Produzentengalerie Burgkunstadt: „Der Fantasie freien Lauf lassen“
„Die 25ste“ Ausstellung der Produzentengalerie Burgkunstadt für Gegenwartskunst wurde am vergangenen Samstag eröffnet und ist noch bis 20. August immer samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr zu besichtigen. Gezeigt werden Bilder des aus Landshut stammenden und inzwischen am Obermain lebenden und arbeitenden Malers Karl Schönberger sowie Skulpturen des Bamberger Künstlers Adelbert Heil. Die Einführung zur Vernissage, von Galerie-Mitinhaber Otto Scheid eröffnet und von der Saxophonistin Petra Fischer musikalisch umrahmt, hatte wie schon so oft bei Veranstaltungen der Produzentengalerie Burgkunstadt, der Bamberger Kunsthistoriker Dr. Mathias Liebel vorgenommen.
Der Experte erläuterte zunächst, den Begriff einer Produzentengalerie, die in der Regel von Kunstschaffenden als öffentlicher Ausstellungsort betrieben wird. Dort werden – nicht anders als in anderen Galerien auch, Werke von überregionalen Kreativen gezeigt Aber auch Arbeiten von eben jenen Künstlerinnen und Künstlern, die die betreffende Produzentengalerie betreiben. Dr. Liebel: „So haben wir hier in Burgkunstadt verschiedentlich bereits einige Gemälde von Lucia Scheid-Nam zu sehen bekommen, der Initiatorin der hiesigen Produzentengalerie.“ Jetzt seien Arbeiten von Karl Schönberger zu sehen, der eine Auswahl seiner Bilder bereits 2018 als „Externer“ zeigte und inzwischen Mitbetreiber der Produzentengalerie für Gegenwartskunst am Burgkunstadter Marktplatz ist.
Geboren wurde Karl Schönberger 1959 in Landshut. Nach seinem Abitur absolvierte er ein Kunststudium an der Königlichen Akademie in Antwerpen und an der Universität Regensburg. Später legte er ein Studium der Zahnmedizin an der Uni Gießen nach und war in Landshut lange als Zahnarzt tätig. „Daneben war Schönberger“, so Kunsthistoriker Liebel, „immer schon auf hohem gestalterischen Niveau tätig“. Was seine Ausstellung eindrucksvoll belege.
Karl Schönberger ist also kein gelegentlicher Sonntagsmaler, sondern ein akademisch ausgebildeter Vollblutkünstler, der seit Ende der 1980er-Jahre mit zahlreichen Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen weit über die Grenzen seiner einstigen niederbayerischen Heimat hinaus bekannt geworden ist. Liebel: „Nicht zuletzt wegen der hervorragenden Qualität seines bildnerischen Schaffens wurde Karl Schönberger in den Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) in Niederbayern aufgenommen. Vor etwa fünf Jahren zog Karl Schönberger nach Burgkunstadt, wo er seither überwiegend lebt und arbeitet. Durch sein Engagement an der Produzentengalerie als bildender Künstler ebenso wie als Galerist ist er seither in das kulturelle Geschehen am Obermain aktiv eingebunden.
