Vortrag in Dörfles-Esbach über den Vogel des Jahres 2024, den Kiebitz
Erneut der Kiebitz! Nach 1996 ist dieser charmante Flugakrobat zum zweiten Mal „Vogel des Jahres“. Was fasziniert uns an einem Vogel, der bis zu 24 Jahre alt werden kann und seinen Nachwuchs in einem Art Kindergarten groß zieht?
Am Dienstag, 23. Januar, hält Christian Fischer, Gebietsbetreuer für Wiesenbrüter des LBV Coburg, einen Vortrag über den Kiebitz, den Vogel des Jahres 2024, und die Bemühungen, ihn im Coburger Land zu schützen. Der Vortrag ist kostenlos, beginnt um 19.30 Uhr und findet im Landgasthof Kaiser an der Neustadter Straße 24 in Dörfles-Esbach statt. Man kann sich auch online zuschalten unter dem Link www.t1p.de/naturschutzonline. „Der LBV freut sich über rege Teilnahme“, sagt Cordelia Hiller vom LBV Coburg.
Früher galt der Kiebitz (Vanellus vanellus) als „Allerweltsvogel“. Wie viele Wiesenbrüter und Feldvögel ist der Kiebitz auf offene, flache Landschaften mit feuchten Bodenstellen angewiesen. In Deutschland war er in der Vergangenheit vor allem auf niedrigwüchsigen Feuchtwiesen und Weiden zu finden. Die Trockenlegung von Feuchtwiesen und intensive Landwirtschaft sorgen jedoch dafür, dass der Vogel des Jahres 2024 seinen natürlichen Lebensraum verliert. Obwohl der Kiebitz vielfach auf benachbarte Ackerflächen ausgewichen ist, nimmt sein Bestand dennoch dramatisch ab. Denn dort werden seine Gelege häufig durch die Bewirtschaftung des Ackers zerstört und er kann sich dort nicht mehr gegen Fressfeinde wehren. Auch Spaziergänger und Hunde können den Bodenbrüter stören. In der ausgeräumten Landschaft finden Kiebitze zudem immer weniger Nahrung, zu denen vor allem Insekten und deren Larven zählen.
Kiebitz ist heute stark gefährdet
Die Folge: Der Bestand des Kiebitzes ist dramatisch zurückgegangen und ist heute eine Art der Roten Liste. Die massiven Einbrüche seiner Population sind schon seit Längerem ein besorgniserregender Trend. Inzwischen gilt der Kiebitz auf dem europäischen Kontinent als gefährdet und deutschlandweit sogar als stark gefährdet. Allein zwischen 1980 und 2016 ist seine Zahl in Deutschland um 93 Prozent zurückgegangen! In Deutschland wurden zuletzt nur noch rund 42.000 bis 67.000 Brutpaare gezählt. Der Bestand in Bayern wird aktuell auf etwa nur noch 3.790 Brutpaare geschätzt.
