Sechster Wertungstag der Deutschen Segelflug-Meisterschaften in Bayreuth
3,5 Stunden ohne Motor mit über 130 km/h
„Endlich Wolkenbildung“ werden sich viele Piloten der Deutschen Segelflug-Meisterschaften am Samstag gedacht haben, als nach fünf Tagen guter Blauthermik endlich eine Aussicht bestand, die Aufwinde durch die sich bildenden Wolken einfacher zu finden. Bislang war das nur sehr vereinzelt der Fall. Die Aufwinde waren auch bis dahin schon gut, doch Thermik mit Wolken macht die Flüge wegen der einfacheren Suche noch einmal schneller. Die Profiteure von dieser Lage waren in zwei Klassen trotzdem Piloten, die bislang schon vorne in der Wertung standen. Das Ergebnis mit Wertungen von über 130 km/h in 3,5 Stunden in der Offenen Klasse ist eine beeindruckende Leistungsschau dessen, was ganz ohne Motorantrieb und nur durch die Kraft der Natur möglich ist.
Da die Wolkenbildung vorwiegend im südlichen Franken erwartet wurde, hat Sportleiter Heiko Hertrich die Streckenwahl rund um Nürnberg gelegt. Während der Startvorbereitungen waren jedoch auch rund um Bayreuth Wolkenbildungen erkennbar.
Die großen Flugzeuge der Offenen Klasse waren am Samstag dran, eine variable Aufgabe zu fliegen. Diese hatte die Wendepunkte Walhalla (bei Regensburg), Harburg am Rande des Nördlinger Rieses und das Autobahnkreuz Biebelried bei Würzburg. Hier war jeweils ein Kreis mit 25 km Radius zu touchieren, gewertet werden bei solchen Aufgaben Geschwindigkeit und geflogene Strecke. Die Wertungszeit dieser Aufgabe wurde von Sportleiter Heiko Hertrich kurz vor dem Start von 4 auf 3,5 Stunden verkürzt, da bei der erkennbar besseren Wetterentwicklung die Wahrscheinlichkeit andernfalls sehr hoch war, dass alle die maximal möglichen Strecken fliegen und damit die Komponente Streckenlänge in der Wertung keine Rolle spielen würde.
Am besten kamen mit dieser Aufgabe erneut die Weltmeister-Teampartner Michael Sommer (LSV Regensburg) und Felipe Levin (LSV Homberg / Ohm) klar. Sommer kam auf 137,9 km/h und 516,6 km, Levin auf 0,05 km/h und 40 Meter weniger Strecke.
Man mache sich einmal bewusst, was diese Leistung tatsächlich bedeutet: 137 km/h über 3,5 Stunden sind selbst für sehr zügige Fahrer auf einer Autobahn mit normalen Verkehr als Durchschnittsgeschwindigkeit nicht zu schaffen. Hier haben die Piloten ihre Hilfsmotoren, mit denen sie gestartet sind, abgeschaltet bevor die Berechnung der 137 km/h einsetzt. Lediglich das Naturphänomen, wonach sich Luft von unten nach oben durchmischt, ermöglicht dem Segelflugzeug überhaupt länger als ein paar Minuten in der Luft zu bleiben. Sommer und Levin haben es geschafft, diese Kräfte so zu nutzen, dass sie schneller sind als ein Auto auf der Autobahn – und schaffen es, dieses Tempo über 3,5 Stunden zu halten.
Das vorherige Patt zwischen beiden in der Gesamtwertung schlägt nun entsprechend um einen Punkt zu Gunsten von Sommer aus. Dass der Unterschied aber nur 0,018 % der Gesamtpunktzahl beträgt, zeigt, wie eng dieses Rennen weiterhin ist.
Der Bayreuther Uwe Förster kam auf einen fünften Tagesplatz mit 456,7 km und 129,0 km/h. Dadurch konnte er sich auf Gesamtplatz 5 verbessern. Die ersten drei, das Duo Sommer / Levin ergänzt um Oliver Binder (SFG Ostheim) ist aber inzwischen um 444 Punkte den nächsten Verfolgern enteilt.
Der andere Lokalmatador Alexander Müller (LSG Bayreuth) hat die technischen Probleme an seinem Flugzeug noch nicht gelöst und wird diese DM wohl abschreiben können. Selbst wenn er in der zweiten Woche noch einmal einsteigen können sollte, dann wohl nur noch „aus Spaß“, wie er sein Wettbewerbsziel vorab ohnehin schon definiert hatte. Sportlich sind die drei verlorenen Tage für ihn nicht mehr einzuholen.
Für die 18-Meter-Klasse gab es keine vollständige Runde rund um Nürnberg. Mit der klassischen Rennaufgabe mit den Wendepunkten Grünsfeld (bei Lauda im fränkischen Teil Baden-Württembergs, knapp hinter der bayerischen Grenze), Bad Brückenau und Kloster Ebrach im Steigerwald ergab die Strecke auf der Karte ein Dreieck durch Unterfranken mit zusätzlicher An- und Abflugstrecke von und nach Bayreuth mit insgesamt 373,5 km Länge.
Als Sieger aus diesem Rennen ging jemand hervor, der seine fliegerische Heimat in der Mitte dieses Bereichs hat: Michael Streit vom LSC Burg Feuerstein mit 129,7 km/h. Vor genau zwanzig Jahren war Streit Junioren-Weltmeister, ist aber logischerweise dem Junioren-Alter inzwischen entsprechend entwachsen. Für den LSC Burg Feuerstein ist es der zweite Tagessieg auf dieser DM.
Mit 129,3 km/h knapp dahinter bleibt der Weltmeister der Standardklasse, Simon Schröder (SFV bad Wörishofen), der damit die Gesamtführung der 18-Meter-Klasse verteidigen konnte und seinen Anspruch unterstreicht auch in dieser Klasse zu reüssieren.
Die Doppelsitzer bekamen mit einer 520,9 km langen Strecke über Furth im Wald, das Kloster Neresheim auf der Schwäbischen Alb und das Autobahnkreuz Biebelried wie die Offenen eine Strecke großräumig rund um Nürnberg.
Die Familie Theisinger von der DJK Landau konnte sich mit ihren zwei Doppelsitzern die Führung der Doppelsitzerklasse zurückholen. Dieses Mal hatte Martin Theisinger mit 119,3 km/h die Nase vor seinem Neffen Laurenz mit 117,4 km/h. Da der bisherige Führende Kai Lindenberg (FCS Aschaffenburg) nur auf Rang 11 landete, holt sich Laurenz Theisinger die Gesamtwertung der Doppelsitzer zurück, gefolgt von Martin Theisinger.
Mehr auch im Internet unter www.dm-segelflug.de
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