Evangelisches Bildungswerk Bayreuth bietet Vortrag zum Thema „Euthanasie“

Die „Aktion T4“ hatte die Tötung von Menschen mit Behinderung zum Ziel

Der Referent lässt die Teilnehmenden daran teilhaben, wie ein halbes Leben in Pflegeanstalten das Schicksal einer Handwerkerfamilie in Zusammenhang mit Hitlers Euthanasiebefehl T4 tragisch veränderte:

Ein 1870 in Oberfranken geborener Flaschner ging nach seiner Lehre auf Wanderschaft und diente danach beim Militär. 1894 eröffnete er einen Spengler-Betrieb und heiratete 1895. Wegen einer psychischen Erkrankung wurde der Mann1906 zwangsweise in die Heil- und Pflegeanstalt Bayreuth verbracht. Seine Frau stand nun mit vier Kindern ohne Ernährer da. Sie verdingte sich als Dienstmagd bei einem Bauern. Von dessen Stiefsohn wurde sie geschwängert und brachte 1914 eine Tochter zur Welt. Diese Tochter wurde ihrem Mann nach § 1591 des BGB als eheliches Kind zugeschrieben, obwohl dieser ohne Unterbrechung in der Heil- und Pflegeanstalt Bayreuth war; er musste aus der Anstalt heraus die ‚Ehelichkeit‘ des Kindes anfechten. Infolge des 1939 durch Hitler erlassenen Euthanasiebefehls wurde der Flaschner in die Heil- und Pflegeanstalten Kutzenberg und Gremsdorf verlegt. 1941 wurde er nach Kutzenberg zurückverlegt, um am 17.6.1941 in die Tötungsanstalt Schloss Hartheim bei Linz abtransportiert zu werden. Er wurde am 1.7.1941 als verstorben gemeldet; die in Hartheim ankommenden Menschen wurden schon am nächsten Tag vergast und verbrannt. Die 1914 nichtehelich geborene Tochter heiratete 1939 in Nürnberg. Aus Angst davor, in Nürnberg mit ihren Kindern bei einem Bombenangriff ums Leben zu kommen, zog sie Anfang 1945 in das ländliche Oberfranken. Nach der Besetzung ihres Heimatortes am 15. April 1945 durch die Amerikaner starteten Reste der deutschen Wehrmacht einen sinnlosen Gegenangriff. Dabei wurde die Frau mit Sohn im Arm tödlich getroffen. Ihre damals achtjährige Tochter überlebte und wohnt heute hochbetagt im Bundesstaat Texas.

Auf Hitlers Euthanasiebefehl ermordet

Offener Arbeitskreis Familiengeschichtsforschung

  • Di 14.11.2023, 17.30 – 19.00 Uhr
  • Seminarraum im Hof, Evangelisches Zentrum Bayreuth, Richard-Wagner-Str. 24, 95444 Bayreuth
  • Referent: Karl Heinz Fietta
  • Kosten: Eintritt frei, Spenden erwünscht

Hinweis: Die während des Vortrags gezeigten Links mit weiteren Angaben und Kontakten sind einsehbar unter www.Fietta.de/Euthanasie.htm