Ausschreitungen bei Drittligaspiel in Bayreuth – Ermittlungen der Kripo erfolgreich

Symbolbild Polizei

Gemeinsame Presseerklärung des Polizeipräsidiums Oberfranken und der Staatsanwaltschaft Bayreuth

Beim Drittligaspiel zwischen der Spielvereinigung Bayreuth und Dynamo Dresden im Oktober 2022 war es vor, während und nach der Begegnung zu gewaltsamen Ausschreitungen zahlreicher Gästefans gekommen. Neben der Randale im Stadion hatten sich mitgereiste Dresdner Anhänger körperliche Angriffe auf Pressevertreter und Polizeibeamte geleistet. Die Medien hatten über die Vorfälle berichtet.

Im Nachgang zum Spiel hatte die Kriminalpolizei Bayreuth die „EKO (Ermittlungskommission) Stadion“ eingerichtet, um die Ermittlungen zu dem umfangreichen Fallkomplex voranzutreiben. Staatsanwaltschaft und Polizei veröffentlichen jetzt die Ergebnisse ihrer umfangreichen Arbeit.

Die Täter

Bereits kurz nach ihrer Ankunft am Bayreuther Bahnhof machten die Anhänger von Dynamo Dresden ihre Gesinnung deutlich. Szenetypisch rotteten sie sich zusammen, um gemeinsam ihren Weg zum Hans-Walter-Wild-Stadion anzutreten. Hochaggressiv und nicht empfänglich für jede Art von Belehrung durch die Polizei gingen sie los. Schon in dieser Phase kam es zu einem gewaltsamen Übergriff gegen einen örtlichen Fotoreporter, der sich nach Ansicht der Gruppierung zu nah an sie herangewagt hatte. Mehrere Personen lösten sich aus dem Pulk und drängten den Journalisten zunächst zur Seite. Dann zogen sie ihn in die Menge, entrissen ihm seine beiden Fotokameras und traten diese mit den Füßen über den Asphalt. Die beiden Kameras waren nach dem Vorfall nicht mehr auffindbar.

Die bemerkenswerteste Phase – im negativen Sinne – war jedoch zu Beginn der zweiten Halbzeit. Im Bereich zwischen Heim- und Gästetribüne war es zu Unstimmigkeiten innerhalb der Dresdner Anhänger gekommen. Als Polizeibeamte einschritten, kam es direkt zu exzessiver Gewaltanwendung aus dem Gästelager. Es begann ein hagelschauerartiger minutenlanger Bewurf mit Flaschen, Bierkästen, teilweise sogar mit Gullydeckeln auf Polizisten. Die Dresdner griffen sie mit Tritten und Schlägen an und beleidigten sie auf massive Art und Weise. Während des Tumults nutzten zudem einige die Gelegenheit und plünderten einen Imbisswagen im Bereich des Gästeblocks. Bargeld in vierstelliger Höhe und Getränke wurden dort gestohlen. Andere rissen Waschbecken und Toilettenschüsseln von den Wänden und versuchten ein Toilettenhäuschen in Brand zu setzen. Nur unter höchstem Einsatz konnten die Polizeibeamten die Randalierer zurückhalten und verhindern, dass diese die Stadionumzäunung durchbrachen. Selbst in der Nachspielphase hatten viele noch nicht genug. Von Handyraub, Hitlergruß, Körperverletzung und Beleidigungen bis hin zu weiteren tätlichen Angriffen auf Polizeibeamte reichten die angezeigten Straftaten. Auf ihrer späteren Rückfahrt mit der Bahn zurück nach Dresden demolierten Randalierer zudem die komplette Zugeinrichtung.

