Blick über den Zaun: REGIOMED-Rehaklinik Masserberg

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Ein ganz besonderer Patient

Warum auch Menschen mit Langstock (umgangssprachlich auch „Blindenstock“) auf ihrem Handy scrollen und was der US-Musiker Usher mit Taubblindheit zu tun hat – das und noch vieles mehr erfährt man beim Podcast „Taub und Blind. FREI von der Leber.“ Initiiert haben ihn Tobias Josef und Marcell Feldmann, der aktuell in der REGIOMED Rehaklinik Masserberg zu Gast ist.

Beide leben mit dem Usher-Syndrom, einer erblichen fortschreitenden Hör- und Sehbehinderung. Dabei kommt zur angeborenen Schwerhörigkeit noch eine Netzhautdegeneration hinzu, die bis zur vollständigen Erblindung führen kann. Marcell Feldmann und Tobias Josef sind 37 bzw. 20 Jahre alt, als sie jeweils die Diagnose erhalten. Für beide ein Schock aber auch eine Erklärung für viele Situationen in ihrem Leben. Die Erkrankung ist selten und führt sowohl bei Betroffenen als auch im sozialen und beruflichen Umfeld zu Unsicherheiten.

Aktuell ist Marcell Feldmann zur Rehabilitation in Masserberg, mit dem Ziel, sich auf das Fortschreiten der Erkrankung einzustellen und diesem bestmöglich zu begegnen. „Es ist nun das sechste Mal, dass ich zur Reha nach Masserberg komme. Jeder einzelne Besuch hat mich in meiner sozialen und beruflichen Teilhabe positiv beeinflusst. Ich bin froh, dass diese Klinik existiert und ich mit dem Rehabilitationsteam eine Strategie für meine Zukunft entwickeln kann“, so der 51-Jährige.

Sein Lebensweg ist bemerkenswert, denn ungeachtet seiner Schwerhörigkeit und Sehbeeinträchtigung steht Feldmann zum Zeitpunkt der Diagnose fest im Leben. Drei Ausbildungsberufe hat er erlernt: Kunstglasbläser, Chemikant und Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Als er von seinem Schicksal erfahren hat, arbeitete er freiberuflich als Versicherungsberater und Journalist. Die Rentenversicherung wollte ihn als erwerbsunfähig einstufen, aber damit konnte und wollte er sich nicht abfinden. Feldmann, zu dem Zeitpunkt noch Autofahrer, zog aus einem Brandenburger Dorf nach Kassel, lernte die Blindenschrift Braille. Ihm gelang der Weg in die Festanstellung: Zunächst beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, später beim Taubblindenwerk Hannover. Dennoch stellte er fest: wirklich passgenaue oder vernetzte Angebote gibt es kaum.

Seit seiner Diagnose setzt sich Marcell Feldmann für eine inklusivere Gesellschaft und den Abbau der Barrieren im öffentlichen Raum ein. Einfach ergeben hat er sich seinem Schicksal nie. Und weil er aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer es ist, an passgenaue Hilfsangebote zu kommen, hat er es sich zum Ziel gemacht, anderen Betroffenen zu helfen. Bereits seit 2012 leitet er die Usher-Sprechstunde an der Berliner Charité. Seit 2016 ist Marcell Feldmann Vorsitzender des Vereins „Leben mit Usher-Syndrom e.V.“.

Mit seinem Freund Tobias Josef hat er mit dem neuen Podcast „Taub und Blind. FREI von der Leber.“ einen richtigen Coup gelandet. Beide begegnen dem Thema Taubblindheit im Alltag mit Witz, Charme und guter Laune. Seit dem Start zu Beginn des Jahres gab es mit tausenden Hörern (den sogenannten „Tubis“) eine viel größere Zuhörerschaft (und Leser der transkribierten Audiospur) als ursprünglich erwartet. Dies mag an der ungezwungenen Annäherung an das Thema liegen, aber auch an der Größe der Community: Ca. 10.000 Menschen gelten in Deutschland als taubblind, Zielgruppe des Podcast sind aber nicht nur Betroffene, sondern alle, die offen sind, sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Die Meisten kennen Usher gar nicht als Krankheit, sondern nur den US-Musiker“, beschreibt Marcell Feldmann das kaum vorhandene Bewusstsein für die Erkrankung. Insofern hilft sein Podcast Sehenden und Hörenden bei einem Perspektivwechsel, will Verständnis füreinander erzeugen und Unsicherheiten im zwischenmenschlichen Umgang abbauen.

Mit den Abonnenten kamen auch bekannte Persönlichkeiten als Gäste – oder war es umgekehrt? Neben Anke Engelke war bereits der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Jürgen Dusel, zu Gast. In der neuesten Folge des Podcast berichtet Feldmann von seinen vergangenen und dem aktuellen Aufenthalt in Masserberg, diesmal mit seiner Taubblinden-Assistenz Lucas Sellquist – einem weiteren Game-Changer in seinem Leben. In der darauffolgenden Ausgabe, die am 22. März erscheint, interviewt er mit Oliver Kolbe den Leiter der Fachabteilung Optometrie der REHA-Klinik Masserberg. Den Podcast gibt’s unter www.podcast.de, bei spotify, YouTube und Amazon music zum Nachhören.

10.000 Menschen gelten in Deutschland als taubblind. „Taubblind“ bezeichnet den Zustand mit Hör- und Sehbeeinträchtigung, d.h. Betroffene können aber durchaus noch etwas sehen und auch hören.


Über die Reha-Klinik Masserberg

Inmitten des Thüringer Waldes und direkt an das UNESCO-Biosphärenreservat angrenzend liegt der heilklimatische Luftkurort Masserberg – mit seiner langen Historie in der Augenheilkunde. Die ophthalmologische Abteilung der heutigen REGIOMED Rehaklinik Masserberg entwickelte sich aus einer Außenstelle der Universitätsaugenklinik Jena, die bereits 1949 gegründet wurde.

Heute betreut das multiprofessionelle Rehabilitationsteam um Frau Prof. Dr. habil. Kunert mit 135 ophthalmologischen Betten jedes Jahr ca. 1300 Menschen, die an schweren oder schwersten Augenerkrankungen jeglicher Art leiden. Anders als im Akutkrankenhaus steht in der Rehabilitation der durch die Erkrankung verursachte Funktionsverlust im Kontext der sozialen und beruflichen Teilhabe im Vordergrund. Das spezielle Reizklima der Höhen des Thüringer Waldes, die Reduktion von Stress und die Stärkung des Immunsystems sind dem Erhalt der Sehkraft nachweislich zuträglich.