Zahl der Katholiken im Erzbistum Bamberg geht weiter zurück
Austrittszahlen deutlich gestiegen
Die Zahl der Katholiken im Erzbistum Bamberg ist im Jahr 2022 von 629.393 auf 606.902 gesunken. Grund dafür ist neben der demografischen Entwicklung die Zahl von 15.705 Kirchenaustritten. Damit wurde die bisherige Höchstzahl aus dem Vorjahr nochmals um 53 Prozent überschritten. Das geht aus den statistischen Zahlen hervor, die am Mittwoch von allen Diözesen und der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht wurden. Demnach haben sowohl im Erzbistum Bamberg als auch bayernweit im vergangenen Jahr 2,5 Prozent der Katholiken ihren Kirchenaustritt erklärt.
Den 15.705 Austritten und 7278 Bestattungen stehen 4034 Taufen sowie 142 Eintritte und Wiederaufnahmen gegenüber. Diese Zahlen liegen etwa auf dem Vorjahresniveau. Bei Erstkommunionen (4480), Firmungen (3555) und Trauungen (1047) wurden wieder in etwa die Werte vor der Corona-Pandemie erreicht.
Weihbischof Gössl: „Kirche muss Vertrauen zurück gewinnen“
Diözesanadministrator Weihbischof Herwig Gössl nannte die Zahlen ein erneutes Warnzeichen, das auf die künftige Entwicklung hinweise: „Die Kirche werde mit weniger Mitgliedern, weniger Geld und weniger Personal auskommen müssen. Das wird auch Auswirkungen auf Strukturen, Angebote und das kirchliche Leben auf allen Ebenen haben.“ Jeder Austritt sei bedauerlich und schmerzhaft, sagte Gössl. Aber nicht jeder Ausgetretene habe seinen Glauben verloren. „Viele Austritte sind ein Protest gegen Missstände und Fehlverhalten oder gehen auf persönliche Erlebnisse und Enttäuschungen mit der Kirche oder ihrem Personal zurück.“ Die Aufgabe der nächsten Jahre sei es, mit geringeren Ressourcen das kirchliche Leben in der Gesellschaft lebendig zu halten, als christliche Stimme hörbar zu bleiben und das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, so Weihbischof Gössl.
„Die Aufgabe der nächsten Jahre sei es, … als christliche Stimme hörbar zu bleiben und das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, so Weihbischof Gössl.“
Dem Bamberger Weihbischof ist nur zuzustimmen. Vertrauensbildung bedarf natürlich der ungeschminkten Offenlegung von Mißständen und ihrer ehrlichen Aufarbeitung, aber auch der den Menschen zugewandten Seelsorge vor Ort. Christliche Werte müssen glaubwürdig vermittelt werden, hingegen ist die dogmatische Anordnung zu glaubender Inhalte wenig überzeugend.
Der Kirche muß zugestanden werden, daß sie bereits spürbare Schritte in die beschriebene Richtung vorangekommen ist. Doch beharrende Kräfte stellen weiterhin schwer zu überwindende Hindernisse dar. Es darf auch nicht ignoriert werden, daß die europäischen und vor allem deutschen Katholiken in ihren liberalen Vorstellungen, die – so meine Überzeugung – eher den von Jesus Christus vorgelebten Werten entsprechen als jahrhundertelang vertretene Intoleranz, keineswegs repräsentativ für die mehrheitlichen Ansichten in der Weltkirche, ob Klerus oder Lai/inn/en, stehen. Hieran kommt auch der fortschrittlichste Papst nicht vorbei. Änderungen werden daher ihre Zeit benötigen.
Kirchenaustritt ist sicher nicht die beste Entscheidung. Offenes und öffentliches Eintreten für Reformen ist der einzig Erfolg versprechende Weg – aus der Mitte der Kirche heraus. Denn Kirche sind wir alle, die wir uns zu ihr bekennen. Dieses Bekenntnis schließt Kritik nicht aus. „Ihr habt aus dem Haus meines Vaters eine Räuberhöhle gemacht“, hat schon Jesus selbst die Fehlentwicklungen und die Kommerzialisierung des Tempelkults angeprangert.
Somit ist schon in der Bibel nachzulesen: Sich in die Nachfolge unseres Herrn zu stellen, schließt ein, die Kirche auf den rechten Weg zurückzuführen.
„Man zündet doch nicht ein Licht an und stellt es unter einen Scheffel. Man stellt es auf einen Leuchter, so daß alle es sehen“, ist zudem im Neuen Testament nachzulesen. In den Gemeinden, in einer Vielzahl von Gruppen und Vereinen, von Chören und Bands, von vielen einzelnen Christ/inn/en wird Glaube gelebt, Nächstenliebe geleistet, Gemeinschaft erfahren. Doch viel zu oft geschieht das im Verborgenen, erfährt außerhalb beinahe niemand von diesem Engagement. Es mangelt an öffentlicher Darstellung, an der Einsicht, daß Öffentlichkeitsarbeit unverzichtbar ist. Es genügt nicht, nur in den eigenen Reihen zu berichten. Hier besteht enormer Nachholbedarf.
„Daran sollen sie erkennen, daß Ihr meine Jünger seid: wenn Ihr einander liebt“, mahnt Jesus überdies. Ausgelebter Egoismus, Haß, Intoleranz und Gewalt entsprechen diesem Auftrag kaum.