Seltene Heuschreckenart erstmals auch in Bamberg nachgewiesen
Anzeichen des Klimawandels: Bei der Naturschutzfachkartierung wurden Exemplare der Italienischen Schönschrecke gefunden
Schon ihr Name sagt es – sie kommt nicht von hier: die Italienische Schönschrecke. Sie stammt aus dem Mittelmeerraum und breitet sich infolge des Klimawandels gerade nach Norden aus. Mancher wundert sich vielleicht: Schön und schrecklich sind nicht gerade Eigenschaften, die man ohne Weiteres zusammen sieht. Aber das Rätsel ist rasch geklärt, wenn man ein wenig Sprachforschung betreibt. „Hewiscrecko“ hießen die Heuschrecken im Althochdeutschen, und screcko bedeutete ursprünglich „springen“. In der Bezeichnung Grashüpfer ist es erhalten geblieben.
Gefunden wurde die Italienische Schönschrecke (die schöne Springerin) im August an den sonnigen Hängen des Alten Rothofes, oberhalb von Wildensorg. Nicht zufällig. Der Biologe Jürgen Thein und seine Mitarbeiterin Josline Griese hatten im Auftrag des Landesamtes für Umwelt und des städtischen Klima- und Umweltamtes danach gesucht. Heuschrecken sind eine der sechs Tiergruppen, die im Rahmen der sogenannten Naturschutzfachkartierung von 2023 bis 2025 im Stadtgebiet erfasst werden. Außer ihnen noch: Vögel, Reptilien, Amphibien, Libellen und Tagfalter.
Die Hüpfer haben phantasievolle Namen: Verkannter Grashüpfer, Zweifarbige Beißschrecke, Blauflügelige Ödlandschrecke (in den Medien irrtümlich auch schon als Blauäugige Ödlandschnecke benannt) oder Gefleckte Keulenschrecke. Insgesamt haben Thein und Griese bisher 21 Arten im Stadtgebiet entdeckt, 8 davon sind selten. Insbesondere Calliptamus italicus, so heißt die Schönschrecke wissenschaftlich und damit eindeutig. Für sie ist es der Erstnachweis im Bamberger Stadtgebiet. Ein weiteres Indiz dafür, meint Stadtbiologe Jürgen Gerdes, dass der Süden zu uns kommt.
Attraktive Orte für Heuschrecken
Besonders attraktiv für seltene Heuschrecken sind im Stadtgebiet der Flugplatz Breitenau, das Muna-Gelände, die Buger Wiesen, der Schießplatz an der Armeestraße, das Erba-Gelände und die Wiesen um die Altenburg. Wie eine frühere Untersuchung im Jahr 2019 zum SandAchse-Franken-Projekt zeigte, auch naturnah gepflegte Straßenränder, wie etwa am Berliner Ring. Dort fand der Bayreuther Ökologe Christian Strätz von den 73 in Bayern lebenden Heuschreckenarten ebenfalls 21.
Anders als Schmetterlinge und Wildbienen sind Heuschrecken als wenig flugaktive Tiere kaum beeinträchtigt vom Fahrtwind des Straßenverkehrs. Sie finden in Bambergs blühenden Straßenrändern einen guten Ersatzlebensraum. Das spricht für die naturnahe Pflege von menschengemachten „Biotopen“, genauso wichtig ist aber, wie Umweltreferent Jonas Glüsenkamp und Jürgen Gerdes betonen, der weitestgehende Erhalt ihrer natürlichen Lebensräume – auch und gerade in der Stadt.
Die Naturschutzfachkartierung legt dabei die Grundlage für den gezielten Schutz selten gewordener Arten. So können die Lebensräume der Tiere durch gezielte Pflegemaßnahmen aufgewertet, bei notwendigen Eingriffen Rücksicht auf sie genommen werden. Finanziert wird die Kartierung zu über 70 Prozent vom Freistaat Bayern, den Rest legt die Stadt Bamberg drauf. Über die Amphibien und Tagfalter wurde im Sommer bereits berichtet.
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