Autorin Shaw Kuzki auf dem „White Ravens“-Festival in Eckental
Japanische Autorin besucht Mittelschüler
Shaw Kuzki ist in ihrer Heimat eine der bekanntesten Schriftstellerinnen. In Eckental sprach sie vor allem über die Katastrophe, die ihre Heimatstadt vor fast 80 Jahren für immer verändert hat.
Der Morgen des 6. August 1945 war in der japanischen Großstadt Hiroshima so normal, wie es ein Morgen in Kriegszeiten nur sein kann. Der Himmel war wolkenlos, Menschen gingen zur Arbeit, Eltern schickten ihre Kinder zur Schule. Keiner der etwa 300.000 Einwohner ahnte, dass die Stadt auf eine beispiellose Katastrophe zusteuerte – nicht einmal, als kurz nach 7 Uhr Luftalarm ausgelöst wurde. Nach der Entwarnung eine gute halbe Stunde später ging das Leben in Hiroshima weiter seinen gewohnten Gang. Bis um 8.16 Uhr die Atombombe über der Stadt explodierte.
Zehntausende Menschen starben, Hiroshima wurde zum größten Teil zerstört, die Folgen sind bis heute sicht- und spürbar – auch in der Kunst und Kultur. In Japan hat sich ein eigenes Genre entwickelt, das sich dem Andenken an die Opfer und der Erinnerung an die Katastrophe verschrieben hat: die sogenannte „Atombombenliteratur“. Eine ihrer Vertreterinnen ist die 1957 in Hiroshima geborene Shaw Kuzki. Sie zählt zu den bekanntesten Jugendbuchautorinnen Japans. In Deutschland kennen sie bisher nur Wenige – die Eckentaler Mittelschüler sind da eine Ausnahme. Im Rahmen des White Ravens Festival für Internationale Kinder- und Jugendliteratur kamen sie in den Genuss einer Stunde mit Shaw Kuzki. Vermittelt hatte das die Gemeindebücherei, deren Mitarbeiterin Manuela Rauch sich um die entsprechende Organisation kümmerte. Die Autorin reiste nach Eckental mit dem Japanologen und Übersetzer Gregor Wakounig, der Sprecherin Dascha von Waberer sowie ihren Mitarbeiterinnen Reina Nakano und Mikawo Funabashi.
Dascha von Waberer trug eine ins Deutsche übersetzte Passage aus Kuzkis Roman „Die schwimmenden Laternen von Hiroshima“ vor. Die Stadt gedenkt am Jahrestag der Opfer der Atombombe mit ebensolchen Laternen. Mit den Namen der Verstorbenen versehen werden sie auf einem Fluss ausgesetzt. Doch die Jugendliche Nazomi entdeckt, dass ihre Mutter eine namenlose Laterne auf den Weg geschickt hat – für wen? Derweil ist die Schneiderin Sudo in tiefe Trauer versunken: Sie hatte ihren Sohn wegen einer Nichtigkeit geschimpft und ohne Versöhnung zur Schule geschickt – kurz darauf war von ihm nur noch ein verbranntes Hemd übrig. Doch sie bemerkt: Auch andere Mütter trauern …
Angesichts dieses Plots stellten sich Shaw Kuzki und die Schüler viele schwierige Fragen, etwa welches Schulfach bei einem Krieg als erstes abgeschafft würde. Doch auch Kurzweiliges hatte bei dieser Begegnung Platz, etwa Erläuterungen zu japanischer Sprache und Dichtkunst. Rektor Gerhard Mayer freute sich sehr über den internationalen Gast. Er dankte stellvertretend für die Mittelschule dem Büchereiteam sowie der Marktgemeinde. Der Besuch sei ein Zeichen dafür, wie sehr die Mittelschule geschätzt werde. Auch Bürgermeisterin Ilse Dölle dankte dem Büchereiteam für seinen Einsatz: „Mit ihrem Engagement zeigt unsere Bücherei einmal mehr, dass sie nicht nur zur Förderung des Lesens, sondern auch zur Bildung in unserer Gemeinschaft einen wichtigen Beitrag leistet.“
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