Auch im Coburger Land nimmt der Kiebitz-Bestand seit vielen Jahren ab. „Wo früher diese Vögel zu Hunderten in der Luft umhergaukelten, findet man sie jetzt kaum noch“. Das schrieb Adam Brückner bereits vor hundert Jahren über die Kiebitze, der die Tierwelt des Coburger Landes untersuchte. Heute sind sie fast gänzlich verschwunden. „Der Kiebitz kommt nur noch an wenigen Stellen im Coburger Land als Brutvogel vor. Die 15 bis 25 Brutpaare konzentrieren sich überwiegend auf den Äckern und Wiesen nördlich von Coburg bis Meeder und Beuerfeld. Besonders gerne brüten Kiebitze heutzutage auf Stoppeläckern. Auf den modernen Wirtschaftswiesen fühlt sich der Kiebitz nicht mehr wohl, da sie zu schnell und zu dicht wachsen“, erklärt Christian Fischer, Gebietsbetreuer für Wiesenbrüter des LBV Coburg. „Schon von Geburt an hat es so ein kleiner Kiebitz nicht leicht. Nach dem Schlupf, meist Anfang Mai, müssen sie den Acker verlassen, denn dort gibt es nicht ausreichend Futter. Mitunter müssen sie mit ihren Eltern weit wandern, um an geeignete Futterstellen zu kommen. Das können Nasswiesen oder schlammige Wassermulden sein.“
Eine Zukunft hat der Kiebitz bei uns nur, wenn es ihm gelingt, genügend Nachwuchs heranzuziehen, um den Bestand zu erhalten. Dabei unterstützt ihn im Coburger Land Christian Fischer. Der Gebietsbetreuer des gemeinnützigen Coburger Naturschutzvereins markiert in Absprache mit Landwirten die Kiebitz-Nester, damit diese bei der Acker- und Wiesenbewirtschaftung geschont werden können. Auch Wassermulden werden mit Baggern in Wiesen geschoben, damit die Küken trinken und im offenen Uferschlamm Insektenlarven und Würmer finden können. Hilfreich ist dabei auch eine Beweidung mit Rindern, die Wiesen und Gewässer offenhalten und in deren Dung sich viele Insekten als Kükennahrung entwickeln. Neben lebensraumverbessernden Schutzmaßnahmen sind auch Zäune eine Möglichkeit, den Wiesenbrütern zu helfen. Besonders in Hessen konnte durch Schutzzäune eine starke Zunahme der Kiebitzbestände erreicht werden. Im Coburger Land versucht der Gebietsbetreuer mit Elektrozäunen die Bruten der Wiesenbrüter vor den Füchsen zu schützen.
Zur Wahl des „Vogel des Jahres“
An der Vogelwahl vom NABU und seinem bayerischen Partner, dem LBV, haben sich dieses Mal fast 120.000 Menschen beteiligt. Etwas weniger als ein Drittel der abgegebenen Stimmen (27,8 Prozent) entfiel auf den Kiebitz, der nun den Titel „Vogel des Jahres 2024“ trägt und ein Jahr lang Botschafter für Bayerns Natur ist. Seit 1971 küren NABU und LBV jährlich einen „Vogel des Jahres“. Mit der Aktion wollen die Naturschutzverbände auf die Gefährdung der Tiere und deren Lebensräume aufmerksam machen.
Faktencheck: Was Sie vielleicht noch nicht über den Kiebitz wussten
- Der Kiebitz verdankt seinen Namen seinem einprägsamen Ruf „kie-wit“. Er ist ein überaus langlebiger Vogel und kann bis zu 24 Jahre alt werden.
- Für einen Watvogel hat der Kiebitz sehr große Flügel, ist somit gut in der Luft zu identifizieren. Sein englischer Name lautet Lapwing („Flügel an Lappen erinnernd“).
- Oft wollen Männchen die Weibchen beeindrucken, indem sie kleine Mulden scharren und Gräser rupfen – auch „Scheinnisten“ genannt. Spektakuläre Flugmanöver sollen den Weibchen während der Balz ebenfalls imponieren. Das hat ihm auch den Beinamen „Gaukler der Lüfte“ eingebracht.
- Zwar verlassen die Küken bereits nach wenigen Stunden ihr Nest, suchen aber noch eine gute Woche lang immer wieder die Wärme ihrer Mutter.
- Kiebitze gelten als recht mutige Vögel: Fressfeinde werden oft von mehreren Kiebitzen angegriffen und erfolgreich vertrieben.
- Selten verirren sich auch bräunliche Steppenkiebitze nach Mitteleuropa und schließen sich hiesigen Kiebitztrupps an.
- Kiebitze sind so genannte Teilzieher: Ein Teil von ihnen überwintert bei milder Witterung in Deutschland, auch an den Küsten. Ein anderer Teil zieht in die Wintergebiete, etwa nach Spanien, Frankreich, Großbritannien und die Niederlande.
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