MENTOR – Leselernhelfer kommen in Bamberg zusammen

Im Fokus: Das Lesen mit analogen und digitalen Medien. © Andreas Endermann
Im Fokus: Das Lesen mit analogen und digitalen Medien. © Andreas Endermann

Engagierte Lesementor:innen im Kampf gegen die Bildungskrise

Ob IGLU, IQB-Bildungstrend oder PISA, alle renommierten, aktuellen Bildungsstudien verdeutlichen eine dramatische Abwärtsspirale in der Lesekompetenz. Mindestens 25% der Kinder und Jugendlichen können nicht mehr ausreichend lesen. Das beobachten auch die 15.000 ehrenamtlichen Lesementor:innen, die sich bundesweit wöchentlich mit jungen Menschen in den Schulen treffen, um ihre Begeisterung für das Lesen zu wecken und so bundesweit 19.000 Schüler:innen zu fördern.

Vorstandsmitglieder vom MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverband e.V. gemeinsam mit Vorstandsmitgliedern des lokalen MENTOR-Vereins im Landkreis Bamberg beim MENTOR-Fachtag in der Volkshochschule Bamberg-Stadt. (Quelle: Noa Tautz)

Vorstandsmitglieder vom MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverband e.V. gemeinsam mit Vorstandsmitgliedern des lokalen MENTOR-Vereins im Landkreis Bamberg beim MENTOR-Fachtag in der Volkshochschule Bamberg-Stadt. (Quelle: Noa Tautz)

Organisiert sind die Ehrenamtlichen unter dem Dach des MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverbands e.V. Bei ihrer jährlichen nationalen Fachtagung, die in diesem Jahr in Bamberg stattfand, stellten die MENTOR-Akteure gemeinsam mit wissenschaftlichen Experten und prominenten Gästen die Weichen für die Zukunft ihrer Leseförderung. Diese ist einerseits geprägt von drastisch steigenden Zahlen an Kindern und Jugendlichen, die nicht richtig lesen können, und andererseits von der Digitalisierung.

Lesen zu können ist die Schlüsselkompetenz, die in allen Lebenssituationen benötigt wird – sei es in der Schule, im Beruf oder im Alltag. Sie ist die Basis für das Lernen in allen Schulfächern, aber auch einfach dafür, Fahrpläne zu verstehen, Formulare auszufüllen oder Informationen aus den Medien zu verarbeiten. Die immense Bedeutung der Lesefähigkeit für die Teilnahme von Kindern und Erwachsenen am gesellschaftlichen Leben betonte auch Cornelia Genslein. Die Bamberger Schulrätin begrüßte die etwa einhundert Lesementor:innen aus dem gesamten Bundesgebiet in der Volkshochschule Bamberg und betonte deren Beitrag als tragende Säule der Gesellschaft. Die gute Zusammenarbeit mit dem lokalen MENTOR-Verein für den Landkreis Bamberg fand großen Anklang und wurde von den Teilnehmenden als wichtige Gelingensbedingung für die notwendige Zusammenarbeit mit den Schulen gewürdigt.

Huguette Morin-Hauser, die 1. Vorsitzende des MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverbandes e.V. erläuterte: „Deutschland steckt in einer massiven Lesekrise. Der Förderbedarf ist so groß wie in den letzten 20 Jahren nicht, die Schulen fragen unsere ehrenamtliche Förderung so stark an wie noch nie. Wenn wir die Kinder jetzt nicht gezielt fördern, hängen wir sie wissentlich ab. Unsere Förderphilosophie ist so erfolgreich, weil wir die Kinder einzeln und langfristig unterstützen. Dafür fehlt den Lehrkräften an den Schulen einfach die Zeit.“

MENTOR – Die Leselernhelfer setzt auf sein erfolgreiches Prinzip der gezielten 1:1-Förderung: Ein:e Mentor:in fördert ein Kind, einmal in der Woche, mindestens ein Jahr lang und geht dabei gezielt auf seine Stärken und Interessen ein. Eine Möglichkeit, um diese Förderung noch breiter aufzustellen und zukünftig noch mehr junge Menschen zu unterstützen, sieht MENTOR in der Digitalisierung. Huguette Morin-Hauser ergänzt: „Um die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die wir beim Lesen lernen unterstützen, deutlich zu steigern, wollen wir zusätzlich zu unseren persönlichen Lesestunden in den Schulen über unsere neue Internetplattform ‚MENTOR-Campus‘ deutschlandweit Online-Lesestunden anbieten.“

Bei der Tagung in Bamberg präsentierten der Verband und seine 123 Mitgliedsvereine zum ersten Mal detailliert den MENTOR-Campus, der vor allem auch eine Austausch- und Lernplattform für alle 15.000 Lesementor:innen wird. Ihren Aufbau finanziert bis 2026 das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Für die geplanten Online-Lesestunden verabreden sich die Lesementor:innen und ihre Lesekinder zu einer Videokonferenz über die Plattform. Der Verband möchte damit eine Vielzahl neuer Mentor:innen gewinnen. Denn nun können auch die Menschen aktiv werden, die keine Zeit haben für die Lesestunden mittags in eine Schule zu kommen. Die dringend benötigte 1:1-Leseförderung wird so z.B. auch vom Arbeitsplatz aus machbar.

Die Lesekompetenz der bayerischen Schüler:innen ist im Bundesländervergleich vergleichsweise hoch, aber es gibt trotzdem Förderbedarf. „Dass auch hier viele Kinder und Jugendliche abgehängt werden, nicht mehr mitkommen und Unterstützung brauchen, lässt sich nicht wegdiskutieren“, berichtet Dr. Christian Lorenz, Leiter des Bildungsbüros für den Landkreis Bamberg. Auch deshalb initiierte er 2020 den Aufbau des regionalen Vereins MENTOR – Die Leselernhelfer Landkreis Bamberg e.V.: „Unser Verein ergänzt die bereits vorhandenen vielfältigen und wichtigen Leseangebote, um für noch mehr Kinder und Jugendliche gute Voraussetzungen für Erfolg in Schule und Ausbildung zu schaffen. Der 1:1-Förderansatz von MENTOR wird von den Schulen sehr begrüßt.“

An 25 Schulen im Landkreis Bamberg ist der Verein mit seinen mittlerweile etwa 120 Mitgliedern bereits aktiv. Weitere Unterstützung wird dringend benötigt. Wer sich ehrenamtlich engagieren möchte, findet hier Informationen: www.bildungsregion-bamberg.de/mentor.


Über MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverband e.V.

Oberstes Prinzip ist die 1:1-Betreuung: Ein:e Mentor:in fördert ein Kind, einmal in der Woche, mindestens ein Jahr lang. Die Förderung erfolgt ausschließlich in Kooperation mit den Schulen. Unter dem Dach des Bundesverbands engagieren sich 13.000 ehrenamtliche Lesementor:innen für 16.600 Kinder und Jugendliche. Der erste MENTOR-Verein wurde 2003 in Hannover gegründet.

Der Bundesverband mit Sitz in Köln sorgt vor allem für die Qualifizierung der Lesementor:innen, damit sie ihr Ehrenamt gut vorbereitet aufnehmen und bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe begleitet werden. Schirmherren sind Richard David Precht, Sandra Maischberger, Armin Maiwald, Simone Standl und Markus Wasmeier.