Winter-Notfallplanung für Geflüchtete: Stadt Bamberg will keine Turnhalle nutzen
Stadtrat fasst Grundsatzbeschluss zur Benzstraße. Innenminister Herrmann sichert OB Starke zu, dass besondere Situation Bambergs berücksichtigt wird.
Die Unterbringung und die Versorgung von 200 Geflüchteten innerhalb einer geringen Vorlaufzeit zu gewährleisten: Viele Kommunen schaffen diese Vorgabe des „Winter-Notfallkonzepts“ nur, indem sie Schulturnhallen dafür bei ihren Planungen heranziehen. „In der Stadt Bamberg wollen wir das vermeiden. Unsere Turnhallen sollen weiterhin für den Schul- und Vereinssport zur Verfügung stehen“, erklärt Oberbürgermeister Andreas Starke. Deshalb versucht die Stadt, die Vorgabe der Regierung von Oberfranken, eine Notfall-Unterkunft vorzubereiten, im Gebäude in der Benzstraße 9 umzusetzen. Dafür stimmte mit klarer Mehrheit auch der Stadtrat Bamberg in der jüngsten Vollsitzung.
Zudem hat Oberbürgermeister Starke am Freitag die Videokonferenz mit dem Bayerischen Staatsminister des Inneren, für Sport und Integration, Joachim Herrmann, und der Sozialministerin Ulrike Scharf genutzt, um auf die hohe Belastung der Stadt Bamberg durch die Anker-Einrichtung Oberfranken (AEO) und die Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen deutlich hinzuweisen. Deswegen sei es gerechtfertigt, so Starke, die Stadt Bamberg beim Notfall-Konzept nicht zusätzlich in die Pflicht zu nehmen. Dem OB wurde zugesichert, dass keinesfalls eine weitere dauerhafte Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden soll. Die Staatsregierung erwartet ein Konzept, das in einem unerwarteten Notfall schnell umgesetzt werden könnte. Sie dient nicht der akuten Krisenbewältigung und bedeutet auch nicht eine echte Reservenbildung. Minister Herrmann erklärte, dass die besondere Bamberger Situation bei der Entscheidung, welche Kommunen zunächst herangezogen werden, berücksichtigt werden sollte so wie dies bei der Verteilung ja auch schon bislang erfolgt.
Vor wenigen Wochen hatte die Regierung von Oberfranken alle oberfränkischen Kreisverwaltungsbehörden informiert, dass auf Grund des anhaltend hohen Zugangs von Flüchtlingen ein sogenanntes „Winter-Notfallkonzept“ vorzuhalten ist. Alle Kreisverwaltungsbehörden wurden deshalb aufgefordert, der Regierung jeweils eine Notfall-Unterbringung für 200 Menschen zu benennen und mit einer geringen Aktivierungszeitsicherzustellen.
Unterstützt vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) begann die Stadtverwaltung kurz nach Bekanntwerden der Vorgaben mit der Prüfung, ob sich ihr Gebäude in der Benzstraße 9 für eine Notfall-Unterbringung von bis zu 200 Personen eignet. Bei einem Ortstermin wurde festgestellt, dass neben einem bauordnungsrechtlichen Verfahren für eine befristete Nutzungsänderung auch ein Brandschutzgutachten erforderlich ist. Vom Ergebnis dieses Gutachtens hängt es nun ab, ob eine Ertüchtigung des Gebäudes als Unterkunft grundsätzlich möglich ist und welche Maßnahmen dafür erforderlich sind. „Nach der ersten Inaugenscheinnahme scheint das Gebäude für die geforderte Notfallunterbringung geeignet zu sein. So könnte auch die Ausgabe von Essen und Getränken über die ehemalige Kantine der früher dort ansässigen Firma erfolgen“, sagt Ordnungsreferent Christian Hinterstein.
Bürgerinformations-Veranstaltung wird vorbereitet
Es ist allerdings davon auszugehen, dass die erforderlichen Vorarbeiten für die Liegenschaft noch einige Wochen in Anspruch nehmen und eine potentielle Nutzung nach derzeitigem Kenntnisstand voraussichtlich erst ab Februar/März 2024 möglich sein würde. Neben dem Brandschutz hängt die Realisierbarkeit vor Ort auch von der Zusage der Regierung von Oberfranken zu diesem Projekt ab. „Sobald alle Fragen geklärt sind und feststeht, dass die Einrichtung in der Benzstraße 9 erfolgen soll, werden wir auch eine Veranstaltung zur Information der Anwohnerschaft organisieren. Diese sollen natürlich die Möglichkeit haben, Ihre Fragen und Anregungen direkt vorzutragen“, betont OB Starke.
