VGN bringt „Strategie 2030“ auf den Weg
Verbundgremien arbeiten an der VGN-Strategie 2030
Mit der Sitzung des Grundvertrags-Ausschusses des VGN am Donnerstag, 11. Mai 2023 startete der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg die Diskussion über die künftige Ausrichtung und Gestaltung des Verkehrsverbundes sowie seiner Verkehrsangebote. Dazu hatte bereits am 19. April 2023 ein Expertenkreis mit Vertretern aus Politik, Verwaltung, Verkehrsunternehmen und Verbundgesellschaft einen Strategieentwurf zur Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs im VGN auf den Weg gebracht. In den Sommersitzungen der Verbundgremien im Juli sollen die weiteren Schritte für die gemeinsame Strategie 2030 beschlossen werden.
Ziel ist eine Weiterentwicklung des VGN zu einem Mobilitäts- und Umweltverbund, in dem einfach nutzbare, attraktive Mobilitätsangebote zu einer Erhöhung der Fahrgastzahlen um 40 Prozent bis 2030 führen, um eine spürbare Reduzierung des CO2-Ausstoßes des Verkehrssektors im Gebiet der Metropolregion Nürnberg zu erreichen. Die Partner im VGN wollen damit auch ihren Beitrag zu der vom Freistaat Bayern formulierten Zielsetzung einer deutlichen Erhöhung der Fahrgastzahlen in ganz Bayern bis zum Jahr 2030 leisten.
Wesentliche Grundlage für die Strategiediskussion, die extern von civity Management Consultants und boy Strategie und Kommunikation begleitet wurde, ist eine vom VGN beauftragte Studie, deren Ergebnisse civity im März 2023 vorgelegt hat. Diese analysiert die Qualität des Verkehrsangebots innerhalb des VGN und stellt einen Vergleich mit neun weiteren Verkehrsverbünden und Regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz an. In den Blick genommen werden insbesondere die Angebotsqualität, der Zugang zum ÖPNV innerhalb des Verkehrsnetzes und die Reisezeiten im Vergleich mit dem Pkw.
Generell haben die betrachteten Verkehrsräume in Österreich und der Schweiz bei der Angebotsdichte sowie der Netzdichte die besten Werte, was vor allem auf die Finanzierungsstrukturen des ÖPNV in den beiden Nachbarländern zurückzuführen ist. Bei der Dichte des Verkehrsnetzes und der Erreichbarkeit von Haltestellen liegt der VGN auf den vorderen Plätzen. Die Bevölkerung hier ist insgesamt sehr gut an das Verkehrsnetz angebunden. Handlungsbedarf zeigt sich bei der Dichte des Verkehrsangebotes, insbesondere an den Wochenenden. Vor allem im ländlichen Raum weist der ÖPNV oft ein ungünstiges Reisezeitverhältnis im Vergleich zum Pkw auf.
Die in der Angebotsanalyse festgestellten Schwachstellen zeigen den Handlungsbedarf für die nächsten Jahre auf und sind in die VGN-Strategie 2030 eingeflossen. Der Vergleich mit den anderen untersuchten Verbünden und Nahverkehrsregionen bestätigt, dass der ÖPNV vor allem durch Angebotsverbesserungen eine deutlich höhere Nachfrage generieren kann.
Ausgehend von dieser Analyse sind zentrale Bausteine der VGN-Strategie 2030 die Erhöhung von Qualität und Quantität des Angebots sowie der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im allgemeinen ÖPNV und im SPNV. Im Rahmen mehrerer Workshops wurden zahlreiche Maßnahmen aus verschiedenen Handlungsfeldern – priorisiert nach Dringlichkeit und Zeitraum – herausgearbeitet. Die verschiedenen Handlungsfelder betreffen die Entwicklung übergreifender Standards, zum Beispiel für die Bedienungsqualität, Vertaktung und Erreichbarkeit von Haltestellen in den verschiedenen Raumkategorien, eine bessere Verknüpfung des ÖPNV mit anderen Verkehrsmitteln sowie die Weiterentwicklung der digitalen Vertriebsstrategie. Im Hinblick auf den Ausbau der Mobilitätsangebote spielt die Gewinnung von Fachkräften eine gewichtige Rolle.
Darüber hinaus hat die VGN-Strategie weitere Rahmenbedingungen im Blick, wie z.B. die Beschleunigung des Busverkehrs, die Aufenthaltsqualität an Haltestellen und Bahnhöfen. Notwendig sind auch eine Beschleunigung und Entbürokratisierung der Planungsprozesse.
Hohe Anforderungen an Politik und an Verbundpartner Der hohe Finanzierungsbedarf zur Umsetzung der VGN-Strategie 2030 zeigt, dass neben gewaltigen Anstrengungen der Verbundpartner zwingend auch eine stärkere und dauerhafte finanzielle Unterstützung von Bund und Land erforderlich ist, um einen attraktiven und leistungsfähigen ÖPNV zu erreichen. Die Städte und Landkreise müssen in die Lage versetzt werden, ihre Planungen zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs umsetzen zu können. Allein die Einführung eines Deutschlandtickets für monatlich 49 Euro wird nach Ansicht der Experten nicht genügen, um die für den Klimaschutz notwendigen Veränderungen im Verkehrssektor zu erreichen.
