.“ Bei aller berechtigten Kritik sei die EU deshalb das größe Erfolgsmodell der neuzeitlichen Geschichte überhaupt. 80 Jahre Frieden sei alles andere als selbstverständlich. Wahrscheinlich werde das aber schon wieder als zu selbstverständlich hingenommen, so Beißwenger. Die EU mit ihren nur 440 Millionen Menschen bei acht Milliarden weltweit und allein 1,5 Mrd Chinesen stehe nicht nur als Wirtschafts- und Währungsunion, sondern vor allem auch als Werteunion vor riesigen Herausforderungen. „Die Weltlage ist extrem kompliziert. Wir leben in schwierigen, komplexen Zeiten.“
Zum Thema Landwirtschaft forderte der ehrenamtliche Bergbauernpräsident eine Forst- und Agrarpolitik mit den Betrieben. So gebe es in der Alpenregion die größte Artenvielfalt. Viele Artenschutzprojekte seien gelungen, weil Landwirte über Generationen das Land bewirtschaftet haben. „Wenn das aufhört, geht auch die Artenvielfalt zurück!“ Auch der Kampf gegen konventionelle Milchviehbetriebe und die Tierhaltung sei generell ein Kampf, bei dem die Landwirtschaft von ideologischen Kreisen schlechtgeredet werde. Wenn die Tierhaltung kaputtgemacht werde, findet sie woanders statt, wo weniger reglementiert und kontrolliert wird. Die Abhängigkeit werde nur noch größer. Die Landwirtschaft und Nahrungsmittelsicherheit müsse den gleichen Stellenwert haben wie das Reden über Lieferketten, wirtschaftliche Sicherheit und Verteidigungssicherheit, so Beißwenger. Die landwirtschaftlichen Betriebe und ihre Wertschöpfung müssen erhalten bleiben! Durch tiergerechte Haltung könne der Landwirtschaft Akzeptanz in der Gesellschaft verschafft werden. „Wenn wir in der Landwirtschaft wie in der Wirtschaft generell technologieoffen sind und nicht ideologisch an die Sache herangehen, dann werden wir die Probleme lösen können“, so Beißwenger. „Wir wollen Dekarbonisierung auch, aber wir wollen keine Deindustrialisierung. Das wenige Tage zuvor vom Bayerischen Kabinett zu Europa beschlossene 10-Punkte-Programm fordere deshalb auch einen Economic Deal statt einen Grünen Deal in der EU, damit unter anderem Landwirtschaft und Wirtschaft wieder mehr Gewicht bekommt und im Land gehalten wird.
Wie Beißwenger betonte, habe er in einem jüngst geführten Gespräch mit dem Generaldirektor der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Wolfgang Burtscher dessen Ansinnen abgelehnt, die Gemeinsame EU-Agrarpolitik nur noch als Gemeinsame Umweltpolitik GUP zu sehen. Beißwenger forderte vielmehr eine neue Gemeinsame EU-Agrarpolitik, die einkommensrelevant für die Landwirtschaft sei. Sie müsse einfacher, unbürokratischer und zielgerichteter umgesetzt werden. Die Reglementierungen zu Düngerecht und Anbindehaltung, der Bürokratie-Dschungel und die Agrardiesel- und Zuschussstreichungen insgesamt seien ein Frontalangriff auf die Existenz der Landwirtschaft. Zur neuen Gemeinsame EU-Agrarpolitik werde eigens eine bayerische Arbeitsgruppe eingesetzt, kündigte Beißwenger an. Zuversichtlich stimme ihn, dass vor 14 Tagen in Brüssel positive Neuerungen durchgewunken worden seien wie beispielsweise die Vier-Prozent-Stilllegungsfläche, ohne damit noch einmal in die Ausschüsse zu gehen. Beißwenger wertete das als Erfolg für das Image der Landwirtschaft insgesamt. „Die Kommission hat erkannt, dass die Landwirtschaft wichtig ist und keine Politik gegen die Landwirtschaft mehr betrieben werden darf!“
In der anschließenden Diskussion kritisierten anwesende Landwirte die Hauruck-Gesetzgebung etwa zur Schweinehaltung, fehlende Lösungen und Folgekonzepte für den Weiterbetrieb von Biogas- und Photovoltaikanlagen sowie die baurechtliche Privilegierung von Freiflächen für Photovoltaik entlang von Autobahnen und Bahnlinien. Hier werde unverantwortlich den Kommunen das Heft aus der Hand genommen und Politik am Bürger vorbei gemacht“, kritisierte Dierl. „Es ist ein Grundfehler der Politik, dass Entscheidungen getroffen werden, bei der die Menschen nicht mitgenommen werden.“ Dadurch werde wiederum der rechte Rand gestärkt. Ergänzend plädierte Beißwenger für Photovoltaik auf Privatdächer und Industrieanlagen sowie den Ausbau von Wasserstoff als regenerativer Energieträger. Mit dem 10-Punkte Papier der Bayerischen Staatsregierung und dem geplanten ökonomischen EU-Deal plädiere die Staatsregierung, so Beiswenger, auch für Investitionen in die Verteidigungswirtschaft in der Hoffnung, dass die Waffen nie gebraucht werden. „Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor“, zitierte er Cicero. 80 Prozent der Kampfkraft der Nato liege außerhalb der EU in USA, Türkei und Großbritannien. Zudem soll die Ost-Erweiterung der Balkan-Staaten vorangetrieben werden von Albanien bis Montenegro. In Serbien arbeiten 25000 Menschen für die bayerische Wirtschaft, so der Staatsminister. „Wenn wir denen kein ordentliches Signal geben, drohen auf dem Balkan kriegerische Konflikte.“ Afrika rutsche zusehends unter chinesischen und russischen Einfluß. „Wir müssen uns hier strategisch aufstellen und dürfen das nicht anderen überlassen!“
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