Weihbischof Gössl zum Fronleichnamsfest
„Jesus gehört in die Mitte unseres Lebens“
Die Feierlichkeiten und Prozessionen zu Fronleichnam sind nach Worten des Bamberger Weihbischofs Herwig Gössl eine Hilfe, um Jesus Christus wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. „Er gehört in die Mitte unseres Lebens, unserer Arbeit und unserer Freizeit, in unser privates, wie in unser öffentliches Leben“, sagte Gössl am Fronleichnamsfest in seiner Predigt auf dem Domplatz. „Deswegen tragen wir ihn bei der Prozession (in Form der Hostie) über die Straßen und Plätze unserer Stadt. Denn Jesus Christus ist das Brot des Lebens.“
Jesus identifiziere sich mit diesem Brot und mache es zum Zeichen seiner Gegenwart und zum Lebens-Mittel schlechthin, führte Gössl aus. „Wer dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit. Mit ihm nehmen wir das Leben Gottes in uns auf, die Hingabe Jesu Christi aus Liebe. Er ist das Brot des Lebens.“
Dabei lade das Fest dazu ein, sich selbstkritisch die Fragen stellen: Bin ich wirklich erfüllt mit Leben, zufrieden und dankbar? Strahlt von mir sichtlich etwas aus von Jesus Christus, von seiner Liebe, mit der er sein Leben hingegeben hat? Weiß ich mich verbunden mit Gott, aber auch mit seiner ganzen Schöpfung und mit anderen Menschen – auch mit den anstrengenden und schwierigen? „Jesu Gegenwart beschränkt sich eben nicht nur auf ein paar wenige Teilbereiche unseres Lebens, sondern erstreckt sich in unser ganzes Leben hinein“, erläuterte Gössl. „Wir sind, was wir in der Eucharistie essen, und sollen es zugleich immer mehr werden: Christi Leib für das Leben der Welt.“
An Fronleichnam feiert die katholische Kirche seit dem 13. Jahrhundert die leibliche Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie. Die Bamberger Fronleichnamsprozession ist eine der größten in Bayern und findet mit Ausnahmen seit 1390 statt.
Dabei wird das 650 Kilogramm schwere Domkreuz von 16 Männern getragen. Die Prozession zieht alljährlich vom Domplatz über die Residenzstraße am Markusplatz vorbei zum Holzmarkt, zum Maxplatz und von dort über den Grünen Markt und die Obere Brücke zurück zum Domplatz. Dort findet der feierliche Abschluss der Prozession mit dem Schlusssegen und dem Te Deum statt.
„Weiß ich mich verbunden mit Gott, aber auch mit seiner ganzen Schöpfung und mit anderen Menschen“? Diese zentrale Frage, mit der Weihbischof Gössl die Verbindung zwischen religiöser Überzeugung und realem Leben herstellt, umschreibt, was die christliche Botschaft ausmacht. Ihre Grundlagen finden sich in der Bibel:
So antwortet Jesus auf die Frage, welches das höchste Gebot sei: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Wer der (oder die) Nächste ist, verdeutlicht er an vielen Beispielen: jeder Mensch, weder Nationalität noch Religion noch Geschlecht rechtfertigt diesbezüglich eine Unterscheidung.
Schon im Alten Testament findet sich die Aufforderung, mit der Schöpfung sorgsam umzugehen: „Gott, der Herr, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, auf daß er ihn bebaue und bewahre.“ Das schließt rücksichtslosen Raubbau, wie er noch immer die vorherrschende Regel ist, kategorisch aus.
Nächstenliebe und Bewahrung der Schöpfung stellen somit Kernelemente des christlichen Lebens dar. In der Realität ist da sicher noch viel Luft nach oben gegeben, nicht zuletzt auch in der Politik (nicht nur) der sich christlich nennenden Parteien.