Landwirtschaftsstudierende in Münchberg erhielten interessante Einblicke in brasilianischen Betrieb
Landwirtschaft am anderen Ende der Welt
Eine besondere Unterrichtsstunde erlebten die Studierenden der Landwirtschaftsschule in Münchberg. Organisiert von Arno Eisenacher, Lehrer für Betriebswirtschaft und Unternehmensführung vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Coburg-Kulmbach war ihnen per Video der brasilianische Landwirt Karl Eduard Milla live zugeschaltet. Ebenfalls virtuell mit dabei waren die beiden Semester aus der Landwirtschaftsschule Schweinfurt. Und die Studierenden staunten nicht schlecht, wie am anderen Ende der Welt Landwirtschaft betrieben wird.
Bewegte Familiengeschichte
Fast 11.000 Kilometer, also rund ein Viertel des Erdumfangs, sind die Standorte des Betriebs Milla entfernt – und das waren nicht die einzigen Superlative, mit denen die Studierenden bei den „Brasilianischen Einblicken“ konfrontiert waren. Zunächst gab Karl Eduard Milla einen Einblick in die Historie seiner Familie. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden seine Vorfahren, sogenannte Donauschwaben, nach Österreich vertrieben. Zusammen mit 500 weiteren Familien wanderten sie dann nach Brasilien aus. Sein Vater Ernst (Ernest) begann, den landwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen, der heute zu den größeren in Brasilien zählt.
Wenn der Landkreis Lichtenfels ein einziger Acker wäre …
Inzwischen wirtschaftet der Betrieb an insgesamt vier Standorten und betreibt ausschließlich Ackerbau. Zum ursprünglichen Standort im Süden mit 1.000 Hektar Anbaufläche ist Ende der 80er Jahre unweit davon ein zweiter mit 3.200 Hektar dazugekommen. Schon diese Zahlen sorgten für große Augen bei den Schülern. Aber das war noch lange nicht alles: Im Norden Brasiliens werden seit einigen Jahren zwei weitere Betriebe mit zusammen fast 40.000 Hektar bewirtschaftet. Insgesamt betreibt der Betrieb Ernest Milla Agrícola also auf einer Fläche von rund 43.700 Hektar Ackerbau. Zum Vergleich: Die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche im Landkreis Lichtenfels ist nur halb so groß. Auf die Frage nach den Besitzverhältnissen zeigte Karl Eduard Milla einen weiteren großen Unterschied zur heimischen Landwirtschaft auf: „Alle unsere Flächen sind zu 100 Prozent in unserem Eigentum. Wir haben keine Pachtflächen.“ Und das Wachstum des Betriebs soll weitergehen. „Allerdings ist es mittlerweile schwer, an neue Flächen ranzukommen.“
Durchmischte Fruchtfolge: Von Soja bis Baumwolle
Bei der Fruchtfolge richtet sich Karl Eduard Milla nach den klimatischen Verhältnissen vor Ort und den Ergebnissen von Bodenanalysen. Beides ist im Norden und im Süden sehr unterschiedlich. Hauptkultur ist jeweils Soja, dazu kommen noch Mais, Gerste, Bohnen und Baumwolle. Dabei nutzt der Betrieb so viel Direktsaat wie möglich. Beim Sojadrusch beispielsweise fahren die drei jeweils 15 Meter breiten Sämaschinen direkt dahinter und säen gleich wieder Mais. Karl Eduard Milla: „Wir bearbeiten den Boden so wenig wie möglich, damit wir keine Erosion haben.“ Auch in Brasilien geht der Trend hin zu ökologischem Landbau.
Der brasilianische Landwirt betont: „Bei uns stehen zwei Drittel der Landfläche unter Schutz, in den USA sind dies nur 20%.“ Außerdem sei 84% des Amazonaswaldes unberührt und 85% der brasilianischen Energie sei erneuerbar.
Lob für landwirtschaftliche Ausbildung in Deutschland
Ein Problem, das in Brasilien genauso wie in Deutschland durchschlägt, ist die Verfügbarkeit von Fachpersonal. In diesem Zusammenhang hatte Karl Eduard Milla lobende Worte für die Ausbildung hierzulande: „Die deutschen Fachkräfte in der Landwirtschaft sind viel besser als die brasilianischen. Das deutsche Schul- und Ausbildungswesen leistet hier wirklich sehr gute Arbeit.“
Mit einer angeregten Diskussion, bei der sich Karl Eduard Milla viel Zeit für die Fragen der Schüler und Lehrer nahm, endeten die interessanten „Brasilianischen Einblicke“.
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