Neues Forschungsprojekt in Kulmbach zu Lebensmittelkonzernen und öffentlicher Gesundheit in Westafrika
Multinationale Lebensmittelkonzerne haben ihre Vertriebsnetze und Absatzmärkte im Globalen Süden zunehmend ausgebaut. Mit ihren Produkten sind sie in vielen Ländern Afrikas präsent. Ein von der DFG gefördertes Projekt an der Universität Bayreuth wird jetzt am Beispiel von Ghana erstmals systematisch untersuchen, wie diese Unternehmen ihre Verantwortung für Lebensmittel, Ernährung und Gesundheit definieren und in die Praxis umsetzen. Das Vorhaben wird von Prof. Dr. Tina Bartelmeß, Juniorprofessorin für Ernährungssoziologie am Standort Kulmbach, geleitet. Von den Ergebnissen sollen neue, über Westafrika hinausreichende Impulse zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit (Public Health) ausgehen.
Unter dem Einfluss großer Lebensmittelkonzerne haben sich die Ernährungsgewohnheiten auf dem afrikanischen Kontinent erheblich verändert. Auch hier, und nicht nur in den westlichen Industriegesellschaften, ist der Konsum von stark verarbeiteten und nachweislich ungesunden Lebensmitteln gestiegen. Die Folge ist eine Zunahme nicht-übertragbarer Krankheiten wie Diabetes Typ 2, Fettleibigkeit und koronare Herzkrankheiten. Bislang gibt es kaum wissenschaftliche Studien, die diese Zusammenhänge im Hinblick auf afrikanische Länder kritisch untersuchen. Gleichzeitig ist aber im Agrar- und Lebensmittelsektor die Bereitschaft von Unternehmen gestiegen, durch ethische Selbstverpflichtungen gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Viele Konzerne haben mittlerweile Leitlinien für ihre Corporate Social Responsibility (CSR) definiert und öffentlich transparent gemacht. Die von den Vereinten Nationen beschlossenen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeitsziele waren dabei wichtige Orientierungspunkte.
Vor diesem Hintergrund will das Forschungsteam von Prof. Dr. Tina Bartelmeß zunächst herausfinden, welche Lebensmittelkonzerne in Ghana tätig sind und einen starken Einfluss auf die tägliche Ernährung der Bevölkerung haben. Darauf aufbauend, sollen die CSR-Strategien dieser Unternehmen insbesondere unter dem Aspekt analysiert werden, ob sie geeignet sind, einen adäquaten Beitrag zur öffentlichen Gesundheit (Public Health) in Ghana zu leisten. Gleichzeitig rückt die unternehmerische Tätigkeit der Lebensmittelkonzerne in den Fokus: Es geht um die Frage, inwieweit beispielsweise die Produkte, die Investitions- und Preispolitik, die betrieblichen Abläufe sowie die Ausgestaltung von Lieferketten den selbstgestellten Ansprüchen an die eigene gesellschaftliche Verantwortung genügen.
„Unser Ziel ist es, für den Lebensmittelsektor konkrete Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung und die Anwendung von CSR-Strategien zu erarbeiten. Dabei wird es wichtig sein, die ökonomischen, sozialen und kulturellen Verhältnisse in Ghana in den Blick zu nehmen und vor allem die Interessen und Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu berücksichtigen. Insofern verstehen wir unsere Forschungsarbeiten als ein Pilotprojekt, das darauf hinarbeitet, die bisher weitgehend unhinterfragten Aktivitäten multinationaler Lebensmittelkonzerne in Westafrika stärker an den Erfordernissen einer modernen Public Health-Policy auszurichten“, sagt Prof. Dr. Tina Bartelmeß. In dieses Vorhaben werden daher auch empirische Studien zu den Konsumentscheidungen in Ghana einbezogen. Derzeit wird eine Befragung unter Konsument*innen in der Umgebung der Hauptstadt Accra ausgewertet. Sie deutet darauf hin, dass die Qualität und Sicherheit von den Menschen in Ghana als besonders wichtige Eigenschaften von Lebensmitteln angesehen werden.
Das neue Projekt mit dem Titel „Responsibility and Impact of Multinational Food Corporations on Public Health Nutrition in Ghana“ ist eines von insgesamt 22 Projekten, die derzeit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit dem Ziel gefördert werden, im Bereich „Public Health“ neue Kooperationen zwischen Deutschland und den Ländern in Subsahara-Afrika aufzubauen. Zum Forschungsteam der Juniorprofessur für Ernährungssoziologie zählen daher auch zwei afrikanische Nachwuchswissenschaftler*innen: Dr. Eric Nyarko von der University of Ghana in Accra und Dr. Faith Onyangore von der University of Kabianga in Kenia.
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