Bayreuth: IHK-Präsident Michael Waasner fordert mehr Pragmatismus in der Wirtschaftspolitik
Energiewende gefährdet immer mehr Unternehmen
Laut BIHK-Energiewende-Barometer rechnet fast die Hälfte der Unternehmen im Freistaat mit negativen oder stark negativen Auswirkungen der Energiewende auf ihre Geschäfte. Dr. Michael Waasner, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth, spricht von alarmierenden Ergebnissen.
Das Vertrauen der bayerischen Wirtschaft in die Energiepolitik hat einen neuen Tiefpunkt erreicht, fasst der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK) zusammen.
„Die Zahlen sind alarmierend. So viele Betriebe wie nie fürchten wegen der Energiepolitik um ihr Überleben“, sagt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. In Industriebetrieben mit mehr als 500 Mitarbeitern ist die Situation besonders dramatisch: Hier geben 71 Prozent der Befragten an, dass die hohen Energiepreise ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Das hat drastische Investitionseinschnitte zur Folge: Gut die Hälfte der Betriebe schiebt Investitionen in Kernprozesse auf, rund ein Drittel stellt geplante Ausgaben für Forschung und Entwicklung zurück, fast 30 Prozent setzen Klimaschutz-Investitionen aus. Knapp die Hälfte der großen Industriebetriebe plant laut der Umfrage Verlagerungen respektive Produktionskürzungen oder setzt diese Maßnahmen bereits um – auch das ein Negativrekord.
„Bayern und insbesondere der Standort Oberfranken mit seiner hohen Industriedichte leben von Innovationen“, macht Dr. Waasner deutlich. „Verschieben unsere Industrieunternehmen ihre Investitionen in Kernprozesse oder setzen sie ganz aus, droht ein Zurückfallen auf den Weltmärkten.“
Unternehmen kritisieren fehlende Planbarkeit und Verlässlichkeit der Politik
„Die hohen Energiepreise und die regulatorischen Unsicherheiten der Energiewende sind enorme Belastungen für viele Unternehmen“, so Gößl. Als Hürden für eigene Klimaschutzmaßnahmen kritisieren 64 Prozent der Unternehmen die fehlende Planbarkeit und Verlässlichkeit der Energiepolitik, 58 Prozent beklagen zu viel Bürokratie und weitere 44 Prozent zu langsame Planungs- und Genehmigungsverfahren. Viele Betriebe haben die Potenziale für Energiesparen bereits zum Großteil ausgeschöpft. Bei neuen Projekten wie Photovoltaikanlagen bremsen Bürokratie oder fehlende Netzanschlüsse.
Mehr Pragmatismus nötig
Dr. Waasner fordert in diesem Zusammenhang mehr Pragmatismus seitens der Politik. „Jetzt ist politisches Handeln gefragt, um langfristig Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit sicherzustellen. Dazu gehören auch leistungsfähige Stromautobahnen von Nord nach Süd sowie die Reduzierung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß.
„Trotz allem gibt es eine gute Nachricht: Die Betriebe stehen zum Klimaschutz. Mehr als die Hälfte hat ein Klimaneutralitätsziel oder ist bereits klimaneutral“, sagt der BIHK-Chef. Gößl hebt hervor, dass rund 70 Prozent der befragten Unternehmen im Freistaat eigene Kapazitäten der Versorgung mit erneuerbaren Energien aufgebaut haben oder dies planen – ein Plus von acht Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Die bayerische Wirtschaft liegt damit deutlich über dem bundesweiten Wert von 63 Prozent.
An der seit 2013 jährlich durchgeführten Umfrage haben sich in Bayern knapp 600 Unternehmen beteiligt. Das BIHK-Energiewende-Barometer ist unter www.bihk.de erhältlich.
Neueste Kommentare