In der aktuellen Ausstellung in Burgkunstadt zeigt Schönberger expressionistische Malerei in Öl auf Hartfaserplatten sowie in Öl auf Papier. Auf den Gemälden des Künstlers tut sich was – auf diesen Werken „passiert“ etwas. Farbe und Bewegungsrhythmus erobern sich den Bildraum, Farbsubstanz formiert sich, sie explodiert an der einen Stelle und sie erodiert an einer anderen, das alles unmittelbar neben einander und scheinbar zur gleichen Zeit. Pinselrhythmen enthalten ein gestalterisches Eigenleben, oftmals begleitet von Tropfspuren und Rinnsalen, die sich bald spielerisch und experimentell, bald als „gelenkter Zufall“ über die Bildfläche ergießen und vom Künstler ganz bewusst zugelassen werden. So verleiht Schönberger seinen Gemälden am Ende den Ausdruck von Bewegtheit, Lebendigkeit und pulsierender Dynamik. Dr. Matthias Liebel geriet bei seinen Ausführungen ins Schwärmen: „Was für eine Kraft, was für eine Fulminanz! Ich möchte die Gemälde von Karl Schönberger in diesem Sinne gerne als ‚Ereignisbilder‘ bezeichnen – als Bildwerke, auf denen sich, mit uns als Zeugen, Malerei im wahrsten Sinne des Wortes von unseren Augen ereignet.“
Mehr noch betont der Kunsthistoriker, die Bilder von Karl Schönberger seien eine „Malerei über die Malerei“. Sie hätten nichts anderes zum Inhalt als sich selbst. Die Botschaft der Werke laute nicht „Landschaft“ oder „Mensch“ und „Natur“, sondern die Botschaft dieser Bilder laute „Malerei an sich“. Diese „informelle Malerei“ stelle eine ganz besondere Art der Abstraktion dar, habe ihre Wurzeln im abstrakten Expressionismus, der sich in Europa ab den späten 1940er Jahren etablierte. Die Gemälde von Karl Schönberger verstehen sich als Einladung an den Betrachter, sich gemeinsam mit dem Künstler auf eine Entdeckungsreise zu begeben; auf eine Entdeckung von Farben und Formen, von Strukturen, Liniengeflechten und Oberflächenbeschaffenheiten.
Auch die plastischen Arbeiten von Adelbert Heil, die die aktuelle Ausstellung ergänzen und bereichern, laden den Betrachter ein, sich auf eine Entdeckungsreise zu begeben. Auf eine Entdeckungsreise in eine Welt der Phantasie und der bildgewordenen Wortspielereien. Heil, der bereits mehrfach in der Produzentengalerie ausgestellt hat, wurde 1958 in Kirchaich bei Hassfurt geboren. Er absolvierte zunächst eine Schlosserlehre und eine Ausbildung zum Steinbildhauer. Später studierte er Kunstgeschichte an der Universität Bamberg. Seither war Adelbert Heil als Restaurator in Berlin und seit beinahe 30 Jahren mit eigenem Atelier als freischaffender Bildhauer in Bamberg tätig.
Sein Metier sind plastische Arbeiten, die Adelbert Heil gelegentlich in Bronze, meist jedoch – und das ist ziemlich außergewöhnlich – in Eisen gießt. Oft sind es, ganz anders als bei Karl Schönberger, figürliche Szenen, die Heil in seinen Werken zeigt. Mit diesen erzählt der Künstler fiktive Geschichten. Geschichten über die Verwirrung darüber, wo es nun tatsächlich lang geht, die Geschichte eines jungen Mannes, der die Last seiner Vorfahren trägt oder die Geschichte eines Bauern, der bis ans Ende aller Zeiten einen Acker pflügt. Nicht ohne Hintersinn, bisweilen gar mit einigem Bildwitz und manchmal in geradezu surreal anmutenden Konstellationen schildert der Künstler Szenen aus einer parallelen Welt, die zugleich sinnbildlich für das wirkliche Leben stehen.
Dr. Matthias Liebel kommt zu dem Schluss: „Der letzte Sinn dieser Arbeiten ist rätselhaft, und soll es auch bleiben. Adelbert Heil ist keiner, der seine metaphorisch gemeinten Geschichten zu Ende erzählt, keiner, der mit seinen Darstellungen deren philosophischen Inhalt in epischer Breite illustriert.“ Vielmehr rege er mit seinen rätselhaften Szenen die Fantasie des Betrachters an und fordere dazu auf, den letzten Sinn- und Bedeutungsgehalt dieser Darstellungen selbst zu erschließen. Eben der eigenen Fantasie freien Lauf zu lassen.
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