Die Empfehlungen des Expertenkreises werden nun in die Verbundgremien zur weiteren Beratung und Abstimmung eingebracht. Ziel ist es, gemeinsame Schwerpunkte und Umsetzungsszenarien zu vereinbaren, frühzeitig die Finanzierung vor allem auch mit Bund und Land zu klären, um bis 2030 die Ziele der Fahrgaststeigerung und der Reduzierung des CO2-Ausstoßes erreichen zu können.
Zitate aus dem Grundvertrags-Ausschuss:
Dr. Kerstin Engelhardt-Blum, Regierungspräsidentin Mittelfranken, Vorsitzende des Grundvertrags-Ausschusses des VGN:
„Preis und Angebot sind zwei Seiten einer Medaille. Nachdem der ÖPNV mit dem 9-Euro- und dem 49-Euro-Ticket für den Kunden preislich deutlich attraktiver geworden ist, legt die VGN-Strategie 2030 den Schwerpunkt auf den Ausbau eines leistungsfähigen und vernetzten Mobilitätsangebots. So gelingt es, den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu fördern und eine spürbare Reduzierung der CO2-Emissionen im Verbundgebiet zu erreichen.“
Matthias Dießl, Landrat Fürth:
„Wir haben im VGN gemeinsam schon heute viel erreicht. Nun gilt es, ihn fit für die Zukunft zu machen. Mit der VGN-Strategie 2030 soll das ÖPNV-Angebot konzeptionell weiterentwickelt werden, um die Attraktivität gemeinsam weiter zu steigern.“ Dr. Florian Janik, Oberbürgermeister Stadt Erlangen: „Den ÖPNV zu stärken und 40 Prozent mehr Fahrgäste bis 2030 zu gewinnen, ist ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz in unserer Region – und ein ambitioniertes Ziel. Dafür braucht es einen noch leistungsfähigeren VGN mit noch besserem Angebot und Infrastruktur, mit einer klugen Vernetzung aller Verkehrsmittel und mit zeitgemäßen digitalen Vertriebsmöglichkeiten. Es geht um einen ganzheitlichen Mobilitätsdienstleister. Es ist gut, dass wir diesen Prozess nun angestoßen haben.“
Torsten Heider, Leiter Erlösmanagement DB Regio Bayern, Vorsitzender der VGN-Gesellschafterversammlung:
„Mit dem laufenden VGN-Innovationspaket haben wir in den letzten Jahren vor allem in den Bereichen Tarif und Vertrieb zahlreiche Neuerungen auf den Weg gebracht. Für eine weitere Stärkung des ÖPNV ist es wichtig, diese Projekte gemeinsam fortzuführen und darüber hinaus auch den Ausbau auf der Seite des Verkehrsangebotes voranzutreiben.“
Tim Dahlmann-Resing, VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft, Vorstand Technik und Markt:
„Die VGN-Strategie 2030 ist richtig und wichtig, um den öffentlichen Verkehr im gesamten VGN noch attraktiver zu machen. Mit deren konsequenter Umsetzung könnten noch mehr Menschen für den Umstieg auf klimafreundliche Busse und Bahnen gewonnen und damit ein aktiver Beitrag zur Erreichung der ambitionierten Klimaziele geleistet werden.“
Bereits in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erbrachte die verkehrswissenschaftliche Arbeit die nicht unerwartete Erkenntnis: Alle Anstrengungen zur Stärkung des öffentlichen Verkehrs bleiben weitgehend wirkungslos, wenn parallel auch die Infrastruktur für den motorisierten Individualverkehr ausgebaut wird. Denn dann bleibt es bei dessen Attraktivitätsvorsprung hinsichtlich der Bequemlichkeit. Zudem kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden.
Der Freistaat Bayern aber ist führend bei dem Bemühen, noch mehr Flächen durch Straßenbau und abgelegene Gewerbe- und Einkaufsgebiete zu versiegeln. Auch kommunal werden bestehende Grünflächen in Parkplätze umgewandelt, neue Baugebiete abseits des kommunalen Bahn- bzw. Busnetzes ausgewiesen, will nahezu jede/r Bürgermeister/in die eigene „Rennstrecke“ einweihen.
Auch Vernetzung ist ein gutes Stichwort. Am Bamberger ZOB findet sich im Bereich der Stadtbushaltestellen keinerlei Hinweis, wo welcher Regionalbus in welche Richtung fährt – Verkehrsverbund hin oder her. Auch diesbezügliche mündliche Auskünfte im dortigen Servicezentrum der Stadtwerke zu erhalten, ist praktisch unmöglich. Nicht besser sieht es am Bahnhof aus – und zeitnahe Verbesserungen scheinen jetzt am Investor des Atriumumbaus zu scheitern, der dem Vernehmen nach im direkten Umfeld keine Bushaltestelle sehen will, aber weiterhin ein großes Parkhaus anzubieten gedenkt.
Zukunftsfähige Verkehrspolitik aus einem Guß ist bislang nicht zu erkennen.