Die Ermittler

Insgesamt 108 Ermittlungsverfahren wurden zu den Ereignissen am 1. Oktober 2022 eingeleitet. Davon bezogen sich allein 95 auf die Randale während des Spiels. Aufgrund des immensen Ermittlungsaufwandes, der sich erfahrungsgemäß über einen langen Zeitraum erstrecken sollte, richtete die Kriminalpolizei Bayreuth die Ermittlungskommission Stadion ein. Die besondere Herausforderung für die sechs Ermittler bestand vor allem darin, dass die Straftäter bei ihren Ausschreitungen aus der Masse heraus und größtenteils vermummt agiert hatten. In engem Kontakt mit der einsatzführenden Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt, szenekundigen Beamten der Kriminalpolizei Dresden und der professionellen Arbeit des Unterstützungskommandos der Bereitschaftspolizei aus Nürnberg nahm die EKO Stadion ihre Ermittlungen auf. Wertvolle Unterstützung leisteten zudem das Bayerische Landeskriminalamt und die Bundespolizei.

Für Hinweise aus der Bevölkerung wurde ein Medien-Upload-Portal eingerichtet. Stadionbesucher bekamen so die Möglichkeit eigene Fotos und Videos von den Ereignissen anzuliefern. Zusammen mit polizeieigenen Aufnahmen kam auf diese Weise eine Datenmenge von über 500 GB zusammen. Die Sichtung und Auswertung dieser enormen Masse an Material allein nahm schon viel Zeit in Anspruch. Zusammen mit den szenekundigen Beamten begleitete die EKO Stadion weitere Auswärtsspiele von Dynamo Dresden im Bundesgebiet. Zur Identifizierung der Tatverdächtigen bedienten sich die Kriminalbeamten unter anderem der elektronischen Gesichtserkennung. Auch kamen sogenannte Super-Recognizer vom Polizeipräsidium München zum Einsatz. Super-Recognizer haben die Fähigkeit, sich Gesichter und Bewegungen überdurchschnittlich gut merken zu können, um Personen zu identifizieren. Sie können zum Beispiel Personen auf Videoaufnahmen von großen Menschenmassen wiedererkennen, auch wenn sie sie zuvor nur ein einziges Mal gesehen haben. Nur ein Bruchteil der Menschheit besitzt diese Gabe.

Die Ergebnisse

Der kreativen und akribischen Führung der Ermittlungen der EKO Stadion ist der bemerkenswerte Erfolg zu verdanken. Inzwischen konnten die Namen von 43 Tatverdächtigen ermittelt werden. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth brachte bereits erste Verfahren zum Abschluss. Zum Beispiel erwirkte sie einen Untersuchungshaftbefehl gegen einen 30-jährigen vorbestraften Thüringer wegen tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte und gefährlicher Körperverletzung. Der Haftbefehl ist inzwischen gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Gegen weitere Tatverdächtige wurde jeweils Anklage zum Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht wegen Landfriedensbruchs im besonders schweren Fall, (versuchter) gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung erhoben. Das Amtsgericht Bayreuth verurteilte einen mitgereisten Dresdner Anhänger, der bei seiner Ankunft am Bayreuther Bahnhof den Einsatzkräften den Mittelfinger gezeigt hatte, zur Zahlung einer Geldstrafe von 4.800 Euro.

Die geplünderte Kasse aus dem Imbisswagen legt man einem damals 32-jährigen Tatverdächtigen zu Last, gegen einen 24-Jährigen ermittelt die EKO ebenfalls wegen der Plünderung. Zum Übergriff auf den Fotoreporter konnten sechs tatbeteiligte Personen identifiziert werden. In diesem Zusammenhang erwirkten die Ermittler Durchsuchungsbeschlüsse für die Wohnungen der Tatverdächtigen in Sachsen. Diese wurden bereits umgesetzt.

Als Folgemaßnahme für die identifizierten Straftäter vom 1. Oktober 2022 sollen über die Spielvereinigung Bayreuth bundesweite Stadionverbote beim Deutschen Fußballbund erwirkt werden.

Die in aufwändiger Kleinarbeit durch die EKO Stadion und ihre unterstützenden Dienststellen zusammengetragenen Ermittlungsergebnisse werden an die Staatsanwaltschaft Bayreuth übermittelt. Nach rechtlicher Bewertung werden die Taten auf juristischer Ebene weiterverfolgt.