FAQ: Antworten auf die häufigsten Fragen
– Wer zahlt die Kosten für die Ertüchtigung der Immobilie und der Unterbringung? Die Kosten für die Schaffung einer Notfall-Unterkunft werden der Stadt Bamberg vom Freistaat Bayern erstattet. Eine entsprechende Zusage der Regierung von Oberfranken liegt der Stadtverwaltung vor. In der Praxis muss die Stadt Bamberg zunächst entsprechend in Vorleistung gehen und die anfallenden Kosten werden dann vierteljährig mit der Regierung abgerechnet.
– Welche Form der Unterbringung ist vor Ort vorgesehen? Es ist aktuell noch keine Unterbringung von Asylbewerbern in der Benzstraße vorgesehen. Wie geschildert, wird zunächst ein Konzept für die Unterbringung im Notfall entwickelt, für den Fall, dass andere Kapazitäten nicht zur Verfügung stehen.
Von der Anmutung würde die Unterbringung dort eher an improvisierte Lager in Turnhallen erinnern. Es geht in erster Linie um Funktionalität. Die Unterkünfte dieser Notfall-Planung sollen nach den Vorgaben des Freistaates Bayern der kurzzeitigen Erstversorgung dienen. Zur Verfügung gestellt werden müssen insbesondere Schlafplätze sowie Nahrung und bei Bedarf auch medizinische Erste Hilfe. Die Unterkünfte müssen winterfest sein. Ziel ist somit eine kurzfristige Unterbringung, regelmäßig nur wenige Tage, wobei dann von dort aus die geordnete Weiterleitung in andere Unterkünfte erfolgen soll.
– Kann sich die Stadt Bamberg der Winter-Notfallkonzept entziehen? Nein, bei der Abwehr drohender Obdachlosigkeit handelt es sich auch um eine kommunale Aufgabe im Rahmen der allgemeinen sicherheitsrechtlichen Gefahrenabwehr. Die Kommunen sind für eine „Notfallunterbringung“ auch originär zuständig
– Wann ziehen die ersten Flüchtlinge ein? Wie bereits dargelegt handelt es sich zunächst nur um eine konzeptionelle Ausarbeitung für den Notfall. Minister Herrmann hat erklärt, dass die besondere Situation der Stadt Bamberg auch bei der Frage, wer in einem Notfall weitere Geflüchtete aufnehmen solle, berücksichtigt würde. Deshalb ist nicht absehbar, ob es überhaupt jemals zu einer Zuweisung für diese Unterkunft kommen wird.
– Kann die Einrichtung zu einer Dauerlösung werden? Mit der Einrichtung einer Kapazität für das Winter-Notfallkonzept entsteht keine kommunal betriebene Ausweichunterkunft. Es würde vielmehr eine Einrichtung für eine kurzfristige, temporäre Notfallunterbringung geschaffen. Für einen dauerhaften Aufenthaltsraum sind die Räumlichkeiten nicht ausgelegt und gegenüber potentiellen Bewohner:innen auch nicht über einen längeren Zeitraum vertretbar. Außerdem hat die Stadt Bamberg noch andere Vorstellungen für das Gebäude.
– Welche Pläne verfolgt die Stadt Bamberg mittelfristig mit der Benzstraße 9? Die Stadt Bamberg hält nach wie vor an ihrem Grundkonzept fest, in diesem Gebäude einen Teil der Verwaltung unterzubringen. Dafür bedarf es jedoch einer umfangreichen Planung und der Durchführung einer größeren Baumaßnahme. Dafür fehlen der Stadt Bamberg aktuell noch die finanziellen und personellen Mittel.
– Warum gibt es nicht sofort eine Bürgerinformations-Veranstaltung für die Anwohnerschaft in der Benzstraße? Da noch viele Fragen zu klären sind, käme ein solches Format zu früh. Sobald jedoch endgültig Klarheit in Sachen Realisierbarkeit und Kostenübernahme herrscht, geht es gemeinsam mit dem Bürgerverein Nord an die Vorbereitung eines solchen Termins. Er wird dann über die verschiedenen Kanäle der Stadt Bamberg bekannt gegeben.
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