LBV: „Wolfsverordnung in mehreren Punkten nicht haltbar“
Nach eingehender Analyse fordert der LBV die Staatsregierung auf, umgehend die in Teilen rechtswidrige Verordnung zurückzunehmen
Nach eingehender fachlicher Prüfung der neuen Wolfsverordnung hat der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) mehrere Punkte identifiziert, die eine Umsetzung unmöglich machen. „Wir haben der bayerischen Staatsregierung die rechtlichen Schwächen der derzeitigen Verordnung in einem ausführlichen Schreiben mitgeteilt und sie deshalb zur Rücknahme oder Änderung aufgefordert. Nachdem der Ministerpräsident selbst eingeräumt hat, bei rechtlichen Zweifelsfällen die Verordnung anzupassen, nehmen wir ihn hier beim Wort“, so der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. „Im Fall der Genehmigung eines Abschusses von Wölfen auf Basis von aus LBV-Sicht klar rechtswidrigen Punkten werden wir dagegen rechtlich vorgehen“, stellt Schäffer klar.
Nach einer ausgiebigen Analyse der durch die Staatsregierung zum 1. Mai in Kraft gesetzten Wolfsverordnung kommt der LBV zu dem Schluss, dass mehre Punkte nicht mit dem geltenden nationalen und europäischen Naturschutzrecht vereinbar sind:
So darf beispielsweise laut neuer Verordnung ein Wolf bereits abgeschossen werden, wenn er sich mehrere Tage lang weniger als 200 Meter entfernt von geschlossenen Ortschaften oder Gebäuden und Stallungen aufhält. Nach Einschätzung des LBV handelt es sich bei Wölfen, die sich so verhalten, oftmals um neugierige und unerfahrene Jungtiere. Dieses Verhalten von Wölfen ist typisch, aber ungefährlich. Mit dieser Begründung hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung im Jahr 2022 auch festgehalten, dass kein Handlungsbedarf besteht, solange ein Wolf Ortschaften bloß durchstreift.
Weiterhin kritisiert der LBV die mögliche Entnahme von Problemwölfen sogar auf Flächen der höchsten Schutzkategorien, beispielsweise Naturschutz- und Natura 2000-Gebiete, insbesondere aber in Nationalparken. „Wenn nicht einmal mehr Nationalparks von derartigen Eingriffen freigehalten werden, ist diese Verordnung fachlich und rechtlich nicht haltbar und muss entsprechend überprüft und geändert werden“, fordert Norbert Schäffer.
Statement des LBV-Vorsitzenden:
Gegen die Wolfsverordnung als solche wird der LBV keine Normenkontrollklage einreichen. „Sollte es aufgrund rechtswidriger Punkte aus der neuen Verordnung jedoch zur Genehmigung für einen Wolfsabschuss kommen, wird der LBV unverzüglich den Klageweg prüfen“, kündigt der LBV-Vorsitzende an. „Dies gilt selbstverständlich auch für illegal vorgenommene Tötungen von Wölfen.“ Schäffer stellt abschließend fest: „Als LBV sind wir auch weiterhin bereit, an sachorientierten Lösungen zum Wolf mitzuwirken und die Zusammenarbeit und das Gespräch mit allen Akteuren zu suchen. Der LBV hält es für zwingend erforderlich, wieder an den Gesprächstisch zurückzukehren. Der LBV steht auch weiterhin zum Bayerischen Aktionsplan Wolf, der ausdrücklich nach klaren Regeln auch die Entnahme von Problemwölfen vorsieht. Der Aktionsplan Wolf sollte als Grundlage für eine pragmatische und rechtlich tragfähige Verordnung herangezogen werden. Eine darüberhinausgehende und unserer Einschätzung nach in Teilen rechtswidrige Verordnung, mit lediglich vermeintlich einfachen Lösungen, schadet nicht nur dem Natur- und Artenschutz, sondern hilft letztendlich auch nicht den tierhaltenden Betrieben und Familien vor Ort.“
Über den LBV
1909 gegründet ist der LBV – Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e. V. – der älteste Naturschutzverband in Bayern und zählt aktuell über 115.000 Unterstützerinnen und Unterstützer. Der LBV setzt sich durch fachlich fundierte Natur- und Artenschutzprojekte sowie Umweltbildungsmaßnahmen für den Erhalt einer vielfältigen Natur und Vogelwelt im Freistaat ein. Mehr Infos: www.lbv.de/ueber-uns.
Mich erinnert der populistische Aktionismus der CSU-geführten Landesregierung gegen den Wolf sehr an das Vorgehen des früheren nordrhein-westfälischen Umweltministers Matthiesen (SPD), wenngleich natürlich die betroffenen Arten hinsichtlich ihrer Auswirkungen nicht direkt vergleichbar sind (damals ging es gegen die Elstern, welche angeblich die Singvogelbestände bedrohten – was schon seinerzeit durch entsprechende Studien widerlegt war). Der Minister hatte die kommunalen Behörden angewiesen, Anträge auf Abschuß der Elstern im Regelfall zu bewilligen, was dazu geführt hatte, daß es regelmäßig keine ernshaften Überprüfungen der vorgebrachten Gründe mehr gab. Wie jetzt beim Wolf hatte es trotz des strengen Schutzes aller Rabenvögel die Möglichkeit gegeben, die Bejagung in begründeten (!) Einzelfällen zu gestatten.
Die Anordnung des Ministers war später gerichtlich als eindeutig rechtswidrig eingestuft worden, während diese Einschätzung, von den Naturschutzverbänden zuvor wiederholt vorgebracht, seitens der Kommunalbehörden immer wieder zurückgewiesen worden war.