Sonntagsgedanken: Keine Liebe?
Es war an einem Tage kurz vor Weihnachten auf meinem Rundgang durch ein Altenheim. Zu dem Zimmer eines alten Herrn, der alleine für sich wohnte, war vor einer Viertelstunde noch die Paketpost heraufgekommen. Darum wunderte ich mich nicht, dass auf mein Klopfen zunächst keine Antwort kam. „Aha, das Weihnachtspaket!“ dachte ich. Tatsächlich, als es endlich hieß: „Herein!“, stand der alte Herr vor dem Tisch und stocherte in dem eben geöffneten Paket herum. Man sah auf den ersten Blick, dass es ein reichhaltig gefülltes Paket war. Später hörte ich, dass die Absenderin, die Tochter des alten Herrn, eine reiche Geschäftsfrau war. In seinem Paket sah man Zigarren, Tabak, Cognac, Rotwein, gefütterte Schuhe, warme Sachen – alles was man sich ersehnen konnte. Der alte Herr aber machte zu all dem nur ein mürrisches Gesicht. Kein Fünkchen Freude war zu sehen. „Aber, Herr Becker“, sagte ich jetzt, „wie kann man vor solch einem Weihnachtspaket solch ein trauriges Gesicht machen? Da ist doch alles Gute drin!“ Da sah mich der alte Herr an und sagte: „Da ist keine Liebe drin!“ Und er erzählte mir von seiner Tochter, der reichen Geschäftsfrau, die das Paket von Angestellten packen ließ, und dass alle Geschenke vorn das Preisschild hatten. Selbst die Karte war ohne persönlichen Gruß und auch nicht mit einer Einladung zum Weihnachtsessen versehen. Nur: „ … wünschen dir deine Tochter mit Mann“. Nein, es war einfach keine Liebe darin. (frei nach einer Geschichte von Wilhelm Busch)
Meine lieben Freunde,
ich glaube, was in unserer Geschichte über die Geschenke ausgesagt ist, das gilt für alles in unserem Leben. Wenn ich mich noch so einsetze für andere, es aber ohne Liebe tue, wenn ich noch so viele Lobeshymnen über andere ergieße, es aber ohne Liebe tue, dann ist das einfach sinnlos.
In unserer Gesellschaft, wie auch in der Kirche wird heute, glaube ich, so vieles ohne Liebe getan. Oft sind Regeln, Gesetze, Verordnungen und Vorschriften viel wichtiger als die Liebe. Deswegen ist auch vieles in der Welt und in der Kirche so kalt. Für mich gehört zur Menschlichkeit auch die Liebe, ganz viele Liebe. Die Liebe sollte der Mittelpunkt unseres Handelns, Denkens und Sprechens sein; und nichts anderes.
Versuchen Sie es doch einmal. Schwimmen Sie einmal gegen den Trend der Zeit und packen Sie doch einfach einmal viel Liebe in all Ihr Tun und Handeln: Liebe durch ein freundliches Lächeln dem Menschen gegenüber, der vor Ihnen steht, und wenn es Ihnen noch so sehr gegen den Strich geht. Zeigen Sie doch einmal Liebe durch Dankbarkeit einem anderen gegenüber, weil er gerade für Sie etwas getan hat, selbst wenn es selbstverständlich war. Schenken Sie Ihrem Partner einmal Liebe durch eine freundliche Geste, vielleicht durch eine kleine Aufmerksamkeit. Aber bestimmt haben Sie noch eine ganz andere Idee, wie Sie Liebe und Dankbarkeit zeigen können.
Vielleicht werden Sie Kopfschütteln ernten, oder Verständnislosigkeit, vielleicht aber auch Verwunderung und Bewunderung. Auf jeden Fall wird das eine oder andere Gesicht erstrahlen und leuchten. Und ein Gesicht, dieses eine, das strahlt, wird Ihnen gut tun.
Ich wünsche Ihnen viel Mut und Kraft bei Ihrem Vorhaben, etwas mit Liebe zu tun. Sie werden ein Stückchen von der Welt verändern und bestimmt Menschen zum Nachdenken bringen. Schön, wenn Sie das tun. Schön, dass es Sie gibt.
Klaus Weigand
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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand
- Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
- Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
- Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
- Priesterweihe 1998
- Tätigkeiten:
- Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
- Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
- seit 2015 in Heroldsbach und Hausen
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