Bamberger Schlachthof-Geschäftsführung: „Zeit ist reif für eine Entscheidung“
Der Aufsichtsrat empfiehlt, die Beratung im Stadtrat zur Zukunft des Schlachthofs deutlich vorzuziehen
Neue Situation beim Bamberger Schlachthof: Während die wirtschaftliche Entwicklung der Schlachthof Bamberg GmbH bis zum Jahresende 2023 weitgehend planmäßig verlief, hat sich die Marktlage seit dem Jahreswechsel bundesweit – und damit auch in Bamberg – massiv und nachteilig verändert.
Der Großkunde im Rinderbereich liefert keine ausreichenden Schlachtkontingente. Angesichts der rückläufigen Marktentwicklung kann nach der Beurteilung des Geschäftsführers Julian Müller und des Wirtschaftsreferenten Dr. Stefan Goller „niemand zum gegenwärtigen Zeitpunkt gesicherte Prognosen für die nächsten Wochen abgeben“. Weil die Schlachtzahlen nicht mehr kalkulierbar sind, entsteht ein Liquiditätsengpass, der nun zum Handeln zwingt. Deswegen hat der Aufsichtsrat einstimmig empfohlen, die Beratung im Stadtrat zur Zukunft des Schlachthofs vorzuziehen.
Dem Aufsichtsrat wurde bei seiner Sitzung am Freitag erneut ein umfassender Überblick über die gegenwärtige wirtschaftliche Lage, die Schlachtzahlen und die Wettbewerbssituation gegeben. Das Gremium musste auch zur Kenntnis nehmen, dass die Verhandlungen mit dem Bayerischen Landwirtschaftsministerium und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium nicht das gewünschte Ergebnis gebracht haben. Die geforderte finanzielle Unterstützung des Bamberger Schlachthofs ist durch den Freistaat Bayern nicht realisierbar. Auch die Großkunden waren nicht bereit, höhere Preise zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation zu bezahlen. Eine substantielle Beteiligung des Landkreises Bamberg für die Zukunft ist ungewiss.
Oberbürgermeister Andreas Starke setzt sich nach dieser sorgfältigen Analyse für eine zeitnahe Beratung und Entscheidung im Stadtrat ein: „Wenn sich die Marktlage so rasant und überraschend ändert, darf nicht gezögert werden.“ Das rasche Handeln wird auch von Dr. Stefan Goller und Julian Müller unterstützt.
Gegenwärtig fehlen dem Schlachthof für einen wirtschaftlichen Betrieb rund 350 Rinder pro Woche. „Entgegen seiner ursprünglichen Bekundungen war es dem Vion-Konzern nicht möglich, den Ausfall des vormaligen zweiten Großkunden im Bereich Rind zu kompensieren und die eigenen Schlachtkontingente anzuheben. Vion ist selbst in eine wirtschaftlich schwierige Lage geraten. Deswegen werden konzernseitig Betriebe geschlossen und zum Teil verkauft“, erklärt Geschäftsführer Müller. Aus diesem Grund verzeichnete der Schlachthof ein Erlösdefizit von 40.000 Euro pro Woche. Die fehlende Liquidität der Gesellschaft müsste durch regelmäßige und hohe Zuschüsse der Stadt ausgeglichen werden. Die Situation in der Branche ist zudem so unsicher geworden, dass „mittelfristig auch keine optimistische Prognose zur Wirtschaftlichkeit des Betriebs abgegeben werden kann“, sagte Geschäftsführer Müller.
Angesichts dieser Zahlen und Fakten hat der Aufsichtsrat empfohlen, die ursprünglich für Juni 2024 vorgesehene Entscheidung zur Zukunft des Schlachthofes vorzuziehen: Bereits in der Vollsitzung des Stadtrates am 20. März 2024 soll die neue Situation beraten werden. Zuvor wird es noch eine weitere Sitzung des Aufsichtsrats am 8. März geben.
Informationsveranstaltung am Schlachthof
Der Oberbürgermeister Starke legte großen Wert darauf, dass die Mitarbeitenden eng einbezogen und rechtzeitig benachrichtigt werden. Deswegen wurden die Mitarbeitenden am Schlachthof unmittelbar nach der Sitzung des Aufsichtsrates aus erster Hand informiert. Der Personalreferent Jonas Glüsenkamp betont dazu: „Insgesamt 165 Menschen sind am Schlachthof in ganz verschiedenen Bereichen tätig. Wir werden die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kommenden Monaten besonders im Blick behalten.“
Die Sitzung des Aufsichtsrates wurde auch genutzt, um die zunächst in Aussicht gestellte Förderkulisse seitens des Freistaates Bayern zu erläutern. Dr. Goller erklärte dazu: „Nach dem Ergebnis eines Termins jüngst in München mit dem Landwirtschaftsministerium lässt sich eine Förderung nicht darstellen. Im Rahmen bestehender Förderprogramme dürfte der Anteil der öffentlichen Hand am antragstellenden Unternehmen 25 Prozent nicht überschreiten. Der Schlachthof Bamberg ist jedoch eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadt. Auch ein anderes Betreibermodell für den Schlachthof mit einem privaten Betreiber würde an dieser Einschätzung nichts ändern, da die Stadt auch in einer solchen Konstruktion Eigentümerin der Grundstücke und Anlagen bliebe.“
OB Starke dankte und lobte Dr. Goller und Müller ausdrücklich für ihren Einsatz in den vergangenen zwei Jahren: „Seit dem plötzlichen Ausscheiden des damaligen Geschäftsführers im Frühjahr 2022 haben sich die beiden permanent und aufopferungsvoll bemüht, den Schlachthof zu stabilisieren, eine Zukunftsperspektive zu entwickeln und den Stadtrat in die Lage zu versetzen, richtig zu entscheiden.“
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