Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags in Bindlach bei Bayreuth

Bezirketagspräsident Franz Löffler: „Fachkräftemangel und die Finanzierung unserer Aufgaben sind die derzeit größten Herausforderungen“

Ob in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, Pflegeeinrichtungen oder auch in den psychiatrischen Fachkliniken – überall ist er zu spüren – der Fachkräftemangel. Auf der diesjährigen Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags in Bindlach machte deshalb Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags, im Gespräch mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten, Markus Söder, deutlich: „Für die Bezirke sind der Fachkräftemangel sowie die Frage der Finanzierung der sozialen Leistungen die beiden derzeit größten Herausforderungen. Wobei die fehlenden Arbeitskräfte für uns das ungleich schwerer zu lösende Problem darstellen. Wir brauchen deshalb eine ehrliche Debatte darüber, was für eine gute Versorgung für Menschen mit Unterstützungsbedarf wirklich notwendig ist. Dabei müssen wir ganz klar trennen zwischen must-have und nice-to-have.“ Immer öfter müssen Gruppen oder ganze Stationen geschlossen werden, da das erforderliche Personal nicht zur Verfügung steht. Zudem machen Inflation und Preissteigerungen keinen Halt vor den Angeboten für Menschen mit Behinderung, Pflegebedarf oder psychischen Erkrankungen.

Mögliche Stellschrauben sieht Franz Löffler beispielsweise im Bereich der Pflege. Von den fast 580.000 pflegebedürftigen Menschen in Bayern werden rund 80 Prozent zu Hause versorgt. Die häusliche Pflege wird in etwa zur Hälfte allein von Angehörigen erbracht. Hier müsse man ansetzen, so Löffler. Denn wenn man möglichst frühzeitig den Betroffenen und ihren Angehörigen passgenaue Hilfe und Unterstützung zur Verfügung stelle, können diese möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben und ihre Selbstständigkeit erhalten. „Das ist eine Win-Win-Situation. Denn Pflegebedürftige wollen so lange es geht, in ihrer vertrauten Umgebung bleiben. Zudem spart es Kosten und Personal, weil keine stationäre Pflege notwendig ist.“ Mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege stehe man dazu schon im Austausch. Dennoch sei das Ministerium nun am Zug, dafür zu sorgen, dass die Finanzierung örtlicher Pflegestrukturen sichergestellt werde. „Es darf nicht sein, dass Menschen aufgrund steigender Kosten und stagnierender Renten im Alter zu Sozialhilfefällen werden!“ stellte Franz Löffler in Richtung der Bayerischen Staatsregierung fest.

Auch den Fachkräftemangel nahm Franz Löffler bei der Vollversammlung in den Blick. Hier wünsche er sich von der Politik vor allem mehr Flexibilität bei den ordnungsrechtlichen Vorgaben und den Personalschlüsseln. Diese teils sehr starren Vorgaben zum Personaleinsatz in den Pflege- und Behinderteneinrichtungen, aber auch im Krankenhausbereich haben zur Folge, dass Angebote zurückgefahren und Plätze gestrichen werden müssen, weil Fachkraftquoten aufgrund des Mangels an qualifiziertem Personal nicht erfüllt werden können. „Es geht hier nicht um eine schlechtere Versorgung der betroffenen Menschen, sondern um eine bedarfsorientierte Betreuung. Und dafür brauchen die Einrichtungen die Möglichkeit, Personal gegebenenfalls flexibel einsetzen zu können“, so der Bezirketagspräsident.

Auch die finanzielle Ausstattung der dritten kommunalen Ebene bereitet den Bezirken zunehmend Sorge. Die Ausgaben für Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege steigen seit Jahren. Zum einen wurden die Aufgabenbereiche durch bundesgesetzliche Regelungen stetig ausgebaut und die Eigenbeteiligung der Betroffenen sowie der Angehörigen zurückgenommen. Zum anderen schlagen sich die gestiegenen Preise für Waren und Dienstleistungen sowie für höhere Tariflöhne bei den Beschäftigten auch in den Pflegesätzen nieder. „Bis zuletzt konnten wir die Kostensteigerungen in unseren Haushalten noch auffangen. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Steuereinahmen in den kommenden Jahren nicht wie bisher steigen werden. Die Preise werden aber auf einem hohen Niveau bleiben. Wir müssen deshalb jetzt schon nach Lösungen suchen, wie wir die soziale Daseinsvorsorge in Bayern auch künftig finanzieren können.“

Die Forderung nach einer stärkeren finanziellen Beteiligung auch des Freistaats ist eine von 23 Forderungen, die die Delegierten aus den Bezirken bei der Vollversammlung für die Landtagswahl verabschiedet haben. Die weiteren Forderungen umfassen die Bereiche Soziales, Gesundheit, Bildung, Kultur und Umwelt.

Das komplette Forderungspapier finden Sie hier: Forderungen des Bayerischen Bezirketags zur Landtagswahl 2023